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Anlässlich der Öffnung der Vatikanarchive zu Papst Pius XII. informierte  Johan Ickx, Archivar des vatikanischen Staatssekretariats, die Presse am Donnerstag im vatikanischen Presseamt Anlässlich der Öffnung der Vatikanarchive zu Papst Pius XII. informierte Johan Ickx, Archivar des vatikanischen Staatssekretariats, die Presse am Donnerstag im vatikanischen Presseamt 

Vatikanarchivar: Bild von Papst Pius XII. könnte sich ändern

Viele Fachleute der historischen Zunft können den 2. März kaum erwarten: Dann öffnet der Vatikan die Archive zu Papst Pius XII. (1939-1958) Die Hoffnung ist, so unter anderem neue Erkenntnisse zur Rolle des Papstes und des Vatikans während der Zeit des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust zu gewinnen. Johan Ickx, Archivar des vatikanischen Staatssekretariats, schließt nicht aus, dass sich für einige das Bild des Papstes durch die Archivöffnung ändern könnte.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Am 2 März, zum 81. Jahrestag der Papstwahl Pius' XII., werden die Vatikanarchive zu seiner Amtszeit für die Forschung geöffnet. Johan Ickx, Archivar des vatikanischen Staatssekretariats, ist an den Vorbereitungen beteiligt. Er stellte sich am Donnerstag im vatikanischen Pressesaal den Fragen der Medienleute. Ickx sagte, mit schnellen Forschungsergebnissen sei aufgrund der schieren Materialmenge nicht zu rechnen:

Mehr als eine Million Dokumente

„Sie können sich das vorstellen, wenn wir nur sagen, dass wir eine Million dreihunderttausend Dokumente haben, und es ist noch nicht fertig... Für das ganze Pontifikat werden wir über zwei Millionen Dokumente haben. Das ist dann nicht nur die NS-Zeit, es umfasst auch 1948, 1955, den Beginn des kalten Krieges, die Lage mit Russland, die sich die ganze Zeit ändert, das ist alles sehr interessant. Wir werden sehen, wie der Heilige Stuhl damit umgegangen ist. Ich glaube, jemand, der das richtig studieren will, muss das ein, zwei Jahre sehr gründlich tun, um es zu verstehen.“

„Jemand, der das richtig studieren will, muss doch ein, zwei Jahre fast über unseren Akten sitzen, um es zu verstehen“

Zu dem Vorschlag, das Seligsprechungsverfahren für Pius XII. zu stoppen, bis die Archivmaterialien ausgewertet sind, sagte Ickx, das müssten andere beurteilen, er habe dazu wenig zu sagen. Der Belgier hält aber durchaus für möglich, dass sich durch die neuen Forschungen – für den ein oder anderen – das öffentliche Bild von Papst Pius XII.  ändern könnte:

Eigentlich sollte man mit einem neutralen Bild anfangen ...

„Das könnte sich ergeben. Eigentlich sollte man immer mit einem neutralen Bild anfangen, aber das ist nicht mehr möglich bei diesem Papst, weil wir wissen, dass er von der Geschichte schwer beladen ist und von Geheimdienstaktionen auch, nach dem Krieg. Aber da könnte sich etwas ändern - ich glaube schon.“

„Da könnte sich etwas ändern. Warum nicht, ich glaube schon.“

Was ihn selbst angeht, sagte der Archivar, er habe schon jetzt ein anderes Bild von Pius XII. als „das, was normal propagiert wird“ und was er in vielen Beiträgen lese. Als konkretes Beispiel verweist Ickx  auf die Ostpolitik des Heiligen Stuhles:

Öffnung des Vatikan-Archivs zur Zeit Pius XII.'

Pius XII. und die geheime Ostpolitik

„Man sagt immer, Pius XII. hat sich mit dem Bolschewismus nicht mehr auseinandersetzen wollen, er hat sich verweigert. Ich habe schon publiziert, dass das nicht wahr ist. Es gab Aktionen nach dem Krieg, mit Jesuiten über Ungarn, gemeinsam mit dem Politbüro. Das ist eine geheime Ostpolitik, aber sie war da. Und vielleicht finden wir noch viel mehr. Ich habe bisher nur das in den ungarischen Archiven gefunden, aber wer weiß, was in den Archiven von Polen, Bulgarien, der Slowakei und so weiter ist.“

Was sich also noch alles an Material zu Pius XII. findet, eventuell auch in anderen Archiven, lässt sich so noch gar nicht genau sagen. Sicher ist, dass allein in den vatikanischen Archiven viel Material auf die Forscher wartet. Der Archivar des vatikanischen Staatssekretariats rechnet mit einem großen Ansturm, wenn der Vatikan am 2. März seine Archive zu Pius XII. für die Forschung öffnet:

Trotz Forscheransturm kann der Archivar in Urlaub

„Wir haben mehr als 600 Leute, die Eintrittskarten haben. Für dieses Jahr haben wir ungefähr 100 Leute, die einen aktiven Eintritt haben. Ich erwarte, dass sich von diesen am 2. März viele anmelden. Es können nur 20 Leute pro Tag rein. Aber der Vorteil ist, und das haben viele Leute noch nicht verstanden, mit der Digitalisierung geht es viel schneller. Man muss nicht mehr warten um eine Anfrage zu stellen, der Archivar ist auch weg – den kann man sogar in Urlaub schicken, weil das System total unabhängig ist von uns. Wenn man einmal im Saal sitzt, ist man frei, die eine oder die zwei Millionen Dokumente einzusehen, welche immer man will.“

Laut Ickx sind von den mehr als zwei Millionen Dokumenten allein im Archiv des Staatssekretariats zum Pontifikat von Pius XII. bisher 1,3 Millionen digitalisiert und teils verschlagwortet worden. Darunter auch die Korrespondenz während der Kriegszeit zwischen dem Vatikan und der Nuntiatur in Berlin sowie mit dem deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl. 

(vatican news - sst)

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20. Februar 2020, 15:28