Ein Blick in den Pekinger Volkskongress, Mai 2018 Ein Blick in den Pekinger Volkskongress, Mai 2018 

Vatikan und China: Dialog und Verhandlungen

Die katholischen Gemeinschaften in China und ihre Bischöfe – ob von der Regierung anerkannte Bischöfe oder nicht – sind für einen Dialog mit den Behörden. Aber der Dialog bleibt rein theoretisch, wenn er nicht das Risiko wirklicher Verhandlungen eingeht, um – wie Papst Franziskus unterstreicht – das Gemeinwohl aller aufzubauen.

Sergio Centofanti und P. Bernd Hagenkord SJ – Vatikanstadt

Offener, respektvoller Dialog: Das ist eine Haltung, die den anderen in seinem Anderssein akzeptiert, seine Identität und Sendung anerkennt. Gemeinsames Vorwärtsgehen bereichert. Um einen Dialog zu führen, muss man sich seiner eigenen Identität sicher sein und die Identität des anderen anerkennen. Echter Dialog gehört zur Dynamik der Menschwerdung, durch die Gott mit dem Menschen ins Gespräch kommt und ihn sucht, um eine Heilsbeziehung zu ihm aufzubauen.

Verhandlungen hingegen sind für Papst Franziskus ein praktisches Prozedere, bei dem jeder versucht, vom anderen etwas zu bekommen. Verhandeln heißt immer, sich den Kuchen zu teilen – und zwar, wenn möglich, auf eine Art und Weise, bei der alle sich als Sieger fühlen können. Darum sind Verhandlungen und Abkommen, die aus Verhandlungen hervorgehen, nie perfekt, sondern immer vorübergehend – wie Ringe eines Prozesses, der sich zeitlich lange hinzieht.

Verhandlungen waren nie einfach

 

Papst Franziskus‘ Einsatz für den offiziellen Dialog mit der chinesischen Regierung liegt auf einer Linie mit seinem offenen, respektvollen Kommunikationsstil, seiner Akzeptanz des anderen in seinem Anderssein, seiner Anerkennung der Identität und der Sendung eines jeden. So haben richtiggehende Verhandlungen wieder eingesetzt; sie waren nie einfach gewesen, es kam zu manchmal brüsken Unterbrechungen. Zwar beteuerten beide Seiten, jede für sich, ihre guten Absichten, blieben aber andererseits im Moment einer Verständigung wegen irgendeines Hindernisses stehen.

Es ist jedenfalls wichtig, hier daran zu erinnern, dass ein Gutteil der Kirche in China – nicht nur der „offiziellen“, sondern auch der „nicht-offiziellen“ Gemeinschaft – den aufgenommenen Dialog gutheißt. Es wäre vielleicht riskant, das in Prozentzahlen sagen zu wollen, doch kann man auf die Ansicht der chinesischen Bischöfe hinweisen, die die Wiederaufnahme des Dialogs und den möglichen Abschluss eines Abkommens begrüßt haben.

Auch ein von der Regierung nicht anerkannter Bischof begrüßte die Wiederaufnahme des Dialogs

 

Ein von der Regierung anerkannter Bischof, der die Nachricht von einer Wiederaufnahme des Dialogs China-Heiliger Stuhl sehr positiv aufnahm, hat darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Katholiken den Papst und den China-Heiliger-Stuhl-Dialog unterstützt und intensiv darum betet, dass man zu einem Abkommen gelange.

Auf der anderen Seite hat auch ein von der Regierung nicht anerkannter Bischof darauf hingewiesen, dass die Wiederaufnahme des Dialogs eine gute Sache sei. Natürlich geht es dann darum, auf die Tatsachen und nicht nur auf die Worte zu schauen – aber sich zu sehen und zu sprechen ist besser, als sich nicht zu sehen. Nur wenn man sich sieht und miteinander spricht, kann man die Probleme angehen.

Übermäßige Erwartungen zurückschrauben

 

Genau das ist die Dynamik und die schwierige Kunst der Dialogführung: Der Dialog erlaubt eine Annäherung, eine bessere Kenntnis der Identität des anderen… Und da ist es auch ganz normal, dass sich die Dialogpartner manchmal wieder voneinander entfernen – aus dem Gefühl heraus, dem anderen zuviel gegeben zu haben, auf eigene, legitime Ansprüche verzichtet zu haben, aus dem Wunsch heraus, die eigenen Erwartungen, die man vorbringt, noch besser zu erläutern.

Um eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu erreichen, müssen beide Seiten letztendlich aber auch alles, was an ihren Erwartungen übermäßig ist, zurückschrauben. Mit Blick auf die Kirche bedeutet das, zwischen dem Wesentlichen für den christlichen Glauben und dem Nicht-Wesentlichen zu unterscheiden. Ein ernsthafter und authentischer Dialog kann gelingen, wenn sich beide Seiten gegenseitig akzeptieren und auch die Dynamik der Diskussion und des Austauschs unterschiedlicher Ansichten respektieren…

All das kann manchmal auch sehr mühsam sein

 

All das kann manchmal auch sehr mühsam sein. Nur mit gegenseitigem Vertrauen und Großzügigkeit lässt sich der Rhythmus des Dialogs im Lauf häufiger und oft anstrengender Sitzungen, die solche Verhandlungen mit sich bringen, durchhalten. Beide Seiten müssen diese verantwortungsvolle Haltung beibehalten, auch die Ruhe bewahren, wenn ein Konsens weit entfernt oder gar unerreichbar scheint, kleine Schritte der Annäherung gehen und immer für eine positive Einstellung sorgen, die zu wachsendem Vertrauen zur Ehrlichkeit der anderen Seite führt.

Wie Papst Franziskus sagt: „Die Realität ist immer der Idee überlegen“…

(vatican news – sk)

Dies ist der fünfte Teil einer Serie von Texten, die die Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und China beleuchten. Der sechste Teil wird an diesem Wochenende veröffentlicht.
 

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03. Juli 2018, 12:00