Bischof Kräutler: „In Amazonien geht es um Leben und Tod“
Das sagte der aus Vorarlberg stammende Bischof am Mittwoch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress in Rom. Kräutler war von 1981 bis 2015 Bischof der brasilianischen Diözese Xingu und ist Mitglied der Amazonien-Synode, die noch bis 27. Oktober im Vatikan tagt.
Er glaube zwar kaum, dass das Bischofstreffen im Vatikan die Sichtweise etwa des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro ändern könne. Es gehe jedoch darum, den Standpunkt der Kirche deutlich zu machen. Kräutler sprach sich erneut für Umweltschutz und einen Schutz der Rechte der indigenen Bevölkerung in der Amazonasregion aus.
„Amazonien ist zunächst für das Leben dieser Völker da. Man darf ihnen ihre Mitwelt nicht einfach stehlen“, so Kräutler. Es könne nicht sein, dass die Menschen vor Ort unter den Folgen „krimineller Brandlegungen“ litten, „weil man Weideland für Rinder gewinnen will oder Sojafelder oder Zuckerrohrfelder anbauen“, so der Amazonas-Bischof.
Brasilien erlebe heute eine „anti-indigene“ Kampagne von Seiten der Politik, sagte Kräutler am Mittwochnachmittag auch vor Journalisten beim offiziellen Synoden-Medienbriefing im vatikanischen Pressesaal. Indigene würden als Hindernis gegen den wirtschaftlichen Fortschritt betrachtet. Insgesamt habe die Kirche die Pflicht, die Aufmerksamkeit der ganzen Welt darauf zu lenken, was in Amazonien passiere. Genau deshalb habe der Papst die Synode einberufen.
Scharfe Kritik an Wasserkraftwerk
Einmal mehr übte der Bischof auch Kritik an Projekten wie dem Wasserkraftwerk Belo Monte, das „verheerende Auswirkungen“ auf die Menschen und die Umwelt vor Ort habe. Kräutler hatte sich mit vielen anderen über Jahre vergeblich gegen den Mega-Staudamm am Xingu nahe seiner Bischofsstadt Altamira ausgesprochen.
Belo Monte sei auch im Ausland mit dem Argument des Ausbaus von „Grüner Energie“ beworben worden, so Kräutler. „Aber wenn wir die Auswirkungen auf das Ökosystem sehen - wie können wir sagen, dass das grüne Energie ist?“ Brasilien brauche keine derartigen Wasserkraftwerke, plädierte der Bischof für den Ausbau der Nutzung von Sonnenenergie zur Deckung des Energiebedarfs.
Für „viri probati“ und Frauendiakonat
Auf mehrfache Nachfrage von Journalisten äußerte sich Bischof Kräutler auch zur viel diskutierten Frage nach einer möglichen Priesterweihe älterer verheirateter Männer („viri probati“). Viele Gemeinden im Amazonas-Regenwald könnten sich wegen des Priestermangels nur ein oder zwei im Jahr zur Eucharistiefeier versammeln, schilderte Kräutler einmal mehr. Die Eucharistie aber sei „Kern unseres Glaubens“, so der Bischof.
Die Kirche müsse daher dafür sorgen, dass die Menschen nicht nur Wortgottesdienste feiern könnten, sondern sich auch zur Eucharistiefeier um den Altar versammeln. Deshalb müsse über neue Wege auch zum Priestertum nachgedacht werden.
„Es geht nicht um Zölibat - Ja oder Nein. Es geht um die Eucharistiefeier. Wenn Tausende und Abertausende von Gemeinden nur ein oder zwei Mal im Jahr Eucharistie feiern, muss sich die Kirche etwas einfallen lassen“, sagte Kräutler auch im Kathpress-Interview. Die Eucharistie sei der Höhepunkt des Glaubens. Der Zölibat könne daher nicht darüber gestellt werden, so der Bischof: „Es geht darum, dass die Menschen einen Zugang zur Eucharistie haben. Sie haben ein Recht darauf. Jesus hat nicht gesagt: ‚Wenn ihr wollt, dann könnt ihr‘. Sondern: ‚Tut dies zu meinem Gedächtnis.‘" Daher stelle sich die Frage, ob Eucharistie nur möglich sein könne, „wenn ein zölibatärer Mann da ist“.
Priestermangel sei nicht nur in der Amazonasregion ein Problem. Auch durch Gemeindezusammenlegungen würden „Priester verheizt“, und der direkte Kontakt zu den Leuten immer schwieriger. Auch in Österreich gebe es christliche Gemeinden, an denen zu Weihnachten, Ostern, in der Karwoche oder am Patronatsfest kein Priester da sei. Die Frage der „viri probati“ stelle sich daher „ganz sicher“ auch für Deutschland, Österreich und die Schweiz, so Kräutler.
Frauen in der Kirche aufwerten
Um die Seelsorge zu verbessern und die Rolle von Frauen in der Kirche zu stärken, sprach er sich zudem für ein weibliches Diakonat aus: „So wie man heute vom permanenten Diakon spricht, kann man doch auch von einer permanenten Diakonissin sprechen. Das gab es auch in der Urkirche. Ich sehe da absolut keine Schwierigkeiten.“ Es reiche nicht, immer nur von einer Aufwertung der Frau in der Kirche zu reden oder ihr für Blumenschmuck und Sonntagslesungen zu danken. Die Frage sei drängend und dürfe nicht aufgeschoben werden. Das Thema werde auch bei der Synode eingebracht, die sich jedoch noch ganz am Anfang befinde.
(kap – sk)
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