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111 Bibelstellen, die man kennen muss

Es ist das Buch der Bücher: die Bibel. Etwa 2.000 Jahre alt und noch immer brandaktuell. Der Autor Andreas Malessa hat 111 Stellen herausgesucht und einen ganz konkreten Bezug zum Alltag hergestellt.

DOMRADIO.DE: Wie schwer war es, aus der dicken Bibel 111 Texte rauszupicken? 

Andreas Malessa (Buchautor): Überhaupt nicht schwer, wenn man den Ansatz hat: Du kommst auch drin vor. Also, warum beschäftige ich mich eigentlich schon ein Leben lang mit der Bibel? Weil ihr nichts Menschliches fremd ist und wir uns in ihr wiederfinden. Also, wenn Sie mal überlegen: Sex and Crime bei David und Bathseba; Berufung des David; Karriere machen wie Joseph, dann im Knast landen. Aus dem Knast wieder in den Palast - also Selbstwertgefühl, Beziehungskisten, Lea, Rahel und Jakob kriegt die falsche Frau ins Bett. Das sind doch alles Geschichten, die das Leben schreibt. Und mein Ansatz war einfach, auszuwählen nach dem Prinzip: Was sind Geschichten? Die Schriftstellerin Ricarda Huch hat mal gesagt: In der Bibel stehen uralte Geschichten, die jeden Tag passieren. Und ich fange bei meinen Kurzauslegungen oder Anwendungen dieser Geschichten immer beim Hörer oder bei der Hörerin, beim Leser, bei der Leserin an. 

Hier hören Sie das Interview mit Andreas Malessa (Buchautor)

Uralte Geschichten, die jeden Tag passieren

DOMRADIO.DE: Aber Sie mussten sich ja erst mal ein Überblick verschaffen, was letztendlich in Frage kommt. Da muss man sich ja dann schon erst mal reinknien. 

Malessa: Ja, das hat ja der Emons-Verlag dankenswerterweise mit der Deutschen Bibelgesellschaft gemacht. Die haben die Auswahl vorgenommen. Also die Klassiker, wie das Magnificat der Maria, ihr Lobgesang, als sie hört, dass sie schwanger ist. Oder natürlich die Schöpfungsgeschichte, Noah und der Regenbogen. Und die Auferstehung, jetzt zu Ostern natürlich. Die klassischen Texte kommen vor. Es kommen aber auch - bei 111 ist das möglich - viele Seitenfiguren der Bibel vor, die viele Leserinnen und Leser vielleicht noch gar nicht kennen, die aber unglaublich aufschlussreich sind über die Psychologie des Menschen und unser Verhalten. 

Wer beneidet denn wen?

DOMRADIO.DE: Haben Sie da ein Beispiel?

Malessa: Nehmen wir zum Beispiel Rebecca, die Mutter des Jakob. Sie zieht die Strippen, weil sie ihren verhätschelten Jüngsten bevorteilen will. Der wird von seinen Brüdern beneidet - bis hin zum Mordversuch - und als Sklave verkauft. Wenn man die Geschwister-Folge beim 70. Geburtstag von Oma am Kaffeetisch mal durchgeht: Wer beneidet denn wen? Wer hat es denn am weitesten gebracht? Oder zum Beispiel die Frage: Wie glaubwürdig sind Aussagen hysterischer Frauen vor Gericht? Die wurden damals, im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gar nicht justiziabel zu den Akten genommen. Wenn also die Auferstehung Jesu nur ein Bluff der Jünger gewesen wäre, dann wäre es das Dümmste, was sie hätten machen können, ausgerechnet zwei Frauen als Kronzeugen zu benennen. Das heißt, Maria Magdalena am Grab ist für mich ein großes Indiz für die Tatsächlichkeit der Auferstehung. Oder zum Beispiel aus unserem heutigen Alltag: Da gibt es vier Freunde, die decken ein Dach ab. Das nennt man Hausfriedensbruch und Vandalismus - jedenfalls im Häuslebauer-Land Schwaben, wo ich lebe - um einen Gelähmten herabzulassen, um ihn zu Jesus zu bringen. Und da stellt sich doch die Frage: Hätte ich vier Freunde, die mich tragen, hätte ich vier Freunde, die alles für mich unternehmen und bereit sind, mir zu helfen? Da sind wir mitten bei Diakonie und Pflege und Caritas et cetera. Ich bin dauernd über sehr aktuelle Texte in der Bibel gestolpert. 

Als Gott den Mann schuf, übte sie erst...

DOMRADIO.DE: Sie verbinden tatsächlich aktuelle Fragen und Themen mit den Bibelstellen, die Sie uns dann eben näher bringen wollen. Was hat für Sie denn diese Auseinandersetzung mit der Bibel gebracht? 

Malessa: Ganz ehrlich? Wie erkannt ich bin, wie ich da beschrieben, in wie vielen Figuren ich mich wiederfinde, als Mann und Mensch und Ehemann und Vater. Und inzwischen seit ein paar Jahren auch schon Opa - mit großer Freude. Aber welche Verantwortung ich im Leben habe, wie viel Freiheiten ich auch habe, wie viel Geschlechtergerechtigkeit trotz der patriarchal-antiken Verhältnisse der erzählten Geschichten es bereits gibt. Sie wissen ja, Genesis, Kapitel 1: Als Gott den Mann schuf, übte sie erst. Das hat mich gepackt, und da finde ich mich wieder. Und ich glaube auch, dass es zu einer echten Gottesbegegnung werden kann, wenn man sich auf diese Texte einlässt. Und lang sind sie ja nicht. Wir haben uns bemüht, immer nur so fünf, sechs Verse, also die Kerngeschichte herauszuschälen. Und meine Texte selber sind ja jeweils nur eine Seite lang und nicht salbungsvoll im Andachtsstil, sondern reportagig, journalistisch. 

„Du bist ein Mensch, der bei Gott in guten Händen ist“

DOMRADIO.DE: Zielgruppe sind ja wahrscheinlich eher die Menschen, die sich nicht so häufig mit der Bibel beschäftigen, weil sie ja doch eher locker wie wir alle hören, an die Sache herangehen. Aber was kann denn auch der erfahrene Bibelleser vielleicht dann doch noch lernen? 

Malessa: Er kann lernen, was es heißt, in Freiheit und Verantwortung als Mensch sich menschlich zu verhalten. Er kann lernen, was es konkret bedeutet, wenn die Kirche sagt: Gott liebt dich, hat dich angenommen, dir die Schuld vergeben. Du bist ein Mensch, der bei Gott in guten Händen ist sozusagen, und zwar von der Zeugung bis zum letzten Schnaufer. Man kann sich selbst begegnen und Gott begegnen beim Bibellesen. Und deswegen empfehle ich das auch.

(domradio - mg)

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06. April 2021, 11:31