Missbrauch: Kardinal Marx weist Kritik an Papstrede zurück
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Das sagte der Erzbischof von München, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, nach dem Anti-Missbrauchs-Gipfel am Sonntag in Rom. „Es kommt auch darauf an, jetzt die Frage zu stellen: Wie geht der Weg weiter? Da sind wir nicht am Ende – der Papst hat das in seiner Ansprache deutlich gesagt.“
Einige der ersten Reaktionen sahen die Papstrede von diesem Sonntag als zu vage, zu weit gefasst an. Marx dazu: „Also, ich habe das nicht so empfunden. Er fing an mit dem Blick auf die Statistiken – das finde ich realistisch, dass die Kirche das tut. Er hat – gottseidank – Bezug genommen auf wissenschaftliche Untersuchungen. Aber er hat dann deutlich gemacht: Wenn es auch nur einen einzigen Missbrauchsfall in der Kirche gäbe, wäre das eine Schande! Und er hat deutlich gemacht: Man darf nichts relativieren an dem, was in der Kirche geschehen ist! Also, wenn man die Rede genau liest, gibt sie nichts anderes her.“
Die kirchlichen Leitlinien und Normen zum Umgang mit kirchlichen Missbrauchsfällen müssten jetzt „von Worten zu Taten“ werden, forderte Kardinal Marx. Das sei ihm auch im Gespräch mit Missbrauchs-Überlebenden immer klarer geworden. „Die Leitlinien müssen beachtet und weiterentwickelt werden, auch mit den Opfern selber.“
Alle sind gefordert, nicht nur Rom
„Jetzt sind verschiedene Entscheidungsebenen verantwortlich und gefordert, die Überlegungen von Rom umzusetzen. Es kann nicht sein, dass alle Entscheidungen beim Heiligen Stuhl liegen. Wir Bischöfe tragen eine eigene Verantwortung und der müssen wir uns gerade bei diesem Thema stellen.“
Die Kirche müsse sich erneuern und einer Reform unterziehen. „Darüber müssen wir weiter nachdenken… Zunächst ist da aber immer die einzelne Bischofskonferenz gefordert.“ Während der Konferenz sei deutlich geworden, „dass wir Bischöfe aus aller Welt eine gleiche Einschätzung der Situation haben“. „Niemand von uns kann das Problem länger negieren oder gar tabuisieren… Wir haben voneinander gelernt. Da ist es gut, dass einige Bischofskonferenzen auch vorangehen.“ Damit meint Kardinal Marx durchaus auch seine eigene Bischofskonferenz. „Als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz sage ich: Wir fühlen uns eigentlich bestärkt und ermutigt, unseren Weg weiterzugehen.“
Bei der Aufarbeitung bisheriger Missbrauchsfälle müsse man unter den Augen der Weltöffentlichkeit weiterhin schonungslos die Verantwortlichkeiten prüfen und mögliche Vertuschungen aufdecken. „Es gibt keine Tabus, es kann keine Tabus geben! Sonst würden wir ja alles wieder zerstören, wenn wir sagen würden: Naja, da wollen wir nicht wirklich hinschauen…“
Eine Fülle von Vorschlägen liegt auf dem Tisch
Natürlich könne ein Treffen wie das von Rom „keinen rasch zusammengestellten Maßnahmenkatalog verabschieden“, erklärte Kardinal Marx nicht ohne eine Spur von Bedauern. „Vor allem ging es zunächst um den gemeinsamen, ehrlichen und realistischen Blick auf den sexuellen Missbrauch Minderjähriger in der Kirche, der eine schreckliche weltweite Realität ist. Wir tragen Verantwortung gegenüber den Opfern in aller Welt.“ Zwar war der Anti-Missbrauchs-Gipfel von Rom „keine Beschluss-Konferenz“, doch habe sich daraus „eine Fülle von Vorschlägen“ ergeben.
(vatican news)
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