Der Synodenblog - Tag 12
Liebe Leserinnen und Leser,
gestern Nachmittag stellten die 14 Sprachgruppen die Berichte über ihre Diskussionen vor. In meinem gestrigen Blogartikel habe ich wenig Hoffnung geäußert, überrascht zu werden. Nun war es so, dass mich die Berichte nicht gerade vom Hocker gerissen haben, aber es war eine – zwar noch ungeordnete – Sammlung an guten Ideen, die als Interpretation der Lebenswirklichkeiten junger Menschen angeboten wurde. Die Redaktionsgruppe versucht nun, eine Synthese dieser Sammlung zu erstellen. Es geht darum, die zentralen Aussagen herauszubringen und zu systematisieren, damit vielleicht doch etwas Inspirierendes dabei herauskommen kann.
Neben mir in der Aula sitzt der Vorsitzende der benediktinischen Äbtekonferenz, Abt Christopher. Auch er ist als Experte geladen und heute kurzfristig zur Mithilfe im Redaktionsteam gerufen. In der Kaffeepause kam er mir mit strahlenden Augen entgegen und meinte, dass die Redakteure etwas sehr Gutes aus den Ideen der Bischöfe gemacht hätten. Die Redakteure sind auf dieser Synode quasi die Trüffelsucher des Heiligen Geistes. Denn es ist nicht so, dass ein Bischof einen ausgefeilten theologischen Entwurf vorlegt, sondern es werden die Puzzleteile aller gesammelt, dann bewerten die Redakteure diese unter anderem durch die Zuarbeit der Experten und bauen dann etwas Neues daraus. Sie meinten einmal: Wir müssen ihnen aus der Aula Marmorblöcke bringen, sie versuchen, eine Kathedrale daraus zu erbauen.
Sie merken wahrscheinlich schon bei der Lektüre meines Blogs, dass die Teilnahme an so einer Synode ein emotionales Wellenbad ist. Wellen der Langeweile, der Sorge, der Resignation wechseln sich ab mit Wellen der Hoffnung, der positiven Spannung und der Freude über das, was entsteht. Wenn ich mich an die Begleitung junger Menschen, die auf der Suche nach ihrem eigenen Weg sind, erinnere, ist es dort genau dasselbe. Mal ist man voller Mut und Aufbruchsstimmung, mal scheint man zu resignieren und glaubt nicht, dass überhaupt noch was aus einem wird. In solch einem kreativen Prozess befindet sich auch die Synode. Es ist und bleibt anstrengend, aber auch abwechslungsreich.
Heute jedenfalls knistert es wieder unter uns Experten. Die Lesung der Beiträge zum 3. Teil, in dem es um konkrete Vorschläge zur Umsetzung geht, hat begonnen. Eine Xavièr-Schwester (die Xavièr-Schwestern sind ein kleiner ignatianisch geprägter Frauenorden), die lange in Paris das Zentrum für Berufungspastoral der französischen Bischofskonferenz geleitet hat, kam voller Energie auf mich zu und sagte: „Clemens, spürst Du es, ich habe den Eindruck, es liegt etwas in der Luft.“ Sie erzählte mir auch, was sie als Auditorin zur konkreten Umsetzung vorschlagen wird: Der Segen liegt in der Teamarbeit – Frauen und Männer, Junge und Alte – die Mischung machts.
Das ist einer der Punkte, der sich herauskristallisiert: Partizipation. Junge Menschen sollen nicht nur für ihre Anliegen in der Kirche eine Stimme bekommen, sondern es kommt immer wieder zur Sprache, dass ein Beratungsgremium in Rom, in den Diözesen und in den Pfarreien entstehen soll, bei dem junge Menschen zu den Fragen der Kirche ihre Meinung abgeben können. So soll gewährleistet werden, dass die positiven Impulse dieser Synode nicht wieder in die Vergessenheit sinken.
Ein typischer Wesenszug von so großen Versammlungen sind die vielen Treffen zu Mittag oder am Abend. Mal gehen zwei, drei Bischöfe zum Essen und reden sich die Köpfe heiß, dann lädt der BDKJ spannende Gesprächspartner an den Küchentisch in seiner Ferienwohnung, es kommt zu Begegnungen der deutschsprachigen Bischöfe mit Jugendlichen, die gerade in Rom sind, dann trifft man sich in der Delegation zu einem Austausch oder Kardinal Marx lädt Synodenteilnehmer zu einem zünftigen bayerischen Abend ein. Und natürlich steht man in den Kaffeepausen während der Konferenz zusammen. Schrecklich ist dabei der Smalltalk. Kaum hat man mit jemandem einen Satz begonnen, taucht ein Bischof auf, bringt sich mit einem anderen Thema ein, das aber auch nicht lange hält, weil dann schon die nächste Person sich mit einem Cappuccino in der Hand dazwischendrängt. Das ist schade, aber irgendwie auch logisch. Nach dem aufmerksamen Zuhören fällt die Spannung in den Pausen völlig ab und man kämpft sich zum Kaffee, zu einem kleinen süßen Teil am Buffett und redet halt grad mit demjenigen, der vorbeigeschoben wird. Aber hier geht es wirklich nicht mehr als um Pause.
Aber es wird sich auch um einen „vernünftigen“ Austausch bemüht. Gestern waren wir in der Deutschen Botschaft zu einem sogenannten Hintergrundgespräch mit den deutschsprachigen Journalisten eingeladen. Ich habe gestaunt, wie viele Journalisten es gibt. Das waren sicherlich ca. 30 Frauen und Männer, die die Synode verfolgen.
Während eine Pressekonferenz eher die klassischen Themen zu Sprache bringt, war es bei diesem Abend doch möglich, ein Gesamtbild der Themen der Synode zu zeichnen. Und das Interesse war ehrlich und groß. Das hat mich wirklich gefreut, weil ich gedacht habe, Journalisten interessieren sich bestimmt nicht für die Frage, wie heute junge Menschen Vertrauen in Gott finden können oder dass die Suche nach dem, was ich will oder nicht will, der Prozess des Erwachsenwerdens mit viel Mühe verbunden ist und dazu die Kirche zweckfreie Räume anbieten kann. Ob man daraus aufsehenerregende Überschriften machen kann, bezweifle ich, aber mich hat es positiv gestimmt, dass auch für diese Fragen offene Ohren da waren.
Ganz nebenbei hat sich noch der Kreis einer persönlichen Geschichte geschlossen. Ein Freund von mir ist Maler. Ein Bild von ihm, über das ich schon viel gehört habe, hängt in der Eingangshalle der Botschaft. Gestern Abend hatte ich nun die Möglichkeit, es mir anschauen zu können und – wie man das heute so macht – ein Selfie mit diesem Bild zu machen. Es ist immer wieder faszinierend welche Türen sich hier beiläufig öffnen und schöne Einblick gewähren.
Clemens Blattert SJ
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