Indigenen-Experte: Hören statt vorverurteilen, was Synode will
Mario Galgano - Vatikanstadt
Die Kritik an den Riten und Symbolen der Indigenen bei der Amazonien-Synode ist auch bei den Synodenvätern angekommen. In verschiedenen Medien wurden einige Elemente bei Veranstaltungen und Gottesdienste zur Synode als heidnisch bezeichnet. Der Experte für Indigenen-Kulturen, Paolo Suess, erläutert uns, dass man den Kontext verstehen und respektieren sollte:
„Wir Europäer haben ja beispielsweise einen anderen Umgang mit der Zeit. Das ist ja für uns in der Liturgie ganz wichtig. Wenn wir an Deutschland denken, dann ist es ja so, dass wenn die Sonntagsmesse mehr als eine Stunde dauert, dann schauen alle auf die Uhr, weil dann der Sonntagsbraten nicht rechtzeitig fertig wird. Bei den Indigenen geht der Ritus über Stunden und das ist dann nicht ein stilles Sitzen. Da wird getanzt, gesungen und gesprochen. Das ist sehr lebendig. Das müssen wir nicht kopieren. Wir müssen aber verstehen, dass auch die Zeit ein kulturelles Element ist und es gibt Völker, die viel Zeit haben.“
Gerade dieses Element sei etwas, das die Europäer von den Indigenen aufnehmen sollten.
„Die Indigenen haben viel Zeit für ihre Kinder, die wir Europäer gar nicht mehr haben wollen. Wir lagern sie aus, schicken sie in Kindergarten. Die Schulen sollen dann alles machen, was wir Zuhause gar nicht mehr wahrnehmen wollen. Damit ist die Erziehung gemeint.“
Statt kritisch gegenüber Symbolen der Indigenen zu sein, müsse man auf deren Werte achten.
„Das Zeitverständnis ist verschieden, aber vor allem welche Werte wichtig sind. Ich denke eben an die Kinder, da lohnt es sich, die Zeit zu investieren.“
Man solle allgemein unvoreingenommen gegenüber der Amazonien-Synode sein, so der Ratschlag des Synoden-Teilnehmers Suess, der als eingeladener Experte an der Bischofsversammlung teilnimmt.
„Sagen Sie nicht von vornherein, dass da nichts geht, was man von der Synode hört. Große Probleme gelten weltweit. Was die Synode über die eucharistische Präsenz beschließt, betrifft die Frage, was für uns die eucharistische Präsenz bedeutet. Der Kardinal von Wien, Christoph Schönborn, sagte, dass es in seiner Stadt zu viele Gottesdienste an den Sonntagen gibt. Das ist für sie ein Segen. Aber sie müssen dann doch überdenken, was denn für sie Eucharistie bedeutet.“
Die eucharistische Präsenz sei deshalb in einem solchen Kontext eine Selbstverständlichkeit, die dann aber meist damit zu kämpfen habe, dass ihr kein großer Wert mehr beigemessen werde. Man müsse somit zunächst hören, was die Synode herausbringe und vielleicht könne dies auch ein Gewinn für Gläubigen in Europa sein, so Suess.
(vatican news)
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