Künstliche Intelligenz: Risiken und Nebenwirkungen studieren
Welche Herausforderungen damit verbunden sind, haben die Teilnehmer der Konferenz beraten. Darunter war auch der in München dozierende Medienethik-Professor Alexander Filipovic. Wir sprachen an diesem Freitag mit ihm.
VN: Herr Filipovic, Sie haben in diesen Tagen hier im Vatikan an dieser großen Konferenz der Päpstlichen Akademie für das Leben teilgenommen. Da ging es um Künstliche Intelligenz (KI). Was nehmen Sie aus dieser Erfahrung mit internationalen Experten mit?
Filipovic: Da sind Punkte, die unser Leben heutzutage stark beeinflussen, und ich finde es gut, dass die Akademie sich damit beschäftigt! Auch bin ich froh, einen Beitrag geleistet zu haben. Interessant ist, dass auf der ganzen Welt die Menschen anfangen, klug über KI zu reden, also nicht mehr die übertriebenen Hoffnungen aufzuspießen, sondern die ganz konkreten Problemen anzupacken. Das war jetzt bei dieser Konferenz vor allen Dingen eine allgemeine ethische Grundfrage aus theologischer Sicht, aber auch, wie man das Recht regulieren kann - und was künstliche Intelligenz im Gesundheitssektor bewirken kann.
VN: Im Redemanuskript des Papstes, das verlesen wurde, geht es um die ethische Dimension, also genau über das, was Sie in ihrem Beitrag angesprochen haben. Wie kann denn Ihrer Meinung nach die Kirche einen Beitrag auf diesem Feld leisten?
Filipovic: Was Künstliche Intelligenz betrifft, so kann sie auf jeden Fall einen Beitrag leisten! Ich glaube aber, dass die wesentliche Aufgabe der Kirche in diesem Bereich der Dialog ist, und diesen Dialog am Laufen zu halten. Dazu braucht es eine Perspektive des Glaubens, der mitfühlend und mitdenkend auf die Welt guckt, also die Zeichen der Zeit ernstnimmt und versucht, sie im Licht des Evangeliums zu deuten. Ich glaube, dass diese neue Art von Technologie, die mit Daten, Algorithmen und künstlicher Intelligenz zu tun hat, ein wirkliches Zeichen der Zeit ist, und so habe ich den Papst auch verstanden. Ich glaube, das waren auch die Ziele der Wortmeldungen auf der Konferenz.
Sie betreffen unser Verständnis des Christentums und des Menschen. Es ist das Verständnis von Schöpfung und von der Vollendung und dem Heil. Was die Technik an sich betrifft, so sind das natürlich andere Geschichten. Aber wir können unsere Ideen in diese Diskurse einbringen, und ich glaube, damit kann man auch lernen.
VN: Wenn man an internationale Persönlichkeiten denkt, die über dieses Thema der Künstlichen Intelligenz nachgedacht haben, so gibt es doch zwei Extreme. Ich denke an Stephen Hawking, der sagte, dass mit der Künstlichen Intelligenz das Ende der Menschheit erfolgen werde. Andere hingegen setzen eine große Hoffnung in KI, und zwar als Entlastung für Menschen und vielleicht sogar als Hilfe für arme Menschen. Liegt vielleicht die Wahrheit in der Mitte dieser Extreme?
Filipovic: Ich befinde mich da in der Tat in der Mitte. Ich glaube, dass eine allgemeine Künstliche Intelligenz, vielleicht sogar mit Bewusstsein, wirklich noch lange nicht erfunden oder realisiert werden kann. Und wenn das passiert, dann haben wir tatsächlich interessante Probleme. Zum Beispiel: Wenn wir ein intelligentes Systeme mit Bewusstsein hätten, dann könnten wir es nicht abschalten, weil ein Bewusstsein selbstverständlich Rechte hat. Aber das sind Dinge, die erst in vielleicht 100 oder 150 Jahren notwendig sind. Solange wir es mit schwacher Künstlicher Intelligenz zu tun haben, sind die Probleme kleiner... was nicht heißt, dass wir keine ethischen Probleme hätten. Wir haben durchaus eine starke ethische Herausforderung.
VN: Wir kennen heute alle die sogenannten Algorithmen, wissen aber nicht, ob das etwas Gutes oder Schlechtes, etwas Gefährliches oder doch Harmloses ist. Inwieweit haben Algorithmen in unserem Alltag einen Einfluss? Und was soll die Kirche dazu sagen?
Filipovic: Wir sind im täglichen Leben durchwirkt von Algorithmen. Es gibt eigentlich für jede heutzutage im gesellschaftlichen Leben bedeutende Handlung ein Tor, durch das ein Algorithmus wirkt. Zum Beispiel, wenn wir ein Ticket kaufen oder wenn wir ein Buch online kaufen. Dann wird das, was bei uns vorher passiert ist, als Vorschlag unterbreitet - oder wenn wir zuvor einen Suchalgorithmus benutzt haben. Man spricht da auch von der „Generation A“, also von der „Generation Algorithmus“.
Das Interview führte Mario Galgano.
(vatican news)
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