Kardinal Parolin: Europa mit Kreativität wiederbeleben
Mario Galgano und Federico Piana – Vatikanstadt
Die christliche Identität habe eine grundlegende Rolle im Prozess der europäischen Einigung gespielt, und diese Werte seien auch heute noch präsent, sagt im Gespräch mit Vatican News der italienische Kurienkardinal, der für die vatikanische Diplomatie verantwortlich ist.
„Aber wir erleben ihre Verwässerung, und es gibt vier Ursachen. Der erste betrifft den Verlust des Antriebs des ursprünglichen europäischen Projekts; der zweite bezieht sich auf den wachsenden Vorrang der Wirtschaft vor der Politik; der dritte betrifft die semantische Änderung des Wortes ,Rechte´: Viele der neuen beziehen sich nicht mehr auf das natürliche und erzeugen so Widersprüche; der vierte ist die Aufhebung der Verbindung mit dem griechisch-römischen Denken“, so Kardinal Parolin.
Der Vortrag des Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin vor rund hundert Jugendlichen war ganz dem Thema „Europa“ gewidmet. Parolin sprach am zweiten Tag der von der Diözese Rom in Frascati organisierten ersten Sommerschule für politische Bildung. Der Kardinal erklärte, dass alle Europäer „in diesem historischen Moment“ Europa weiter aufbauen müssten, „indem wir uns auf die Beziehungen zwischen den Menschen konzentrieren, während die Christen die Aufgabe haben, mit gutem Beispiel voranzugehen“, so Parolin.
Die Gläubigen hätten die Pflicht, die Herausforderung anzunehmen und eine von soliden Idealen inspirierte Gemeinschaft mitzutragen. Und in Bezug auf die Rolle der Kirche fügte er hinzu: „Sie kann nicht von denen ausgegrenzt werden, die unsere Werte nicht akzeptieren und sich für einen von der Geschichte besiegten Säkularismus einsetzen.“
„Und in einer so komplexen Welt wie der heutigen, ist die Rolle der Katholiken sehr wichtig. Heute müssen wir wieder zum Denken über den Sinn und Zweck übergehen: Wir müssen die Kontroverse, die Schreie beenden. Wir müssen nachdenken, wie wir die Gemeinschaft fördern können. Und natürlich bedarf es auch der Bezugnahme der Werten des Evangeliums. Um diese gegenwärtige Irrelevanz zu überwinden, muss eine neue Form der Zusammenarbeit gefunden werden.“
Papst Franziskus habe mehrmals von der „Jugend auf der Couch“ gesprochen, so Kardinal Parolin weiter. Damit seien Jugendliche gemeint, die sich nicht einbrächten und keinen Beitrag für die Zukunft leisten wollten.
„Nun, sie müssen aufstehen und anfangen zu arbeiten. Die Situation ist so, dass es niemandem mehr erlaubt ist, inaktiv und gleichgültig zu bleiben. Sie müssen sich die Hände schmutzig machen. Europa ist die Zukunft, wir können nicht zurückgehen, aber wir müssen die Idee Europas wiederbeleben. Angesichts der Komplexität der Probleme und Herausforderungen ist man heute versucht, umzukehren und nach alten, in der Vergangenheit gescheiterten Antworten zu suchen. Die Herausforderung besteht darin, kreativ zu sein und neue Antworten geben zu können.“
(vatican news)
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