Franziskus, Familien und „pastorale Kreativität“
Zum Stefanstag an diesem Sonntag hat Papst Franziskus den Familien einen Brief geschrieben, um ihnen seine Nähe zu versichern. Das gelte auch für Paare, deren Probleme sich in der Pandemiezeit verschärft hätten und die Konflikte durchstünden, welche „nahezu unerträglich“ seien: „Auch diesen Menschen möchte ich meine Verbundenheit und Zuneigung ausdrücken“, so Franziskus in dem Text, der am Sonntag veröffentlicht wurde.
Gabriella Gambino (verheiratet, fünf Kinder) ist „Untersekretärin“ – das ist der drittwichtigste Posten – im vatikanischen Ministerium für Laien, Familien und das Leben. „Was mir vor allem auffällt, ist die Zärtlichkeit von Franziskus‘ Ton“, sagt sie in einem Interview mit uns über den Papstbrief.
„Heute gibt es so viele Familien, die Krisen und Schwierigkeiten aller Art erleben – ihnen wendet der Papst seine Aufmerksamkeit zu. Und er betont die Schönheit des Sakraments der Ehe, auch wenn das für junge Menschen heute so schwer zu verstehen ist. Der Papst tritt wirklich in die alltägliche Dynamik der Familie ein; er nimmt uns fast an die Hand, um uns zu ermutigen und uns das Gefühl zu geben, dass wir auf diesem Weg nicht allein sind.“
Natürlich zeige Franziskus auch in diesem Brief sein „Verständnis für außergewöhnliche Situationen“, so Frau Gambino – aber das bedeute nicht, „das Licht des vollsten Ideals zu verbergen oder weniger als das anzubieten, was Jesus dem Menschen anbietet“.
Der Papst ist am Thema Ehe und Familie von jeher besonders interessiert; er hat ihm zwei Bischofssynoden gewidmet und mit „Amoris laetitia“ von 2016 einen seiner grundlegendsten Texte. Derzeit führt er ein Amoris-laetitia-Themenjahr durch, um seine Anliegen präsent zu halten.
„Generell würde ich sagen, dass die Familienpastoral überall auf der Welt wieder in Gang gekommen ist. Auch unser Büro hat auf Drängen des Heiligen Vaters viele pastorale Instrumente entwickelt, um den Diözesen und Bischofskonferenzen dabei zu helfen, ‚Amoris laetitia‘ in die Tat und in pastorale Kreativität umzusetzen. Dazu wird auch in sechs Monaten ein Welttreffen stattfinden. Ich lade Pfarreien und Gemeinschaften in aller Welt dazu ein, den Brief des Papstes zu lesen und ihn an Ehepaare in der ganzen Welt zu verteilen.“
Pfarreien, Diözesen, Bischofskonferenzen, sogar Schulen und Universitäten haben nach Angaben von Frau Gambino an den Vatikan geschrieben, um von ihren neuen Aktivitäten in der Ehe- und Familien-Seelsorge zu berichten. Da geht es auch um die Begleitung von Ehepaaren in der Krise – oder von Paaren, die sich getrennt haben.
„Es ist ein Prozess pastoraler Kreativität in Gang gekommen, der auch zu einer größeren Gemeinschaft zwischen Seelsorgern und Familien führt. Sie lernen, einander zuzuhören und die Rolle der Familien in der Kirche zu stärken. Da gibt es natürlich auch Hindernisse. Aber überall ist zu spüren, wie versucht wird, zusammen zu gehen und schwierige Situationen zu begleiten – auch solche, die vorher ein wenig beiseitegelassen wurden. Familien sind wirklich ein Gewinn für die Kirche, aber in vielen Zusammenhängen müssen wir noch verstehen, wie wir diese Aussage in die Praxis umsetzen können.“
Nun ist aber derzeit nicht nur ein „Amoris laetitia“-Jahr im Gang, sondern auch ein synodaler Prozess auf Weltebene hat sich in Bewegung gesetzt. Gabriella Gambino glaubt, dass das Familienjahr die Weltsynode inspirieren könnte – etwa mit Fragen wie dieser: „Was kann die Kirche von der Art und Weise lernen, wie Eltern, Kinder und Geschwister versuchen, einander mit ihren Schwächen, Konflikten und unterschiedlichen Standpunkten anzunehmen?“
„In den Familien herrscht eine tiefe Unsicherheit“, sagt eine der hochrangigsten Frauen in der römischen Kurie. „Das ist auf viele Faktoren zurückzuführen, darunter ganz konkrete Faktoren: unsichere Arbeitsplätze zum Beispiel. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, vor allem den jungen Leuten Vertrauen in die Zukunft zu geben. Ihnen zu vermitteln, dass die Ehe wirklich ein Sakrament ist, in dem sie begleitet werden können und das ihnen mehr Stabilität geben kann… Ohne solche Stabilität haben die Menschen Angst, und die Angst hält sie zurück.“
(vatican news – sk)
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