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Papst Franziskus beim Diplomatenempfang am 9.1.2024 Papst Franziskus beim Diplomatenempfang am 9.1.2024  (VATICAN MEDIA Divisione Foto)

Papst fordert Weltpolitik zu „Diplomatie der Hoffnung“ auf

Papst Franziskus hat beim traditionellen Neujahrsempfang für die heim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten an diesem Donnerstag für eine weltweite „Diplomatie der Hoffnung“ geworben. Dabei ging er im Detail auf die Themen Wahrheit, Vergebung, Freiheit und Gerechtigkeit ein. Ausdrücklich erwähnte Franziskus das Attentat von Magdeburg.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Mit dem Thema „Diplomatie der Hoffnung“ schlug der Papst einen Bogen zum Heiligen Jahr 2025, das die katholische Kirche unter dem Motto „Pilger der Hoffnung" begeht. Zunächst sprach der Dekan des Diplomatischen Korps, Georges Poulides. Dann folgte die Rede von Franziskus. Er leide immer noch etwas an einer abklingenden Erkältung, erklärte der Papst, deshalb verlas er nur den Anfang seiner langen Ansprache persönlich.

Politik als „hohe Form der Liebe" leben - besonders im Heiligen Jahr

Mit Blick auf das Heilige Jahr dankte Franziskus allen für die Vorbereitungen und Unterstützung des Jubiläums. Er betonte: 

„Der Sinn des Heiligen Jahres besteht darin, in der Hektik, die den Alltag immer mehr prägt, ,innezuhalten`, um neue Kraft zu schöpfen und sich von dem zu nähren, was wirklich wesentlich ist: dass wir uns als Kinder Gottes und uns in ihm als Brüder und Schwestern wiederentdecken, Kränkungen vergeben, die Schwachen und Armen unterstützen, der Erde Ruhe verschaffen, Gerechtigkeit üben und die Hoffnung wiederentdecken. Dazu sind alle aufgerufen, die dem Gemeinwohl dienen und jene hohe Form der Liebe ausüben, vielleicht die höchste Form der Nächstenliebe, die die Politik ist."

Hier im Audio

Den Rest der langen Papst-Ansprache verlas dann ein Mitarbeiter des Staatssekretariats. In der Rede mahnte Franziskus alle „die trennenden Auseinandersetzungen hinter sich zu lassen und stattdessen das zu entdecken, was verbindet" - gerade auch mit Blick auf die aktuelle Weltlage:

„Angesichts der immer realer werdenden Gefahr eines Weltkriegs besteht die Berufung der Diplomatie gerade darin, den Dialog mit allen zu fördern, auch mit jenen Gesprächspartnern, die als ,unbequem`gelten oder denen man die Legitimation für Verhandlungen absprechen möchte. Dies ist der einzige Weg, um die Ketten des Hasses und der Rache zu sprengen, die gefangen halten, und um die Waffen des menschlichen Egoismus, des Stolzes und der Überheblichkeit zu entschärfen, die die Wurzel jedes kriegstreibenden und zerstörerischen Strebens sind" lautete der Appell des Papstes. 

„Angesichts der immer realer werdenden Gefahr eines Weltkriegs besteht die Berufung der Diplomatie gerade darin, den Dialog mit allen zu fördern, auch mit jenen Gesprächspartnern, die als ,unbequem` gelten“

„Leider beginnen wir dieses Jahr in einer Zeit, in der die Welt von zahlreichen mehr oder weniger bekannten großen und kleinen Konflikten zerrissen wird, aber auch von der Wiederkehr abscheulicher Terrorakte, wie sie sich kürzlich in Magdeburg in Deutschland und in New Orleans in den Vereinigten Staaten ereignet haben", erinnerte Franziskus an jüngste tragische Ereignisse zu Beginn der Ansprache beim traditionellen Neujahrsempfang für die Diplomaten, die beim Heiligen Stuhl akkreditiert sind.

Polarisierung, Misstrauen und Hass bekämpfen

Der Papst beklagte in seiner Rede in vielen Ländern wachsende Gegensätze, und „zunehmend polarisierte Gesellschaften, in denen ein allgemeines Gefühl der Angst und des Misstrauens gegenüber dem Mitmenschen und der Zukunft um sich greift". Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch „fake news, die nicht nur die Realität verfälschen, sondern auch das Bewusstsein verzerren, falsche Wahrnehmungen der Realität hervorrufen und ein Klima des Misstrauens schaffen, das den Hass schürt, die Sicherheit der Menschen untergräbt und das zivile Zusammenleben sowie die Stabilität ganzer Nationen gefährdet. Tragische Beispiele dafür sind die Angriffe auf den Präsidenten der Regierung der Slowakischen Republik und den designierten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika", führte der Papst aus. Dieses „Klima der Unsicherheit" führe zu weiterer Abgrenzung und bestärke bestehende Grenzen und Spaltungen, wie etwa die Teilung Zyperns und der koreanischen Halbinsel. 

Es gelte hingegen - gerade auch im Heiligen Jahr 2025 unter dem Motto „Pilger der Hoffnung" Grenzen abzubauen und zu überwinden:

Papst Franziskus beim Diplomatenempfang
Papst Franziskus beim Diplomatenempfang

„Logik der Konfrontation überwinden und stattdessen die Logik der Begegnung annehmen“

„Mein Wunsch für dieses neue Jahr ist, dass das Jubiläum für alle, Christen wie Nichtchristen, zu einer Gelegenheit wird, auch die Beziehungen zu überdenken, die uns als Menschen und politische Gemeinschaften verbinden; die Logik der Konfrontation zu überwinden und stattdessen die Logik der Begegnung anzunehmen; damit die Zeit, die uns erwartet, uns nicht als verzweifelte Herumirrende vorfindet, sondern als Pilger der Hoffnung, d.h. als Menschen und Gemeinschaften, die sich auf den Weg machen und eine friedliche Zukunft aufbauen."

Dank und Rückblick

Franziskus dankte auch allen Diplomaten für die gute Zusammenarbeit im Vorjahr, in welchem er mehr als 30 Staats- und Regierungschefs im Vatikan empfangen hatte. Er erinnerte zudem an die Unterzeichnung verschiedener Verträge, besonders an die Verlängerung des Vorläufigen Abkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China über die Ernennung von Bischöfen um weitere vier Jahre - dies sei „ein Zeichen für den Wunsch, einen respektvollen und konstruktiven Dialog zum Wohl der katholischen Kirche im Land und des gesamten chinesischen Volkes fortzusetzen."

„Auch wenn die Gegebenheiten natürlich sehr unterschiedlich sind, ist jede Reise für mich eine Gelegenheit, unterschiedliche Völker, Kulturen und religiöse Überzeugungen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen“

Der 88-jährige Franziskus erinnerte zudem an die Reisen, die er 2024 unternommen hatte. Neben inneritalienischen - nach Verona, Venedig, Triest - hatte er im Vorjahr wieder die „Ränder" im Blick gehabt und Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur besucht - aber auch Europa mit Belgien, Luxemburg und jüngst Korsika.

Papst Franziskus im Flieger, 2024
Papst Franziskus im Flieger, 2024

„Auch wenn die Gegebenheiten natürlich sehr unterschiedlich sind, ist jede Reise für mich eine Gelegenheit, unterschiedliche Völker, Kulturen und religiöse Überzeugungen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen und ein Wort der Ermutigung und des Trostes zu überbringen, insbesondere für die Schwächsten", betonte das katholische Kirchenoberhaupt dazu bei seiner Rede an die Diplomaten im Vatikan.

Ein paar Zahlen

Laut Vatikan unterhalten derzeit 184 Staaten volle diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl, darunter auch die Europäische Union und der Souveräne Malteserorden. Beim Heiligen Stuhl sind 90 diplomatische Vertretungen mit Sitz in Rom selbst akkreditiert - inklusive der Europäischen Union und des Souveränen Malteserordens. Die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Vertretungen der Arabischen Liga, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) haben ihren Sitz ebenfalls in Rom. Aus dem deutschsprachigen Raum sind derzeit als Vertreter beim Heiligen Stuhl Bernhard Kotsch als Botschafter für Deutschland, Manuela Leimgruber als Botschafterin der Schweiz und Marcus Bergmann als Botschafter für Österreich entsendet.

(vatican news - sst)

 

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09. Januar 2025, 11:11