Vatikankonferenz gegen Menschenhandel: Kein Land kann allein Erfolg haben
Ines Schaberger und Teresa Roelcke - Vatikanstadt
Das Pausenglöckchen klingelt - die etwa 50 Juristinnen aus Afrika sammeln sich wieder im Konferenzsaal der päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Es sind Richterinnen und Staatsanwältinnen, die sich hier auf Einladung des Papstes treffen, um sich über Menschenhandel auszutauschen.
Die hölzernen Sitzreihen im Saal der Casina Pio IV, die im 16. Jahrhundert gebaut wurde und heute Sitz der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften ist, füllen sich nun mit den wohlfrisierten Damen in Businessanzügen oder eleganten Kleidern, die in den Augen einer europäischen Betrachterin mit afrikanischen Mustern bedruckt sind.
Dem Papst liegt das Thema am Herzen
Das Thema ist ernst und liegt auch dem Papst erklärtermaßen sehr am Herzen: Die Armut in Afrika bringt gravierende Verstöße gegen die Menschenrechte hervor. Zu unterschiedlichsten Zwecken werden Menschen verkauft und transportiert. Frauen und Kinder sind besonders betroffen. Vivian Solomon ist Richterin am Obersten Gerichtshofs von Sierra Leone. Sie berichtet, dass die Kinder nach ihrem Verkauf als Haussklaven arbeiten müssen, in der Landwirtschaft oder in Minen. Viele müssen sich prostituieren – in Sierra Leone steigt außerdem die Zahl der jungen Frauen, die als Leihmütter missbraucht werden.
Kinder aus ländlichen Gegenden kommen dabei in größere Städte, von dort auch in andere westafrikanische Länder und manche anschließend nach Europa. Ein Problem ist, dass Grenzkontrolleure die Augen vor solchen Verbrechen verschließen, wie Vivian Solomon sagt:
„Wir brauchen ein Gesetz, dass es verbietet, ein fremdes Kind ohne Dokumente über eine Landesgrenze zu bringen. Wenn du in die USA einreist und ein fremdes Kind dabei hast, wird man dich fragen: „Wem gehört dieses Kind?“ Wir (in Sierra Leone) stellen keine Fragen! Wir nehmen einfach an, dass es das Kind deines Bruders, deiner Schwester oder deiner Tante ist. Wir sollten Fragen stellen, um sofort alarmieren zu können, wenn Menschenhandel stattfindet.“
Anklagen wegen illegalen Grenzübertritts
Die Problemlage ist komplex: Annah Mothiba, Richterin am Industriegericht von Botswana, berichtet, dass Opfer von Menschenhandel anschließend oft auch durch Gerichte Probleme bekämen. Ihnen drohe Strafverfolgung wegen illegalen Grenzübertritts, als illegale Migranten. Dabei seien sie ja Opfer - von Schmuggel, aber damit gehen häufig auch andere Menschenrechtsverstöße wie Folter einher.
Priscilla Kedibone Israel ist Staatsanwältin in Botswana und wurde 2016 zum Berichterstattungsheldin über Menschenrechtsverletzungen ernannt. Sie weist darauf hin, dass die Problemlage noch komplizierter werden kann: wenn die Opfer von Menschenhandel sich in ihre Schmuggler verlieben. Das nennt man Stockholm-Syndrom.
Priscilla Kedibone Israel erzählt, dass manche Menschenhändler diese Situation ausnutzen – und ihr Opfer schwängern, in der Hoffnung, dass sie sich selbst so vor Strafverfolgung schützen können.
Internationale Kooperation ist wichtig
Mit der Konferenz schafft die päpstliche Akademie der Wissenschaften die Möglichkeit, dass sich die weiblichen Kämpferinnen gegen den Menschenhandel aus ganz Afrika austauschen und ihre Erfahrungen abgleichen können – und eine transnationale Perspektive ist nötig. Diese Forderung wird immer wieder laut:
„Internationale Kooperation ist wichtig. Warum? Weil es unterschiedliche Gerichtssysteme gibt. Kein Land kann alleine erfolgreich sein im Kampf gegen Menschenhandel,“ sagt auch Richterin Christiana Fomenky, die für die Vereinten Nationen im Senegal in der Kriminalitätsbekämpfung arbeitet.
(vaticannews)
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