Heiligsprechung am Sonntag: Kardinal Henry Newman, Apostel der Wahrheit
Claudia Kaminski - Vatikanstadt
Die wahre Wirklichkeit war für Newman die Wirklichkeit des Himmels. Für seinen Grabstein wählte er daher den Spruch: „Ex umbris et imaginibus in veritatem“ (Aus Schatten und Bildern zur Wahrheit). Die Suche nach der Wahrheit bestimmte sein Leben, und nach einer langen inneren Reflexion gelangte er zu der Überzeugung, dass die Antworten auf die tiefsten Fragen nur in der katholischen Kirche zu finden seien.
Von der Kirche von England zur Kirche von Rom
Der 1801 in London geborene Newman wächst in der Atmosphäre eines christlich geprägten Elternhauses auf. Lektüre religionskritischer Schriften führt im Alter von 15 Jahren zu einer ersten geistig-religiösen Krise, die ihn schließlich zu einem frommen Anglikanismus bekehrt. Diese sogenannte „erste Bekehrung“ führt dazu, dass er 1817 als Student der Theologie ins Trinity College von Oxford eintritt.
Bereits mit 21 Jahren wird er Assistent am Oriel College und 1825 zum anglikanischen Priester geweiht. Der junge Theologe sieht seine Aufgabe darin, die anglikanische Staatskirche als mittleren Weg zwischen Katholizismus und Protestantismus aus dem Urchristentum neu zu definieren und zu etablieren. Eine von ihm in 39 Artikeln 1841 vorgelegte Neuinterpretation seiner Kirche wird als „zu katholisch“ abgelehnt, sodass er sich zunächst zurückzieht. Den letzten Anstoß zu seinem Übertritt zur katholischen Kirche bewirkt dann die gemeinsame Errichtung eines Bistums in Jerusalem von Anglikanern und preußisch-evangelischer Kirche.
Letzte anglikanische Predigt 1843
Nicht zuletzt das Studium der Kirchenväter, die allen Konfessionen gemeinsam sind, führt zu seinem Entschluss: Am 24. September 1843 hält er seine letzte anglikanische Predigt, steigt von der Kanzel und legt seine Gewänder ab. Zwei Jahre später, 1845, bittet er um Aufnahme in die katholische Kirche und wird nach seinem theologischen Studium in Rom 1847 zum Priester geweiht. Gleichzeitig tritt er dem 1522 von Filippo Neri gegründeten Oratorium an der Kirche S. Maria in Vallicella, der Chiesa Nuova, bei.
Nach seinem Übertritt zum katholischen Glauben bestimmen Anfeindungen von beiden Seiten sein Leben: Den Katholiken ist er der zu liberale Denker, den Anglikanern der vom Glauben Abgefallene. So warnt seinerzeit George Talbot, der Sekretär von Papst Pius IX., den Erzbischof von Westminster in einem Brief: „Dr. Newman ist der gefährlichste Mann in England.“ Das Rektorat der neu gegründeten katholischen Universität Dublin gibt er wegen mangelnden Rückhaltes der Bischöfe 1858 wieder auf.
Newman konzentriert sich auf das von ihm bereits 1849 gegründete Oratorium in Birmingham und Publikationen. 1870 erscheint sein Hauptwerk „Grammatik der Zustimmung“, 1875 seine Auseinandersetzung mit dem beim ersten Vatikanischen Konzil verkündeten Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit. Im Jahre 1879 kreiert Papst Leo XIII. ihn zum Kardinal. Es wird berichtet, dass Newman von einem Kind gefragt wurde: „Wer ist größer, ein Kardinal oder ein Heiliger?“ Der neue Heilige soll lächelnd geantwortet haben: „Mein Kind, ein Kardinal ist von dieser Welt, also irdisch; ein Heiliger ist im Himmel, also himmlisch.“
Seligsprechung durch Benedikt XVI.
Der deutsche Papst Benedikt XVI. sah in Newman einen Geistesverwandten, der die Gottesfrage mit derselben Dringlichkeit stellte wie der Theologe Joseph Ratzinger. Benedikt ließ es sich daher nicht nehmen, den britischen Wahrheitssucher 2010 bei einem Besuch in Großbritannien seligzusprechen.
Der Wahlspruch des 1890 verstorbenen und nun heiliggesprochenen Kardinals lautete: „Cor ad Cor Loquitur“ – das Herz spricht zum Herzen. Die katholische Kirche ist sich sicher, dass das Herz Newmans in Gott ruht.
(vatican news - divers)
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