Papst: Mobbing in der Schule bereitet auf Krieg vor
Christine Seuss - Vatikanstadt
Rund 2000 italienische Lehrer, Erzieher und Elternvertreter, teils auch mit ihren Kindern, waren in der vatikanischen Audienzhalle zusammengekommen, um mit dem Papst den 80. (Lehrer) und 50. Jahrestag (Eltern) ihrer Verbände zu feiern. Dabei ließ Franziskus sie ganze sechs Mal wiederholen, was ihm besonders am Herzen lag: „Niemals Mobbing betreiben, verstanden?“
Es ist nicht das erste Mal, dass Papst Franziskus diese besondere Abart gestörter Beziehungen in der Schule mit deutlichen Worten anspricht. „Mobbing zerstört Leben“, hatte er beispielsweise im Mai 2023 bei einer Konferenz der von ihm gegründeten Bildungsstiftung Scholas Occurrentes in Rom gesagt. In die gleiche Kerbe schlug er heute, doch mit einem weiteren Horizont:
„Aber wenn ihr in der Schule untereinander Krieg führt, wenn ihr in der Schule Mädchen und Jungen schikaniert, die Probleme haben, dann bereitet ihr euch auf den Krieg vor, nicht auf den Frieden! Bitte, niemals Mobbing! Habt ihr das verstanden? [Antwort: ,Ja!‘] Niemals Mobbing! Sagen wir es alle zusammen? Los! Niemals schikanieren! Mutig und vorwärts. Arbeitet daran”, so der eindringliche Appell des Papstes.
Gegenüber den katholischen Vertretern des italienischen Schulsystems erinnerte Franziskus weiter an die Berufung und Mission der Schule, vielmehr den Frieden vorstellbar zu machen und somit die „Grundlagen für eine gerechtere und geschwisterlichere Welt schaffen“. Dazu brauche es den Beitrag aller Disziplinen und die Kreativität der Kinder und Jugendlichen, so das Kirchenoberhaupt an die Adresse der Verantwortlichen:
„Sie sind aufgerufen, eine neue Kultur zu entwickeln und zu vermitteln, die auf der Begegnung zwischen den Generationen, auf der Integration, auf der Unterscheidung zwischen dem Wahren, dem Guten und dem Schönen beruht; eine Kultur der persönlichen und kollektiven Verantwortung, um globale Herausforderungen wie Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftskrisen und die große Herausforderung des Friedens zu bewältigen.“
In seinem vor zwei Tagen veröffentlichten Video zur Gebetsmeinung für den aktuellen Monat Januar hatte Franziskus erst die „Bildungskatastrophe“ für Millionen von Kindern, die keinen Zugang zum Bildungssystem haben, beklagt. Ähnlich äußerte er sich gegenüber dessen italienischen Vertretern an diesem Samstag:
„Es schmerzt mich, wenn ich Kinder sehe, die keine Ausbildung haben und zur Arbeit gehen, oft ausgebeutet, oder die auf der Suche nach Nahrung oder Dingen sind, die sie verkaufen können, wo es Müll gibt. Das ist hart! Und es gibt viele solcher Kinder!“
Eine Pädagogik, die auf das Wesentliche zielt
Angesichts dieser Herausforderungen brauche es eine Pädagogik, die „das Wesentliche schätzt und Demut, Unentgeltlichkeit und Akzeptanz in den Mittelpunkt“ stelle, so der Papst weiter. Eine Pädagogik, die „distanziert und menschenfern“ ist, nütze hingegen nichts; eine positive Art des Unterrichtens und Erziehens sei vielmehr „eine Aufforderung, die Würde jedes Menschen anzuerkennen“, auch und insbesondere diejenige der „Ausgestoßenen und am Rande Stehenden“, und „den Wert jeder Lebensphase, einschließlich der Kindheit, zu schätzen“.
Bedeutung der Familie
In diesem Zusammenhang spiele allerdings auch die Familie eine zentrale Rolle, so der Papst, der nicht müde wird, einen respektvollen Dialog innerhalb dieser Kerngemeinschaft unserer Gesellschaft anzumahnen. Seine Überlegungen entspannte Franziskus vor dem Hintergrund des Heiligen Jahres, das er vor wenigen Tagen eröffnet hatte und das noch bis zum 6. Januar 2026 dauern soll. „Das Heilige Jahr hat der Welt der Bildung und der Schulen viel zu sagen“, zeigte sich der Papst überzeugt. „Pilger der Hoffnung“ – das Motto des Jubiläumsjahres - seien „in der Tat alle Menschen, die einen Sinn für ihr Leben suchen, und auch diejenigen, die den Jüngsten helfen, diesen Weg zu gehen“:
„Ein guter Lehrer ist ein Mann oder eine Frau der Hoffnung, weil er oder sie sich mit Vertrauen und Geduld einem Projekt des menschlichen Wachstums widmet. Seine oder ihre Hoffnung ist nicht naiv, sondern in der Realität verwurzelt, getragen von der Überzeugung, dass jede Bildungsanstrengung einen Wert hat und dass jeder Mensch eine Würde und eine Berufung hat, die es verdient, gepflegt zu werden“, würdigte Franziskus die Arbeit der Lehrkräfte, für die ihre Arbeit mehr als nur eine reine Erwerbstätigkeit bedeutet.
Schule als Gemeinschaft
Ihre Vereinigungen, deren Jubiläum die Verbände derzeit begehen, seien gegründet worden, um einen Beitrag dazu zu leisten, die pädagogischen Ziele der Schule besser zu erreichen, erinnerte Franziskus weiter. Dies ziele allerdings nicht auf eine „Schule als Container“, sondern als einen Ort, an dem die Menschen, die „in ihr leben und arbeiten“, von den Schülern über die Lehrer und die Eltern, ebenso wie das gesamte Personal, eine Gemeinschaft darstellen.
„Ihre Gründer lebten in einer Zeit, in der die Werte des Individuums und der demokratischen Staatsbürgerschaft zum Wohle aller bezeugt und gestärkt werden mussten; ebenso wie der Wert der pädagogischen Freiheit. Vergessen Sie nie, woher Sie kommen, aber gehen Sie nicht mit dem Kopf nach hinten gewendet, indem Sie die gute alte Zeit bedauern!“
Stattdessen gelte es, an die „Gegenwart“ der Schule zu denken, die „die Zukunft der Gesellschaft“ sei, die sich ihrerseits in einem „epochalen Wandel“ befinde, mahnte Franziskus. Dabei müsste auch an die „jungen Lehrer“ gedacht werden, die „ihre ersten Schritte“ in der Schule machen, ebenso wie an die Familien, „die sich in ihrer Erziehungsaufgabe allein gelassen fühlen“, führte der Papst weiter aus: „Bieten Sie jedem von ihnen mit Bescheidenheit und Neuheit Ihren Erziehungs- und Assoziationsstil an.“
Dies müsse gemeinsam geschehen, in einer Art „Pakt zwischen den Verbänden“, so die Einladung des Kirchenoberhauptes, der 2019 bereits einen Globalen Erziehungspakt lanciert hatte. Auf diese Weise könnten sie „das Gesicht der Kirche in der Schule und für die Schule besser bezeugen“, unterstrich Franziskus, bevor er seine Gäste mit der Aufforderung, auf ihrem Weg mit Zuversicht voranzugehen – und erneut auch, gegen Mobbing einzutreten - verabschiedete.
(vatican news)
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