Papst auf Malta: „Zeichen des Friedens und des Willkommens“
Mit welchem Geist bereitet sich der Papst auf diese Reise vor?
„Sicherlich ist es eine mit Spannung erwartete Reise, denn der Maltabesuch wurde schon einmal verschoben, wegen der Corona-Pandemie, und findet jetzt zugleich im Kontext des Krieges in der Ukraine statt, der dem Heiligen Vater große Sorgen bereitet. Ich nehme daher an, dass er diese Reise mit großen Trauer über die Geschehnisse in der Ukraine antreten wird, wie er es in den letzten Wochen bereits bei vielen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht hat. Er wird sicher seinen Appell wiederholen, die Kämpfe einzustellen, die Waffen zum Schweigen zu bringen und den Dialog fortzusetzen. Denn es sind ja bereits Verhandlungen in Gang, wenn sie auch bislang zu keinem konkreten Ergebnis geführt haben. Es bricht also mit Schmerz und Teilnahme am Leid dieser Bevölkerung auf und mit der Aufforderung, den Krieg zu beenden.“
Das Drama der Mittelmeerflüchtlinge
Malta liegt inmitten der „blauen Wüste“, wie der Papst das Mittelmeer nannte. Ein Friedhof, ein Ort, der an die Dramen der Migration erinnert. Europa tut viel für die ukrainischen Flüchtlinge, aber was kann es noch mehr für diejenigen tun, die das „Mare Nostrum“ auf der Suche nach Hoffnung überqueren?
„Was den echten Wettbewerb der Solidarität für die Flüchtlinge aus der Ukraine betrifft, können wir Gott wirklich danken. Es ist wirklich bewundernswert, was die verschiedenen europäischen Länder für sie tun. Ich hoffe, dass die tragische Erfahrung (des Krieges und der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, Anm.) wirklich dazu beitragen kann, auch für die anderen Migranten aus dem Süden zu sensibilisieren. Mir scheint, hier gibt es keine Alternative zur Zusammenarbeit und zur geteilten Verantwortung aller europäischen Länder für diese ,Last‘. Eine solche Zusammenarbeit braucht es insbesondere zwischen den Ankunfts-, Erstankunfts-, Transit- und Zielländern.
Zuallererst geht es also darum - der Papst hat das oft wiederholt -, Leben auf dem Meer zu retten. Dies kann durch die Ausweitung der Routen für die reguläre Migration erreicht werden. Und dann müssen wir daran arbeiten, dass niemand gezwungen ist, seine Heimat aufgrund von Konflikten, Unsicherheit oder Unterentwicklung zu verlassen. Daher sollten Investitionen in den Herkunftsländern getätigt werden, insbesondere im Hinblick auf wirtschaftliche Entwicklung, politische Stabilität, verantwortungsvolle Staatsführung und Achtung der Menschenrechte. Zugleich sollten wir die vier Verben kombinieren, die der Papst mit Blick auf die Migration genannt hat: aufnehmen, schützen, fördern und integrieren – und dies wirklich gemeinsam tun. Kein Staat kann die Verantwortung allein übernehmen. Wir brauchen ein gemeinsames Engagement, das auch von der Zivilgesellschaft, einschließlich religiöser Gruppen und insbesondere der katholischen Kirche, getragen werden muss.“
Auf den Spuren des Völkerapostels
Nach Griechenland und Zypern kommt der Papst mit Malta nun auf die Insel, wo der Heilige Paulus Schiffbruch erlitt. Eine weitere Etappe in den Fußstapfen des großen Völkerapostels. Wir sind in das zehnte Jahr dieses Pontifikats eingetreten: Welche Bilanz ist zu ziehen, insbesondere mit Blick auf die von Franziskus gewünschte missionarische Kirche, die hinausgeht?
„Mir scheint es bedeutsam, dass die Maltareise des Papstes im zehnten Pontifikatsjahr stattfindet. Denn Malta ist mit der Figur des heiligen Paulus verbunden, der für Evangelisierung schlechthin steht. Und wenn es einen Aspekt gibt, der das Pontifikat von Franziskus nachdrücklich charakterisiert hat, dann ist es genau diese Aufforderung an die Kirche, missionarisch zu werden, immer missionarischer zu werden, allen das Evangelium zu verkünden, in jeder Situation. Dieser missionarische Einsatz weist zwei für den Papst typische Merkmale auf: das Zugehen auf konkrete Menschen und die Begegnung mit ihnen in der jeweiligen Situation, in der sie sich befinden, und das können positive, aber auch negative oder kritische Situationen sein. Natürlich handelt es sich bei seiner Einladung um eine missionarische Bekehrung, und eine Bekehrung braucht Zeit und guten Willen. Aber ich glaube, dass dieser Ruf eine tiefe Wirkung auf das Leben der Kirche hatte und dass deshalb die meisten den Wunsch haben, sich in diese Richtung aufzumachen, um den heutigen Menschen das Evangelium zu verkünden. Und vor allem durch die Verkündigung des Evangeliums Anlass zu geben für das Leben und für Hoffnung – die wir in der heutigen Welt so sehr brauchen.“
Gesellschaftliche Herausforderungen
Papst Franziskus wird der dritte Papst sein, der Malta besucht, ein Land, dessen Kirche mit den typischen Herausforderungen der westlichen Gesellschaften konfrontiert ist. Wie können wir diese Herausforderungen leben, indem wir Identität und Dialog miteinander verbinden?
„Die Kirche in Malta ist mit Problemen konfrontiert, mit denen die Kirche in allen westlichen Ländern zu kämpfen hat. Es gibt eine große religiöse Tradition der Nähe zu den Menschen und ihren Bedürfnissen. Denken wir nur an die vielen Werke der Nächstenliebe auf Malta, die Aufmerksamkeit für die Schwächsten, die Kranken, die Menschen mit Behinderung. Denken wir an den Bildungsbereich. Und denken wir an das Thema Migration und die Aufmerksamkeit der Kirche für dieses Phänomen.
Auf der anderen Seite ist ein gewisser Rückgang der religiösen Praxis und ein Verfall jener christlicher Werte zu beobachten, auf die sich die Gesellschaft gegründet hat. Ich glaube, die Antwort ist das Binom Jünger-Missionar, wie es der Papst vorschlägt. Jünger verweist auf eine Identität, eine starke christliche Identität, die aus einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus und aus der Nachfolge Jesu Christi erwächst. Zugleich ist da diese Offenheit des Missionars, die vor allem in einen Dialog mit der heutigen Welt übersetzt werden muss. Ein Dialog, der gleichzeitig einladend und kritisch ist, der auch die weniger positiven Aspekte unserer Realität und unserer Gesellschaft benennt.
Glaube als Zeugnis
85 Prozent der Bevölkerung Maltas sind katholisch. Der Papst reist auch nach Malta, um zu einer Stärkung des Glaubenslebens dort beizutragen. Was können wir hier hoffen?
„Ich hoffe, dass der Besuch zu einer Bestärkung im Glauben führt und dass dieser Glaube in ein Zeugnis umgesetzt wird – in ein starkes Bewusstsein für die Notwendigkeit, dass die maltesischen Christen ihren Glauben im Sinn der Verkündigung bezeugen. Erinnern wir uns, was Paulus sagte: ,Opportune et importune‘, zu jeder Zeit, in jeder Situation, ob gelegen oder nicht, verkünde ich Jesus Christus, verkünde ich sein Evangelium. Es geht um ein Zeugnis in diesem Sinne – im Sinne der Verkörperung des eigenen Glaubens in Nächstenliebe und eines Annehmens der anderen.“
Die Fragen stellte Massimiliano Menichetti , Vatican News.
(vatican news – pr)
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