Vatikan: „Mit Martin Luther King begann ein neues Zeitalter“
Gudrun Sailer und Alessandro Gisotti – Vatikanstadt
Das Entsetzen über die tödlichen Schüsse auf Martin Luther King vom 4. April 1968 war auch im Vatikan groß. Papst Paul VI. nutzte damals wenige Tage später ein Angelusgebet, um Martin Luther King mit den Worten zu würdigen, da sei ein „schuldloser und christlicher Prophet der Rassen-Integration“ ermordet worden.
Auch Papst Franziskus schätzt Martin Luther King. Er sprach über ihn in seiner historischen Rede vor dem Kongress der Vereinigten Staaten am 24. September 2015, und vor weniger als einem Monat empfing der Papst die Tochter des Bürgerrechtlers, Bernice Albertine, die sich wie ihr Vater für Gewaltfreiheit und gegen Rassendiskriminierung einsetzt.
„Zweifellos ist Martin Luther King eine monumentale Gestalt der Geschichte in der Verteidigung der Menschenrechte“, sagt im Gespräch mit Vatican News Erzbischof Ivan Jurkovic, der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhles bei den Vereinten Nationen in Genf. „Mit Martin Luther King begann ein neues Zeitalter, das begleitet war von einer allgemeinen Entwicklung der Gesellschaft und der Demokratie. Er bleibt wohl für immer unter den Größen des 20. Jahrhunderts.“
Papst Franziskus präsentierte 2015 vor dem US-Kongress (vor dem nie zuvor ein Papst gesprochen hatte) den Verantwortlichen der US-Politik Martin Luther King als Beispiel; er sagte: : „Der Traum von Martin Luther King inspiriert uns immer noch“. Erzbischof Jurkovic sieht auch gewisse Parallelen zwischen Martin Luther King und Papst Franziskus. Beide entstammten nichteuropäischen Kulturkreisen, und beide seien „Persönlichkeiten, die der Weltgemeinschaft eine neue Weltsicht vorlegen“. Martin Luther King tat das in der Verteidigung der Menschenrechte der afroamerikanischen Bevölkerung, während der Papst eine neue Sichtweise der Kirche anrege. Doch beides seien auch „Prinzipien, die typisch für Martin Luther King wie für alle Persönlichkeiten christlicher Inspiration“ seien, so der Vatikandiplomat: Erstens Gewaltlosigkeit, „ein Prinzip, das heute so problematisch geworden ist angesichts der vielen Gewaltaktionen rund um uns“, und zweitens universelle Geschwisterlichkeit. „Alle Menschen werden als Träger derselben Geschwisterlichkeit angesehen.“
Angesichts des Wiederaufflammens von Rassismus und Diskriminierung in bestimmten Teilen der Welt brauche es an Orten wie gerade den Vereinten Nationen „eine bestätige Wachsamkeit“, fuhr Erzbischof Jurkovic fort. Bloß bürokratische Aktionen von Leuten, die professionell mit dem Einsatz gegen Rassismus und Diskriminierung befasst seien, griffen ins Leere. Es brauche heutzutage mehr denn je auch die großen Persönlichkeiten. „Die großen Themen der Menschheit müssen von den großen Persönlichkeiten verteidigt werden“, merkt der Vatikandiplomat bei der UNO an. „Papst Franziskus tut das in hervorragender Weise, und alle gestehen ihm diese Rolle zu, die er sich in so kurzer Zeit erarbeitet hat.“
Der Papst sei davon überzeugt, dass „die einzige würdige Zukunft des Menschen die ist, die alle inkludiert“. Diese Vision teile er mit Martin Luther King, und es gelte, sie zu verteidigen: „Alle können glücklich sein, aber das geschieht nur, wenn alle inkludiert sind, vom Letzten bis zum Privilegiertesten und zurück.“
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