Vatikan-Dokument zu Identität und Auftrag katholischer Schulen
„Identität der katholischen Schule - Für eine Kultur des Dialoges“ lautet der Titel des Dokumentes der vatikanischen Bildungskongregation, das auf Ziele und Herausforderungen des katholischen Bildungswesens eingeht. Das Papier wurde auf Spanisch, Portugiesisch, Englisch, Französisch und Italienisch veröffentlicht. Eine deutsche Version liegt zu diesem Zeitpunkt nicht vor.
Katholisches Profil
Von verschiedener Seite sei der Wunsch an den Vatikan herangetragen worden, die katholische Identität von Schulen und Lehreinrichtungen weltweit möge bewusster werden und konsistenter zutage treten, heißt es in dem Papier einleitend. Zugleich habe es im Zusammenhang mit Interpretationen des Konzeptes der katholischen Identität im globalen sowie interkulturell-interreligiösen Kontext mehrfach Konflikte und Beschwerden gegeben. Vor diesem Hintergrund habe die Bildungskongregation die nun veröffentlichten Grundsätze zur Orientierung katholischer Schulen erarbeitet.
Das in drei Teile gegliederte Dokument analysiert den Evangelisierungsauftrag der Kirche (Kapitel 1), benennt Auftrag und Zuständigkeiten aller am Bildungsauftrag beteiligten, die „katholische Identität“ zu fördern und sicherzustellen (Kapitel 2) und analysiert dann einige „kritische Punkte“ (Kapitel 3) im Kontext der heutigen globalisierten und multikulturellen Welt. Die von der Bildungskongregation genannten Grundprinzipien werden in den großen Horizont des vom Papst vorgeschlagenen „globalen Bildungspaktes“ gestellt, der auf der Überzeugung basiert, dass eine starke und im Bereich der Bildung geeinte Kirche ihren Evangelisierungsauftrag erfüllen und zum Aufbau einer geschwisterlicheren Welt beitragen kann.
Kirche als Mutter und Lehrerin
Im ersten Abschnitt des Dokuments wird unter dem Titel „Die katholischen Schulen in der Sendung der Kirche“ die Kirche als „Mutter und Lehrerin“ beschrieben: Ihr pädagogisches Handeln sei kein „philanthropisches Werk“, sondern wesentlicher Teil ihrer Sendung. Die Instruktion erinnert das universelle Recht auf Bildung sowie den allgemeinen Bildungsauftrag von Eltern, Staat und Kirche, in der Evangelisierung und eine ganzheitliche Förderung des Menschen ineinandergreifen. Wesentlich seien weiter eine Aus- und Weiterbildung der Lehrer, die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern sowie zwischen katholischen und nichtkatholischen Schulen. Katholische Schulen sollten „Gemeinschaften“ sein, in denen zu Freiheit, Solidarität und Nächstenliebe erzogen wird und die offen für alle sind, vor allem für die Schwächsten. Erinnert wird auch an die Bedeutung einer „positiven und umsichtigen Sexualerziehung“, um die Schülerinnen und Schüler während ihres Heranwachsens zu unterstützen.
Verwurzelt in evangelischen Grundsätzen soll an katholischen Schulen ein Dialog zwischen Vernunft und Glauben praktiziert werden, um sich - ausgehend vom Glauben an Jesus Christus - der Wahrheit zu öffnen und „eine Antwort auf die tiefsten Fragen der menschlichen Seele zu geben, die nicht nur die immanente Wirklichkeit betreffen“. Besonderes Anliegen katholischer Bildung sei die Befähigung zu einer „Kultur der Fürsorge“. Jeder Einzelne sei dazu aufgerufen, in der Welt „teambasiert, ökologisch, inklusiv und friedensstiftend“ zu wirken. Grundlagen dieser Kultur der Fürsorge sei die Anerkennung der Würde jeder Person, jeder Gemeinschaft, jeder Sprache, jeder ethnischen Gruppe, jeder Religion, jedes Volkes und aller sich daraus ergebenden Grundrechte. „Als wahrer 'Kompass' für die Gesellschaft formt die Kultur der Fürsorge Menschen, die sich dem Zuhören, dem konstruktiven Dialog und dem gegenseitigen Verständnis widmen“, heißt es dazu wörtlich.
Als Lehrkräfte empfiehlt das Papier für katholische Schulen sowohl geweihte als auch Laien-Lehrkräfte, die in fruchtbarem Austausch stehen und sich beständig weiterbilden sollen. Sie sollten mit Leidenschaft und Überzeugung Werte wie Gerechtigkeit und Solidarität und vor allem Dialogfähigkeit vermitteln, eine „Grammatik des Dialoges“, die für den Aufbau einer friedlichen Gesellschaft bedeutsam sei. Katholische Schulen haben hier laut Vatikan einen missionarischen Auftrag - und zwar auch in Ländern mit alter christlicher Tradition, hebt die Instruktion hervor und verweist auf die weltweite Bedeutung von Dialog und Friedensarbeit. Das Zeugnis dieser Schulen solle „sichtbar, unanfechtbar und bewusst“ sein, offenstehen sollten diese Bildungseinrichtungen allen, vor allem den Schwächsten.
Katholische Identität
Im Zweiten Kapitel unter der Überschrift „Verantwortliche für die Förderung und die Überprüfung der katholischen Identität“ wird herausgearbeitet, dass alle am katholischen Bildungswesen Beteiligten auf allen Ebenen auf eine Verwirklichung und einen Schutz der katholischen Identität hinwirken sollen, Schüler wie Eltern, Lehrer wie Direktoren und Leitende. Es wird daran erinnert, dass es eine kirchliche Anerkennung braucht, damit privat oder von einzelnen Laien geführte Schulen sich „katholisch“ nennen dürfen.
Detailliert stellt das Dokument im Folgenden die Kompetenzen des Diözesan- bzw. Eparchial-Bischofs in diesem Zusammenhang dar, der hier eine zentrale Kontrollfunktion ausübt. So prüfe der Bischof neue Schulen, bestätige diese offiziell, auch komme ihm die Ernennung oder Genehmigung von Religionslehrern zu. Auch könne er Lehrer abberufen oder zur Abberufung aufrufen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen nicht mehr gegeben seien. Er solle zugleich einen ständigen Dialog mit allen Lehrkräften fördern.
Der Heilige Stuhl habe „eine subsidiäre Verantwortung für die katholischen Schulen“, wird festgehalten. Über die vatikanische Bildungskongregation und deren Normen für die Leitung katholischer Schulen weltweit garantiere er allgemein, dass „Grundprinzipien des katholischen Bildungswesens, wie sie vom Lehramt der Kirche vorgeschlagen werden, vom Volk Gottes immer mehr vertieft, bekräftigt und bekannt gemacht werden“.
Einige kritische Punkte
Der dritte Teil der Instruktion geht auf verschiedene Herausforderungen und Beschwerden im Zusammenhang mit katholischen Schulen ein. Die Bildungskongregation habe festgestellt, dass in vielen dieser Fälle „eine widersprüchliche Auffassung von der katholischen Identität der Bildungseinrichtungen besteht“, was „häufig auf die nicht immer korrekte Auslegung des Begriffs ,katholisch‘ und auf die mangelnde Klarheit der Zuständigkeiten und Rechtsvorschriften zurückzuführen“ sei.
Die Bildungskongregation warnt in diesem Zusammenhang vor einer reduktionistischen, unscharfen oder zu engen Auslegung des „Katholischen“. „Wesentliche Prinzipien, Dimensionen und Anforderungen des katholischen Glaubens“ dürften nicht ausgeschlossen werden. Ebenso wenig Personen, die keiner engen Auslegung des Katholischen entsprächen: „Dies würde der Verantwortung der Schulgemeinschaft als Ganzes und jedes ihrer Mitglieder widersprechen.“ Katholische Schulen seien keine Inseln, die allein Vollblut-Katholiken offenstünden – so ein Abschluss würde einer aufgeschlossenen und missionarischen Kirche widersprechen. Ziel dürfe keine „vollkommen egalitäre Gesellschaft“ sein, auch kein „moralischer oder disziplinarischer Perfektionismus“.
Kritische Situationen seien manchmal „auf einen Mangel an Klarheit über Zuständigkeiten und Rechtsvorschriften zurückzuführen“, wird weiter festgehalten. In solchen Fällen sei es „vor allem notwendig, ein angemessenes Gleichgewicht der Zuständigkeiten gemäß dem Subsidiaritätsprinzip zu wahren“. Bei der Zusammenarbeit brauche es „gegenseitiges Vertrauen“, Gelassenheit, und eine „Haltung des Dialoges und des Wandels“, heißt es weiter. Der Vatikan räumt an dieser Stelle ein, dass einige Satzungen „nicht auf dem neuesten Stand“ und überarbeitungsdürftig seien.
Auch räumt das Dokument „Konflikte im disziplinären und/oder lehrmäßigen Bereich“ ein, die „die katholische Institution in Misskredit bringen und zu einem Skandal in der Gemeinschaft führen“ könnten. Entscheidungen zu solchen Fällen müssen im lokalen kirchlichen Kontext beginnen, hält die Instruktion fest, „wobei die kanonischen Grundsätze der Abstufung und Verhältnismäßigkeit der zu treffenden Maßnahmen zu beachten“ seien. Die Entlassung von Lehrkräften sollte die „letzte Option“ sein. Im Falle von staatlichen Gesetzen, die mit der Religionsfreiheit und der katholischen Identität einer Schule in Konflikt stünden, sei zunächst ein Dialog mit den staatlichen Behörden zu suchen. Es könnten aber auch zuständige Gerichte angerufen werden.
Dialog und Einheit
Für eine Konsolidierung der katholischen Identität einer Lehreinrichtung gelte es grundlegend Dialog zu fördern, eine Einheit aller Beteiligten aufzubauen, Entwicklung zu fördern und „reale und dauerhafte“ sowie konstruktive Lösungen zu suchen. Mit Verweis auf Papst Franziskus warnt die Handreichung der Bildungskongregation davor, zu „Gefangenen des Konfliktes“ zu werden und „eigene Verwirrungen und Unzufriedenheiten auf die Institutionen zu projizieren und so eine Einheit unmöglich zu machen“. Es könne hingegen manchmal konstruktiver sein, „den Konflikt zu ertragen, ihn zu lösen und ihn in ein Glied in einem neuen Prozess zu verwandeln“.
Mit der Instruktion zur katholischen Identität der Bildungseinrichtungen wolle man einen Denkanstoß geben und „einige Leitlinien anbieten, die dazu beitragen sollen, den missionarischen Wandel der Kirche mitzugestalten“, heißt es abschließend.
-aktualisiert um 16.57-
(vatican news – pr)
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