Vatikan: Corona-Pandemie verschärft prekäre Lage der Seeleute
Auch in der Corona-Pandemie würden Schiffe unter erschwerten Bedingungen und erhöhter Gefahr rund 90 Prozent aller wichtigen Produkte transportieren - etwa Medikamente und medizinische Geräte, betont Kardinal Turkson in seiner Botschaft, die der Vatikan diesen Sonntag veröffentlichte. Der aus Ghana stammende Kardinal ist beim Vatikan unter anderem für das Thema Seefahrer-Seelsorge zuständig. Er nutzt den „Sonntag des Meeres“, um eindringlich auf die heikle Lage von Seeleuten hinzuweisen:
„Die Schifffahrtindustrie hat trotz allem weiter gearbeitet und die Seeleute vor viele neue Herausforderungen gestellt, die zu deren ohnehin schon problematischen Lebensbedingungen hinzukommen: Nun sind sie auch im Kampf gegen das Virus an der Front.“
Schiffe als „Brutkästen für Covid-19"
Ganze Schiffe seien zu „Brutkästen für Covid-19“ geworden. Die Pandemie habe unter Seefahrern und Passagieren viele Opfer gefordert und die bereits prekäre Lage sowie die Zukunftsängste der Seeleute noch verstärkt, so Turkson. Waren Seefahrer schon immer lange Zeit fern ihrer Heimat und Familien, so verschärften Hafenschließungen und Quarantäne-Verordnungen nun die Distanz in „nie dagewesener Weise“. Tausende Seeleute weltweit seien fernab ihrer Lieben gestrandet, viele von ihnen hätten aufgrund finanzieller Not betteln müssen - etwa, um etwas zu Essen und Seife zu haben, oder Handykarten für den Kontakt zur Familie.
Einsamkeit, Stress und Zukunfssorgen
„Weil es oft unmöglich ist, an Land zu gehen und Hafengang sowie Besuche an Bord eingeschränkt sind, leiden die Seeleute auf dem Schiff unter Einsamkeit und schwerem körperlichen wie psychischen Stress. Das treibt viele in der Mannschaft an den Rand der Verzweiflung, sogar so weit, dass es leider auch Selbsttötungen gibt.“
Mit diesen eindringlichen Worten beschreibt Kardinal Turkson in seiner Botschaft zum „Sonntag des Meeres“ die Not vieler Seefahrer in Zeiten der Corona-Pandemie. Und wer auf See erkranke, egal woran, der bekomme nun noch weniger Hilfe, als sonst: Oft würden dringende Behandlungen verweigert, bis sich der Zustand der Kranken so sehr verschlechtert habe, dass sie auf Bahren von Bord getragen werden müssen, prangert der Vatikan-Seefahrerbeauftragte an. Auf die Lage von auf Rettungsschiffen blockierten Migranten geht er nicht explizit ein. Was Piraterie angeht, hat sich die Lage auf See verschärft: Angriffe stiegen in den ersten drei Monaten des Jahres um 24 Prozent, so Turkson. Und damit nicht genug:
„Für viele heißt das: Kompletten Lohnausfall und damit auch keine Möglichkeit mehr, ihrer gesellschaftlichen und familiären Verantwortung gerecht zu werden – sei es beim Zahlen von Rechnungen oder der Ausbildung, oder einer Garantie des Wohls ihrer Lieben“, gibt Kardinal Turkson zu bedenken.
Mehr Solidarität mit Seeleuten
Zum „Sonntag des Meeres“ ruft er daher alle Menschen - und besonders die Christen – zu Solidarität auf:
„So sollten wir uns gegenüber diesen Seeleuten verhalten, die nicht nur arm dran sind, weil sie ihr Leben ständig Gefahren aussetzen, sondern dies auch tun, um den Fluss eines gesunden weltweiten Warenaustauschs zu garantieren. Sie verdienen daher unsere Achtung und unseren Dank.“
Die Seefahrer-Seelsorge sei immer an ihrer Seite und werde sich gegen Diskriminierung und für ihre Rechte einsetzen, versichert Turkson allen Seeleuten in seiner Botschaft zum diesjährigen „Sonntag des Meeres“.
Papst Franziskus hatte im Juni per Videobotschaft auf die besondere Lage von Seefahrern in der Corona-Pandemie hingewiesen und ihnen Mut gemacht.
Hintergrund
Der „Sonntag des Meeres“ geht auf eine Initiative der katholischen, anglikanischen und freikirchlichen Seefahrerseelsorge aus dem Jahr 1975 zurück. Der Gedenktag wird immer am zweiten Sonntag im Juli begangen, um an das Schicksal von Seeleuten und Fischern zu erinnern. Dieses Jahr sind aufgrund der Corona-Pandemie auch Ausweichtermine möglich.
Das Apostolat des Meeres, „Stella Maris“, hätte dieses Jahr im Oktober eigentlich sein 100. Jubiläum beim Weltkongress in Glasgow, Schottland, begangen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Feierlichkeiten auf 2021 verschoben.
Kardinal Turkson steht an der Spitze des vatikanischen „Entwicklungsministeriums“, das offiziell Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen heißt.
(vatican news - sst)
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