Junge Theologin: „Frauenfeindlichkeit in Kirche widerspricht Tradition“
Gudrun Sailer – Vatikanstadt
In der Kirche gebe es „vom Glauben her für die moderne Frau sehr wohl einen Platz“, sagte die 27-jährige Deutsche, die in Tübingen und Rom katholische Theologie, Politikwissenschaft und Philosophie studierte, im Gespräch mit „Vatican News“. Alina Oehler wird Ende März als Repräsentantin der „Voices of Faith“-Konferenz, bei der sie am Donnerstag spricht, auch an der Jugend-Vorsynode im Vatikan teilnehmen.
Derzeit zeigt die Kirche nach Einschätzung der jungen Theologin wenig Bereitschaft, Frauen den ihnen zustehenden Platz einzuräumen. „Momentan gibt es eben einfach verschiedene Probleme, die es oft verhindern, dass Frauen und Männer in der Kirche wirklich auf Augenhöhe miteinander sprechen“, sagte Oehler mit Blick auf geweihte Amtsträger. „Es ist schmerzhaft, aber es ist Realität: in der Kirche herrscht an vielen Stellen eine Misogynie, also wirklich eine Frauenfeindlichkeit, eine Abwertung von Weiblichkeit.“ Ihrer Erfahrung nach stelle sich dieses Problem umso stärker, „umso klerikaler die Ebene wird”.
Dabei widerspreche Frauenfeindlichkeit „der Tradition und dem Glauben, weil in der Kirche andererseits Frauen so hochgehalten werden“, so Oehler weiter unter Verweis auf Maria und die Kirchenlehrerinnen Katharina von Siena, Teresa von Avila und Hildegard von Bingen. „Das Tragische dabei ist: diese Frauen sind alle verstorben! Wo sind die lebenden Frauen?” Weibliche Führungsfiguren, „die in die erste Reihe gehören, die inhaltlich etwas von ihrem Glauben weitergeben können“, gebe es in der Kirche heute genauso, sagte die Theologin. „Aber ich sehe sie nicht.“
Oft fragten ihre gleichaltrigen Freunde sie deshalb, wie sie sich „als Frau in dieser Institution, in diesem Club alter Männer“ überhaupt engagieren könne. „Und das tut mir dann weh, weil die Botschaft, die Nachfolge Jesu, in der katholischen Kirche so etwas Beflügelndes und Bereicherndes ist.“ Sie bedaure es außerordentlich, „dass dieses Empfinden Frauen nicht erreicht, nur wegen dieser institutionellen Barriere: der Abwertung, der Ausgrenzung. Das wird der Botschaft und dem Auftrag der katholischen Kirche nicht gerecht.“
Sie selbst sehe sich „als eine moderne junge Frau, die eben ihr Rollenbild nicht in der Hausfrau am Herd findet, sondern die studiert hat, die eine Intellektualität treiben möchte, die ein Arbeitsleben führen möchte, die sich aber dennoch in der katholischen Kirche beheimatet und verstanden fühlt.“ Daher sei es ihr ein Anliegen, Männer in der Kirche aufzurütteln, sodass sie Frauen ernst nehmen: „Seht in den Frauen nicht die potentielle Hausfrau und Mutter, sondern nehmt sie in ihrer Intellektualität, in ihrem Anspruch, in ihrem Karrierestreben ernst und sprecht mit ihnen auf Augenhöhe. Das ist mir sehr wichtig.“
Alina Oehler arbeitet nach einem journalistischen Volontariat als freie Publizistin für verschiedene Verlage.
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.