Petersplatz, leer: eine Szene aus dem Vorjahr Petersplatz, leer: eine Szene aus dem Vorjahr 

Vatikan blickt auf schwieriges Wirtschaftsjahr zurück

Das Minus ist etwas weniger hoch als befürchtet, dennoch fällt die Wirtschaftsbilanz des Heiligen Stuhles für das Coronajahr 2020 ernüchternd aus. Trotz der Einbußen allerdings verstärkte der Vatikan seine Hilfen für die Kirchen in armen Ländern, die besonders an der Pandemie litten. Das sagte Wirtschaftspräfekt Juan Antonio Guerrero Alves im Gespräch mit unserem Chefredakteur Andrea Tornielli.

Andrea Tornielli und Gudrun Sailer - Vatikanstadt

„Die gute Nachricht ist, dass dank der unternommenen Anstrengungen die Ergebnisse sehr nahe an denen eines normalen Jahres liegen“, erklärte der spanische Jesuit, den Papst Franziskus 2019 zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats und damit obersten Finanzchef der Kurie bestellte. Das ordentliche Defizit sei um 14,4 Millionen Euro niedriger als im Vorjahr - 64,8 Millionen Euro im Jahr 2020 gegenüber 79,2 Millionen Euro im Jahr 2019.

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Deutliche Einbrüche verzeichnete der Heilige Stuhl bei den Finanzanlagen mit einem Minus von 51,8 Millionen Euro. Auch das außerordentliche Ergebnis war um 17,8 Millionen Euro niedriger, gab Guerrero an. Zum Vergleich: Das Defizit von 2019 belief sich auf 11,1 Millionen Euro, jenes im Corona-Jahr 2020 auf 66,3 Millionen Euro. Guerrero stellte klar, dass diese Zahlen ausschließlich den Heiligen Stuhl – die Römische Kurie – betreffen. Eigene Bilanzen haben der Vatikanstaat, das Geldinstitut IOR, verschiedene vatikanische Stiftungen, Krankenhäuser, der Pensionsfonds, der Gesundheitsdienst und andere. „Wenn wir alle Einrichtungen zusammenfassen würden, wäre das Bild noch etwas schlechter, weil die Einrichtungen des Heiligen Stuhls nicht gewinnorientiert sind", erklärte Guerrero. „Viele fahren Verluste ein, weil sie Dienstleistungen anbieten, die nicht voll finanziert sind.“

„...weil die Einrichtungen des Heiligen Stuhls nicht gewinnorientiert sind“

Die einzelnen Behörden der Kurie hätten während der Coronakrise 2020 „verantwortungsvoll gehandelt“, indem sie die Ausgaben drosselten. Zugleich haben einige Kurienbehörden ihre Zuwendungen für arme Kirchen aufgestockt, etwa die Missionskongregation und die Ostkirchenkongregation. Die päpstliche Entwicklungsbehörde sei dabei so weit gegangen, ihr Vermögen anzutasten, erklärte Guerrero.

Auch beim Peterspfennig, der Spende von Gläubigen weltweit zugunsten der Sendung des Papstes, tat sich eine Negativ-Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben aus. 44 Millionen Euro an Spenden kamen im Zug des Peterspfennigs letztes Jahr herein, aber 62 Millionen wurden ausgegeben. Davon flossen nach Angaben Guerreros 12 Millionen Euro direkt in Projekte in arme Länder. Die 18 Millionen Differenz beim Peterspfennig habe man durch einen Rückgriff auf vorhandenes Vermögen ausgeglichen. Fast unverändert blieben im Corona-Jahr die übrigen Spenden und Zuwendungen, unter anderem der Diözesen, an den Heiligen Stuhl. Insgesamt haben sich die Einnahmen des Heiligen Stuhles im Coronajahr 2020 um 58,5 Millionen Euro verringert, sagte Guerrero. Er führte dies auf den Rückgang von Besuchern und die allgemeine wirtschaftliche Weltlage zurück.

Hohe Lernkurve in der Covid-Krise

Alles in allem habe die Covid-Krise dem Vatikan dabei geholfen, sich auf die laufende Kurienreform einzustellen, so der Präfekt in dem Interview. Die Behörden des Heiligen Stuhles hätten ihre Mängel besser erkannt und mögliche Verbesserungen identifiziert. Man habe auch „die Schwäche der Entscheidungsprozesse“ im Vatikan gesehen, was aber letztlich zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Kurieneinheiten mit Verantwortung für wirtschaftliche Angelegenheiten geführt habe. Guerrero erwähnte an diesem Punkt einen neuen „IT-Dienst zur Zentralisierung von Daten", der derzeit eingeführt wird.

Der Peterspfennig – der bisher nicht Teil der konsolidierten Jahresabschlüsse des Heiligen Stuhles war – hat schon in den Jahren vor Covid weniger Spendengelder eingebracht, wie der Wirtschaftspräfekt einräumte. Zwischen 2015 und 2019 seien die Spenden beim Peterspfennig um 23 Prozent gesunken, im Covid-Jahr 2020 dann um 18 Prozent. Guerrero deutete an, dass er diesen Rückgang im Zusammenhang mit einem Glaubwürdigkeitsverlust des Vatikans für wirtschaftliche Angelegenheiten sieht: „Ich hoffe, dass die Schritte hin zu einem besseren Management, einer wirksameren Kontrolle und einer größeren Transparenz dazu beitragen werden, die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen".

„Ich hoffe, dass die Schritte dazu beitragen werden, die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“

Der Präfekt äußerte sich auch zu den bevorstehenden vatikanischen Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit einem missglückten Londoner Immobiliengeschäft, das viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt hatte und unter anderem den von Papst Franziskus bestraften Kurienkardinal Angelo Becciu involvierte. Dieses Gerichtsverfahren beziehe sich, sagte Guerrero, auf die Vergangenheit. „Fehler kann es immer geben, aber heute sehe ich nicht, wie sich die Ereignisse der Vergangenheit wiederholen können... Die Tatsache, dass dieser Prozess stattfindet, bedeutet, dass einige interne Kontrollen funktioniert haben: Die Anschuldigungen kamen aus dem Inneren des Vatikans. Seit einigen Jahren gehen die getroffenen Maßnahmen in die richtige Richtung. Schon mit Benedikt XVI. hat die AIF begonnen, heute die ASIF; und Papst Franziskus hat weitergemacht.“ Das jüngste Motu Proprio von Papst Franziskus zu wirtschaftlichen Fragen habe die vatikanische Wirtschaft noch transparenter gestaltet, und der Expertenausschuss des Europarates für die Bewertung von Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Moneyval habe „die Fortschritte anerkannt".

Die Londoner Luxusimmobilie steht zum Verkauf

Als Folge des Londoner Immobiliengeschäfts entzog der Papst dem Staatssekretariat seine Kasse und übergab sie der Güterverwaltung APSA. Diese Mittel seien bereits Teil des ordentlichen Haushalts des Heiligen Stuhls und würden nächstes Jahr – so wie der Peterspfennig – im Jahresabschluss des Heiligen Stuhles aufscheinen, sagte Guerrero. Mit Blick auf die rufschädigenden Effekte des Londoner Geschäftes fügte er hinzu, der Verkauf der Immobilie sei in Vorbereitung, „und rechtliche Schritte sind gegen diejenigen eingeleitet, die unserer Meinung nach die Interessen des Heiligen Stuhls geschädigt haben“.

Einsparungen allenthalben - aber keine Entlassungen

Guerrero verwies nochmals auf die Einsparungen, die der Heilige Stuhl sich 2020 verordnete. Alle Ausgabeposten seien verringert worden, Reisen und Veranstaltungen etwa um 75 Prozent. Wartungsarbeiten wurden verschoben, auch die Nuntiaturen – die diplomatischen Niederlassungen des Heiligen Stuhles in aller Welt - schnallten den Gürtel enger und reduzierten ihre Ausgaben um vier Millionen Euro. Beratungsleistungen wurden um 19 Prozent heruntergefahren, was laut Guerrero 1,6 Millionen Euro entspricht. Das Führungspersonal beim Heiligen Stuhl musste empfindliche Gehaltskürzungen hinnehmen, die breite Masse der Angestellten erhalten für zwei Jahre keine automatischen Gehaltsvorrückungen. „Um die wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu gewährleisten und gleichzeitig die berechtigte Entscheidung des Papstes, kein Personal zu entlassen, beizubehalten und eine größere Motivation unter den Mitarbeitern zu erzeugen, wäre es sinnvoll, einen Plan mit einer langfristigen Vision zu machen und eine Arbeitspolitik mit beruflichen Entwicklungs- und Ausbildungsprogrammen zu haben", sagte der Wirtschaftspräfekt.

(vatican news)

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Haushaltsplan des Vatikans
24. Juli 2021, 12:30