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Die sterblichen Überreste Johannes XXIII.‘ auf Wallfahrt

Dass ein toter Papst noch einmal auf Reisen geht, ist sogar für den Vatikan etwas Ungewöhnliches. Der heilige Papst Johannes XXIII. war 55 Jahre nach seinem Tod jetzt noch einmal in seiner norditalienischen Heimat – genauer gesagt: Seine sterblichen Überreste wurden aus dem Petersdom für etwa drei Wochen in seinen Geburtsort Sotto il Monte gebracht.

Stefan von Kempis - Vatikanstadt

Jetzt geht die „peregrinatio“ zu Ende, stilgemäß mit einer Messe von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in Sotto il Monte an diesem Samstagabend. „Ich glaube, die große Verehrung und Zuneigung der Menschen zum heiligen Johannes XXIII. haben mit seiner Güte zu tun: Man nannte ihn gleich nach seiner Wahl auf den Stuhl Petri ja den ‚papa buono‘, den Papst der Güte (im Kontrast zu einem ‚buon papa‘, einem guten Papst – Anm.d.Red.). In seinem lächelnden Gesicht konnte man fast einen Abglanz der Güte Gottes wahrnehmen. Das haben die Leute sofort begriffen.“

Roncalli ging auf die Kleinen zu

 

Der Roncalli-Papst sei vor allem „auf die Kleinen, auf die Menschen am Rand der Gesellschaft zugegangen“ – damit beschreibt die heutige Nummer zwei des Vatikans unausgesprochen auch, worum sich der amtierende Papst Franziskus bemüht.

„Denken wir an die Kinder, die Johannes im Kinderkrankenhaus Bambin Gesù besuchte, an die Häftlinge, die er in der Regina-Coeli-Haftanstalt besuchte. Denken wir auch an seinen Wunsch, die Fernstehenden zu treffen, diejenigen, die nicht zur Kirche gehörten, nicht ihr Leben teilten, ihre Lehre nicht befolgten. Johannes XXIII. war wirklich ein großes Licht, das der Herr in der Dunkelheit unserer Welt entzündet hat und das unserer Menschheit immer noch leuchtet.“

„Ich war acht, als Papst Johannes starb...“

Poetische Worte, wie man sie sich von einem Kardinal erwarten darf. Aber Parolin kann’s auch persönlicher: Schließlich war Johannes der erste Papst, an den er sich erinnern kann. „Vor allem erinnere ich mich an die große Bestürzung, dieses Gefühl des Nicht-wahrhaben-Wollens, als er starb. Ich war damals acht und fing an, mir der Dinge bewusst zu werden. An diese Atmosphäre, dieses Klima erinnere ich mich – als ob da jemand aus der eigenen Familie gestorben wäre, ein Vater… So fühlten das alle. Das ist meine stärkste Erinnerung, die ich an ihn habe.“

Eine Inspiration für Diplomaten heute

 

Das Fernsehen, das 1963 noch einigermaßen in den Kinderschuhen steckte („nicht so wie heute“), habe damals Bilder vom Zweiten Vatikanischen Konzil gezeigt, auch daran erinnert sich Parolin heute. Und bei seiner Arbeit als langjähriger Vatikandiplomat und heutiger Regierungschef des Vatikans versucht er sich von Johannes XXIII. inspirieren zu lassen.

Zum Nachhören

„Irgendjemand hat ihn mal als einen Mann der Begegnung bezeichnet – und ich glaube, genau das ist Diplomatie. Der Versuch, alle Barrieren zu überwinden und sich zu treffen, um die Probleme der Menschheit von heute anzugehen. In diesem Sinn ist er eine Inspiration für mich. Diese Fähigkeit zu menschlicher und christlicher Sympathie, die dich sofort in eine Beziehung zu deinem Gesprächspartner eintreten lässt… Und das alles war ja auch, wie man dazusagen muss, von einer großen Spiritualität getragen. Wer sein Geistliches Tagebuch liest – ich hab‘ es als Priesteramtskandidat das erste Mal gelesen –, der sieht, dass diese Haltung von Papst Johannes mit seiner persönlichen, lebendigen, vertrauensvollen Gottesbeziehung zu tun hat.“

„Das Konzil war eine Botschaft – auch jenseits seiner Dokumente“

Das ganze Leben von Papst Johannes sei „eine Botschaft“ gewesen, sinniert der Kardinalstaatssekretär. „Das Konzil war eine Botschaft – auch jenseits seiner Dokumente, durch die Konsequenzen, die es in das Leben der Kirche gebracht hat.“ Das ist ein interessanter Hinweis auf den vielbeschworenen ‚Geist des Konzils‘, nebenbei vermerkt.

„Aber vor allem die Enzyklika Pacem in Terris war eine wichtige Botschaft, die wirklich alle in der Kirche und außerhalb von ihr betroffen gemacht hat. Seine wichtigste Lehre scheint mir allerdings aus heutiger Sicht die folgende: Wir müssen stärker das suchen, was uns eint, und nicht das, was uns spaltet. Diese Lehre scheint mir besonders aktuell und drängend für die heutige Kirche – und auch für eine Welt, in der es immer mehr Fragmentierung, Streit unter Menschen und Gruppen und Gesellschaften und Staaten gibt… Es ist dieses gegenseitige Vertrauen, diese Haltung des Vertrauens zu den Menschen, die es möglich macht, ihnen zu begegnen und sie in ihrer Realität ernst zu nehmen.“

(vatican news)
 

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09. Juni 2018, 11:18