Synodenblog: Tag 17
Liebe Leserinnen und Leser,
die letzte Woche der Jugendsynode beginnt mit einem Erholungstag für uns. Sonntag und auch Montag haben wir frei. Derzeit wird der Text des Abschlussdokuments von einer kleinen Gruppe vorbereitet und so haben wir anderen Teilnehmern die Möglichkeit zum Durchatmen. Diese Pause ist auch dringend notwendig. Drei Wochen intensive Arbeit, ein unendlicher Strom an Eindrücken und spannenden Begegnungen, die Wellen vieler Emotionen, zusätzlich immer wieder der Kontakt in die Welten zu Hause – das kann schon mal zu einem inneren Verarbeitungsstau führen. Das Gefühl „rien ne va plus“ – nichts geht mehr – machte sich bei mir am Samstag breit. Und so kamen die beiden freien Tage wie gerufen.
Ich selbst nutze die freien Tage zum Nachholen von Schlaf, Spaziergängen durch die Stadt und für einige entspannte Begegnungen. Am Samstagnachmittag lernte ich z.B. die neun jungen Leute aus Deutschland kennen, die an der Vorsynode teilgenommen haben. Sie wurden übers Wochenende zum Austausch mit der deutschen Delegation eingeladen. Bei Kaffee und selbstgebackenen Nussecken im Gästehaus der Bischofskonferenz war für mich besonders, so viele engagierte junge Christinnen und Christen aus Deutschland zu treffen, die alle ganz unterschiedlich sind. Da gibt es den philosophieinteressierten Priesterkandidaten und die eloquente Journalistin, da ist der junge Promovend, dem die Jugendlichen aus dem nichtakademischen Milieu am Herzen liegen, und die Vorsitzende der internationalen Landjugendbewegung. Vor mir saßen hochkompetente und hochengagierte junge Menschen, mit denen ich sofort gerne zusammenarbeiten würde. Auf meinem Heimweg fragte ich mich: Warum soll ich mir Sorgen um die Zukunft der Kirche machen?
Am Samstagabend verabredete ich mich mit einer Bekannten auf ein Eis in den belebten Gassen Roms. Sie engagiert sich in einer Bewegung für die Glaubensweitergabe. Es entwickelte sich ein schöner Austausch über das, was die jungen Menschen suchen, brauchen und welche Herausforderungen die Suche nach dem eigenen Lebensweg mit sich bringt.
Sehr schön war auch der Besuch einer „normalen“ Sonntagsmesse in einer Pfarrei. Es war ein Familiengottesdienst, in dem die KatechetInnen beauftragt wurden, während in den Bänken über 100 Kinder im Alter von 8-10 Jahren wuselten. Das pralle Leben! Bei der Aufforderung zum Friedensgruß schwärmten alle Kinder wie wildgewordene Bienen durch die ganze Kirche und überbrachten den Eltern und Großeltern den Gruß voller Begeisterung. Besonders musste ich über einen kleinen Mann von drei oder vier Jahren schmunzeln, der sich zur Sonntagsmesse sein bestes Gewand umgelegt hatte: Ein Superman-Umhang. Es war herrlich.
Und damit nicht genug: Am Sonntagabend war ich außerdem an den Küchentisch im provisorischen Headquarter des BDKJ eingeladen. Der Tisch war mit leckeren Antipasti reich gedeckt und der Vorrat an Weißwein schien unerschöpflich. Wir saßen zu sechst um den Tisch, lernten uns kennen, erzählten von dem, was uns bewegt, lachten, gaben manchem Ärger Luft und schmiedeten Pläne für die Zukunft... Es war richtig schön – eine Synode im Kleinen.
Auf dem Heimweg entlang der Vatikanischen Mauern hing ich den Eindrücken noch nach. Ich dachte, so müsse es beim 2. Vatikanischen Konzil rund um Frère Roger gewesen sein: Er war als Beobachter eingeladen, durfte weder reden noch mitabstimmen und doch prägte und gestaltete er die Kirche wesentlich mit. In die Ferienwohnung, in der er während des Konzils lebte, lud er abends immer wieder verschiedene Menschen aus dem Umkreis des Konzils zu Gebet und Essen ein. Dort wuchs Respekt über Konfessionen und Lager hinweg, dort wuchsen Freundschaften und dort wuchs eine Offenheit für Kirche. Diese Wohnung hat die Brüdergemeinschaft im Übrigen heute noch. Während der Jugendsynode luden auch Frère Alois und drei weitere Brüder verschiedene Leute zu Begegnung und Gespräch in diese Wohnung ein, damit die Kirche wachsen kann.
Warum erzähle ich das alles? An diesem Wochenende bekam ich wieder viele Mails, von Ihnen, den treuen Leserinnen und Lesern, die von der Enttäuschung über „die Kirche“, vom fehlenden Mut und von der zermürbenden Langsamkeit der Veränderungen handelten. Das alles stimmt und bewegt auch mich. Aber die Kirche ist eben nicht nur die Kirchenführung, die Kirche ist eine unzählige Fülle an einzelnen Christen. Es sind Menschen, wie die am Küchentisch des BDKJ versammelten, wie für den Glauben engagierte Frauen, wie ein Junge mit Superman-Kostüm im Kindergottesdienst. In so viel Engagement von jungen Menschen und auch hier in der Synode, wo der Geist Herzen auf milde und sanfte Art ergreift, zeigt sich, was der wesentliche Kern dieser Kirche ist. So kann ich bei der Arbeit auf der Synode und in den freien Tagen bei so vielen schönen Begegnungen unsere katholische Kirche lebendig und motiviert erleben, kann erleben, wie Gott in der Kraft des Heiligen Geistes sein Volk durch die Zeit führt.
Clemens Blattert SJ
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.