Vatikanischer Regierungschef: Abkommen mit China in die Tat umsetzen
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Der Kongress mit dem etwas sperrigen Titel „Die Abkommen des Heiligen Stuhls mit den Staaten (19.-21. Jahrhundert). Modelle und Veränderungen: Vom Konfessionsstaat zur Religionsfreiheit“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der römischen École française, der Universität Paris-Sorbonne und der Päpstlichen Universität Gregoriana. Thematisiert werden dabei die diplomatische Dynamik und die politisch-religiösen Aspekte der völkerrechtlichen Abkommen, die der Heilige Stuhl im 19.-21. Jahrhundert mit den Staaten unterzeichnet hat.
Erst am 22. September vergangenen Jahres haben der Heilige Stuhl und die kommunistische Regierung in Peking ein historisches Abkommen abgeschlossen, in dem sie mit einer so genannten „vorläufigen Vereinbarung“ ihren über 60-jährigen Streit über die Einsetzung von Bischöfen beilegten. Der Dissens galt als eine der entscheidenden Hürden für eine Wiederaufnahme der seit 1951 unterbrochenen diplomatischen Beziehungen.
„Vorläufige Vereinbarung“ mit China: Ergebnis eines langen Weges
Eine historische Einigung, die Parolin als Ergebnis eines „langen Weges“ bezeichnet. Der „Fall China“ sei ein sui generis-Fall - zwischen zwei Parteien, die sich noch nicht (in vollem Maß diplomatisch) anerkannt hätten, erklärt er. Jetzt sei es vor allem wichtig, diese Vereinbarung auch wirklich in die Tat umzusetzen.
Zum Zweck dieser bilateralen Abkommen führt die Nummer Zwei des Vatikans aus, dass die katholische Kirche den Staat nicht auffordere, als Defensor Fidei zu agieren, sondern die Kirche bei der Erfüllung ihrer Sendung zu unterstützen. Und dies geschehe, wenn der Staat die Religionsfreiheit der Gläubigen aller Glaubensrichtungen schütze und es der Kirche ermögliche, wirksam zur geistlichen und materiellen Entwicklung des Landes beizutragen und den Frieden zu stärken.
Die Unabhängigkeit der Kirche gegen staatliche Einmischung verteidigen
Zu den Ländern, mit denen der Heilige Stuhl in jüngerer Zeit Abkommen geschlossen hat, gehörten Tunesien (1964), Marokko (1983), Israel (1993) und die Palästinensische Autonomiebehörde (2015), erläutert Parolin. Der Heilige Stuhl habe in der Vergangenheit auch versucht, Abkommen mit nicht-christlich geprägten Staaten abzuschließen. Im Falle von Abkommen mit westlichen Staaten, die sich als katholisch bezeichneten, sei man immer darauf bedacht gewesen, die Unabhängigkeit der Kirche gegen von staatlicher Seite unternommene Versuche zu verteidigen, sich in kircheninterne Angelegenheiten und in die Bischofsernennungen einzumischen.
Beziehungen zu angelsächsischen Ländern und Ländern orthodoxer Tradition: ein Kapitel für sich...
Ein Kapitel für sich seien die Beziehungen zu den Ländern „orthodoxer Tradition“ und den angelsächsischen Ländern – Großbritannien und die Vereinigten Staaten –, führt der vatikanische Regierungschef weiter aus. Mit diesen Ländern habe der Heilige Stuhl aufgrund kultureller Schwierigkeiten keine Abkommen abgeschlossen. Hier gelte in heiklen Fragen der Grundsatz der Achtung des gegebenen Wortes und des Gentlemen’s Agreements: also einer nur moralisch, aber nicht rechtlich verbindlichen Vereinbarung. Als Beispiel nennt Parolin den Fall Vietnam, mit dem die Vereinbarung über Bischofsernennungen noch heute nur mündlich getroffen werde.
Da sich diese Abkommen in der Vergangenheit als sehr nützlich erwiesen hätten, sei der Heilige Stuhl ständig bemüht, Abkommen mit Staaten abzuschließen, mit denen es bisher noch keine solche Regelung gebe, erläutert der vatikanische Regierungschef.
Abkommen im Namen der Religionsfreiheit und der Konfliktvermeidung
„Es gibt sehr viele Staaten, mit denen die Kirche keine Vereinbarung getroffen hat, und sie existiert, agiert auch in diesen Staaten. Solche Abkommen sind jedoch sehr nützlich, weil sie dem Zweck dienen, die Freiheit der Kirche im allgemeineren Rahmen der Religionsfreiheit, die ein Grundrecht der Person und der Gemeinschaften ist, zu gewährleisten und die Bereiche der gemeinsamen Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat zu regeln, um Konflikte zu vermeiden.“
Die jüngsten Entwicklungen im Bereich Vatikandiplomatie bringt Parolin wie folgt auf den Punkt:
„Wir haben in den letzten Jahren viel mit afrikanischen Ländern zusammengearbeitet. Viele afrikanische Länder haben Interesse gezeigt und Verhandlungen aufgenommen, die kurz vor dem Abschluss stehen. Ganz zu schweigen von dem Abkommen mit China, das viel Arbeit erforderte. Es war ein langer Weg, aber am Ende haben wir es geschafft, und wir hoffen, dass es konkrete Früchte zum Wohle der Kirche und des Landes bringen wird.“
In Sachen China seien derzeit keine weiteren Abkommen zu anderen Themen vorgesehen.
(vatican news)
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