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Licht in der Dunkelheit der Shoah: Die Hefte des Museumsleiters

Mehr als 30 Jahre lang schrieb der Leiter der Vatikanischen Museen, Bartolomeo Nogara, seine Gedanken und täglichen Begegnungen in rund 40 Notizbüchern nieder. „Wir haben die Aufgabe, sie zu bewahren und aufzuwerten“, sagt der jetzige Verantwortliche für das historische Archiv der Museumseinrichtung des Heiligen Stuhls, Marta Bezzini, die die Notizbücher von der Familie Nogaras geschenkt bekommen hat.

Gudrun Sailer und Eugenio Bonanata - Vatikanstadt

Zum ersten Mal werden in einem Film die 41 Notizbücher des Direktors der Vatikanischen Museen, Bartolomeo Nogara, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der von vielen geschätzte Direktor, der die vatikanische Einrichtung von 1920 bis zu seinem Tod 1954 leitete, pflegte seine Gedanken und Sitzungen in Notizbüchern festzuhalten. „Er trug sie immer bei sich“, sagt Marta Bezzini, Leiterin des Historischen Archivs der Vatikanischen Museen, das diese Funde 2018 von der Familie geschenkt bekam.

Nogaras Notizbücher
Nogaras Notizbücher

Veränderungen in den Museen

Nogaras Notizen bieten Einblicke in den Weg der Erneuerung, den die Museen des Heiligen Stuhls in jenen Jahren beschritten hatte, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Verwaltung, sondern auch auf die Konservierung, Katalogisierung und Restaurierung der Kunstwerke. Die Anmerkungen auf den Seiten dieser Notizbücher decken drei Pontifikate ab, jenes von Benedikt VI., von Pius XI. und von Pius XII. „Auf jeder Seite sind die Tätigkeiten des Vormittags von denen des Nachmittags getrennt aufgelistet“, so Bezzini.

Botschafter Bernardino Osio, ein Neffe Bartolomeo Nogaras, weist auf einen weiteren Aspekt hin: „Die Notizbücher zeigen auch Treffen mit Personen, die darum baten, als Museumsaufseher zugelassen zu werden.“ Diese Anfragen häuftensich während des Zweiten Weltkriegs, obwohl sie in Wirklichkeit in den 1930er Jahren begannen, nachdem das Dritte Reich 1933 die ersten Rassengesetze erlassen hatte, die die Entfernung sogenannter nicht-arischer Angestellter aus dem Staatsdienst anordneten.

Die Geschichte von Hermine Speier

So gelangte 1934 als eine der ersten Frauen überhaupt eine deutsche Jüdin an einen Arbeitsplatz im Vatikan. Hermine Speier hatte ihre Stelle am Deutschen Archäologischen Institut in Rom verloren, wo sie seit 1928 tätig gewesen war. Osio weist darauf hin, dass „sie mit dem Einverständnis von Pius XI. als Kuratorin der Fotothek in die Vatikanischen Museen kam". Hermine Speier, die 1939 zum Katholizismus konvertierte, blieb bis zu ihrer Pensionierung 1966 im Vatikan.* Die Zeit der nationalsozialistischen Besatzung Roms 1943/1944 überlebte sie in einem Versteck bei den Benediktinerinnen der Katakombe von Priscilla an der Via Salaria. 

Die Erfassung der Tagebücher wird das Archiv der Vatikanischen Museen einige Zeit beschäftigen, so Marta Bezzini. Man gehe dabei chronologisch vor. „Wir lesen und transkribieren und versuchen, die erwähnten Personen und die wichtigsten Ereignisse zu identifizieren, die über all die Jahre auf den Seiten vermerkt wurden“. Der Schwerpunkt liege nicht nur auf dem Zeitraum 1943-1944, obwohl Bartolomeo Nogara selbst während der Besetzung Roms durch die Nazis mehrmals eingriff, „um verfolgte jüdische Gelehrte und Intellektuelle zu retten“, wie Osio erklärt.

Bemühungen zur Rettung der Juden

Die Kontaktaufnahme mit dem deutschen Botschafter Ernst von Weizsäcker zugunsten des altösterreichischen jüdischen Antiquars Ludwig Pollak blieb erfolglos. Ebenso wenig war für den Akademiker Mario Segre zu erreichen, den das Staatssekretariat in Person von Monsignore Giovanni Battista Montini (der spätere Papst Paul VI.) zu retten versuchte. Pollak und Segre starben in Auschwitz. In anderen Fällen war das Ergebnis jedoch anders. Viele, fügt Osio hinzu, „wurden in die Palatingarde aufgenommen, die damals 1.500 Mitglieder zählte, im Vergleich zu den 300 bis 400 in den Jahren davor“.

Es gibt zahlreiche Episoden, die in Nogaras Schriften erwähnt werden. Osio erinnert sich unter anderem an die Bomben, die im Winter 1943 auf den Vatikan fielen, und an die Angst, dass die deutschen Truppen planten, den Papst zu entführen und nach Deutschland zu bringen. Die Informationen der britischen und amerikanischen Spionagedienste, so erzählt er, „veranlassten Monsignore Montini, sich nachts in die Wohnung des Museumsdirektors zu begeben, um mit ihm, mit Taschenlampen in der Hand, nach einem sicheren Ort im Vatikan zu suchen, an dem Pius XII. versteckt werden konnte“.

*In einer älteren Fassung dieses Textes stand im Rahmen eines wörtlichen Zitats fälschlich, Hermine Speier (1898-1989) sei erst nach dem Krieg konvertiert. Sie empfing die Taufe allerdings bereits am 13. Mai 1939 bei den Benediktinern in S. Anselmo. Ihre Pensionierung als Angestellte der Vatikanischen Museen erfolgte 1966 und nicht in den 1950er-Jahren, wie in der ersten Fassung des Artikels zu lesen war. 

(vatican news)

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29. Januar 2022, 11:57