Der Synodenblog - Tag 10
Liebe Leserinnen und Leser,
auch nach zehn Tagen kann man schon in eine Art Routine kommen. Dementsprechend gehen wir hier in Ruhe unserer Arbeit nach. Ich habe gestern die Zusammenfassung der Interventi, die wir in der Vollversammlung zum 2. Teil gehört haben, erstellt und abgegeben.
Außerdem arbeiten wir weiterhin in unserer deutschsprachigen Sprachgruppe. Inzwischen geht es um das Interpretieren dessen, was die Bischöfe im Schauen auf die Lebenswirklichkeit der Jugend wahrgenommen haben. Und nun stellen sich die großen, fundamentalen Fragen. Die theologische Natur: Wer ist Gott und wie begegnet er uns Menschen? Diese Frage ist wesentlich, wenn wir von einem Konzept der Berufung sprechen. Wir gehen nämlich davon aus, dass Gott aus seiner Freiheit heraus zu jedem einzelnen Menschen eine Beziehung aufbauen kann und dass der Mensch auch Gott gegenüber auf dieses „Rufen“ eine Antwort geben kann – ebenfalls aus purer Freiheit. Und da sind wir beim nächsten großen Thema: der Anthropologie. Wie denken wir über den Menschen – ist er frei und in welchem Verhältnis steht er zu Gott? Ebenso unvermeidlich ist auch die Ekklesiologie. Das fand ich sehr schön, weil sich Kirche oft sehr abstrakt darstellt.
Wir sprachen viel über die Notwendigkeit der Einzelbegleitung, aber auch davon, wie wichtig kleine Gruppen wie Hauskreise sind. Dies hilft uns, uns selbst und den Willen Gottes besser zu erkennen. Genau das ist es, was die Aufgabe der Kirche ausmacht. Ich muss und kann nicht alleine eine Gemeinschaft bilden, Glauben und auf Gott hin unterwegs sein kann und muss niemand alleine...
All das verläuft ruhig, natürlich wird auch gerungen, so, wie es eben geschieht, wenn eine Gruppe von Menschen auf der Suche nach dem richtigen Weg ist. Die gewichtigen Implikationen, die in diesen scheinbar trockenen Überlegungen stecken, werden immer deutlicher: Wenn ich jedem Menschen eine Berufung zugestehe, hat auch jeder grundsätzlich die Berechtigung, in der Kirche etwas zu sagen, denn jedem kann sich Gottes Wille offenbaren. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass in und durch die Jugend Gott spricht. Damit sind konkrete Themen gegeben, die die Kirche hören und anpacken sollte. Genau darin liegt meiner Meinung nach Zündstoff, der, so glaube ich, im 3. Teil (Wählen – also welche konkreten Schritte will die Synode gehen) handfest werden wird. Es fühlt sich gerade ein bisschen so an wie die Ruhe vor dem Sturm, wie das hoffen, es könnte sich etwas bewegen.
Dazu passt auch die Stimmung in der Ewigen Stadt: Morgen werden fünf Personen heiliggesprochen. Eine davon ist die aus Dernbach im Westerwald stammende Katharina Kaspar, die Gründerin der Armen Dienstmägde Jesu Christi (ADJC). Neben ihr wird auch Oscar Romero heiliggesprochen. Heute Morgen hat ein angereister Jesuit erzählt, dass er sich noch gut daran erinnern könne, dass es damals aufgrund der Ernennung Romeros zum Bischof von El Salvador in seiner Kommunität eine Krisensitzung gegeben habe. Man war eher kritisch gegenüber einem so konservativen Mann auf dem Bischofsstuhl. Und was geschah dann? Aus Romero wurde die Stimme der Armen, die Stimme einer sich verändernden Kirche. Das ist überhaupt meine Überzeugung, liebe Leserinnen und Leser, die ganz großen Reformen in der Kirche gehen nicht von Dokumenten aus, sondern von Menschen, von Heiligen.
In diesem Sinne wünsche ich uns, dass wir in unserem Leben mehr nach dem Willen Gottes fragen und auf seinen Ruf an uns hören, damit wir erkennen, was wir tun können, um Kirche und Welt zu verbessern. Wenn dieses Bewusstsein und dieser Wunsch durch die Jugendsynode wächst – sowohl auf der Seite der Hierarchie als auch aller Gläubigen – dann würde sicherlich viel Angst verschwinden, viel Vertrauen wachsen und viel gemeinsames Vorangehen möglich sein.
Ihnen einen gesegneten Sonntag und wie letzte Woche wird auch morgen wieder ein Blogruhetag sein.
Clemens Blattert SJ
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