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Parolin: Projekt Europa bleibt ein Projekt des Friedens

Der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat anlässlich des Europatages am Dienstag in der Basilika Santa Sofia, der Nationalkirche der Ukrainer in Rom, eine Messe gefeiert. Die Erinnerung an die Gründerväter, die „im Leben daran gearbeitet haben, dort aufzubauen, wo andere nur zerstört hatten“, sei auch heute noch ein Ansporn. Sein besonderes Gebet galt der Ukraine.

Mario Galgano und Salvatore Cernuzio - Vatikanstadt

Ein Europa, das trotz des Schreckens des andauernden Ukraine-Kriege jenes „Friedensprojekt“ fortführt, das Robert Schumanns Inspiration und Wunsch war und aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs entstand. Das ist die Vision, von der Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hofft, dass sie in der Zukunft des europäischen Kontinents zum Normalfall werde. Am Dienstagnachmittag feierte der Kardinal anlässlich des Europatages eine Messe in der Basilika Santa Sofia in Rom. Unter den byzantinischen Gewölben der Nationalkirche der Ukrainer in der italienischen Hauptstadt, die seit Ausbruch des Krieges zu einer Sammelstelle für Hilfsgüter für die Bevölkerung geworden ist, erinnerte Parolin – von Liedern und Applaus begrüßt – an die vielen Toten, die die Ukraine zu beklagen hat. Einen Krieg, den Papst Franziskus als „grausam“ und „frevelhaft“ stigmatisiert hatte, wie Parolin hinzufügte.

Zum Nachhören - was Kardinal Parolin sagte

Das Gebet für die Opfer des Krieges

„Wir erbitten von Gott das Geschenk des Friedens für die Ukraine, materiellen und geistlichen Trost für die Opfer des Krieges und besonders für die Flüchtlinge, für die Kinder, für die, die alles verloren haben, für die Alleingelassenen. Möge der Herr die Herzen der Regierenden erleuchten, damit sie daran arbeiten, Frieden und Harmonie wiederherzustellen“, sagte der Kardinal in Anwesenheit zahlreicher, beim Heiligen Stuhl akkreditierter Botschafter.

Kardinal Parolin bei der Messe in Santa Sofia in Rom
Kardinal Parolin bei der Messe in Santa Sofia in Rom

Der Tod ist überwunden

In seiner Predigt kommentierte der Staatssekretär das von der heutigen Liturgie vorgeschlagene Wort Gottes „voller wertvoller Ideen, die uns helfen, tief in das österliche Geheimnis des Herrn einzudringen“. Dann ging er auf die Bedeutung des Todes ein, besiegt von Christus, dem Guten Hirten, der das Leben zurückgibt. „Zu Ostern öffnet uns der Herr Jesus die Türen zum ewigen Leben. Der Tod hat keine Macht mehr, er wurde im Fleisch des Erlösers besiegt. Jesus öffnet uns einen Durchgang zum Ewigen, Er ist der Durchgang, die Tür, durch die wir gehen müssen, um in das wahre Leben einzutreten. Der Sieg Christi "scheint sich jedoch zu mühen, seinen Triumph zu zeigen", fast "verschwommen" in dieser Welt, in der "Sünde und Tod die Oberhand zu haben scheinen".

Die „denkwürdige“ Schuman-Erklärung

Die Bilder aus der Ukraine erinnern uns jeden Tag an das, wofür Parolin um Gebete bittet. Angesichts der durch den Krieg verursachten Tragödien erinnert der Kardinal an den Geist, der die „denkwürdige“ Erklärung des ehrwürdigen Robert Schumann am 9. Mai 1950 beseelte, fünf Jahre nach dem „größten und blutigsten“ Konflikt, den Europa bis dahin erlebt hatte.

Der französische Außenminister Schuman – erinnerte Parolin – verstand damals, dass der einzige Weg, die Gefahr eines neuen Konflikts zu beseitigen, weder die Abschreckung noch der „Schaffung eines bewaffneten Friedens wie im Kalten Krieg“ war; vielmehr spürte er, dass nur „gegenseitige Solidarität und das Teilen von Ressourcen“ zu „authentischer Versöhnung“ führen könnten. Und so wurde der Weg zur europäischen Föderation beschritten, und das veränderte „das Schicksal der Regionen, die sich seit langem der Herstellung von Kriegsinstrumenten verschrieben haben“.

Kardinal Parolin bei der Messe in Santa Sofia in Rom
Kardinal Parolin bei der Messe in Santa Sofia in Rom

Einsatz für ein geeintes und versöhntes Europa

Grundlage der Schumann-Erklärung sei „das ganze politische und gesellschaftliche Engagement“ des Staatsmanns, „verwoben mit dem im täglichen Leben gepflegten christlichen Glauben“. „Für Schumann war Christus wirklich auferstanden“, sagt der Kardinal: Es war kein abstrakter Gedanke, sondern eine aktive Präsenz in der Welt. Und gerade aufgrund dieses allumfassenden Glaubens verpflichtete sich der damalige Minister dazu, „für ein geeintes und versöhntes Europa zu arbeiten“. Auf seiner Reise begegnete er Persönlichkeiten, „die den gleichen Glauben, den gleichen Blick auf das Dasein, das gleiche politische Engagement, die gleiche Leidenschaft für das Gemeinwohl teilten“: Konrad Adenauer und Alcide de Gasperi.

Kardinal Parolin bei der Messe in Santa Sofia in Rom
Kardinal Parolin bei der Messe in Santa Sofia in Rom

Hört einander zu

Sie alle „waren sich bewusst, dass der Tod nicht mit einem anderen Tod besiegt wird, sondern dass nur das Leben den Tod besiegt“. Angesichts der „menschlichen Versuchung, Zwietracht walten zu lassen“, verstanden die Gründer auch, dass der einzige Weg, den sich stellenden Herausforderungen zu begegnen, darin bestand, „einander zuzuhören, die eigenen Gründe mit Ehrlichkeit und Einfachheit zu formulieren und gleichzeitig die Gründe anderer greifbar zu machen“, sagte Parolin. Deshalb nennen wir sie „Gründerväter“, weil „sie den Grundstein für ein neues Gebäude legten“ und „im Leben daran arbeiteten, dort aufzubauen, wo andere vor ihnen nur zu zerstören wussten“. Ihr Vermächtnis sei es, „zuzuhören und willkommen zu heißen“, diejenigen, die „noch heute die Stärken Europas sind“. Heute, so der Kardinal abschließend, „ist es wertvoll, diese Position im ohrenbetäubenden Getümmel unserer Zeit am Leben zu erhalten“.

Der ukrainische Botschafter und die EU-Botschafterin beim Heiligen Stuhl
Der ukrainische Botschafter und die EU-Botschafterin beim Heiligen Stuhl

EU-Botschafterin und Ukraine-Botschafter bedankten sich

Die EU-Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Alexandra Valkenburg, dankte dem Kardinalstaatssekretär für die Worte und erinnerte daran, dass sich die gesamte EU hinter der Ukraine stehe. Auch der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrii Yurash, dankte für das Gebet und die Unterstützung aus Europa.

In ihrer Ansprache am Ende der Messe erinnerte EU-Botschafterin Valkenburg an Robert Schumans „Traum vom Frieden in Europa“, eine Vision, die es den 27 Nationen der Union ermöglichte, „den Kreislauf von Krieg und Konflikt zu durchbrechen und ihn durch eine Vision der Einheit, Solidarität und Hoffnung zu ersetzen“.

Während der Krieg auf unseren Kontinent zurückgekehrt ist, „müssen wir noch mehr als zuvor auf Schumans Vision hinarbeiten“, denn „die russische Aggression gegen die Ukraine verursacht weiterhin großes Leid für Millionen von Ukrainern, für unsere europäischen Mitbürger“, in einem Krieg, der „sinnlos und nicht zu rechtfertigen“ ist.

Botschafterin Valkenburg erinnerte daran, dass sich die Europäische Union den Friedensappellen des Papstes anschließe, unterstrich die Verbundenheit mit der Ukraine, für die man sich weiterhin solidarisch zeigen werde, und würdigte „den unglaublichen Mut des ukrainischen Volkes“. In dieser Situation, so schloss sie, sei die strategische Union zwischen der Europäischen Union und dem Heiligen Stuhl in den Bereichen Frieden, Solidarität, Menschenrechte, Klima, Armutsbekämpfung, aber auch bei der Unterstützung des Multilateralismus „Partner mit den gleichen Ansichten“, noch wichtiger.

Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl bedankte sich insbesondere für die Entscheidung, den Europatag in der Basilika Santa Sofia zu begehen. Er dankte für die Unterstützung der Ukraine in dieser „kulturell schwierigen“ Zeit und betonte erneut, dass die Ukraine und Europa „zum selben kulturellen und geistigen Raum gehören“, mit denselben Werten und Grundsätzen, „die auf der Achtung der Menschenwürde, der Entscheidungsfreiheit und der unbestreitbaren Anerkennung des Rechts eines jeden Staates, seine Identität aufzubauen und zu leben, beruhen“.

Dies seien Werte, die durch eine „ungerechtfertigte und barbarische Aggression von Putins imperialistischem Russland“ gefährdet seien, und dies sei eine Gefahr, die „nicht nur die Ukraine, sondern den gesamten europäischen Kontinent“ betreffe.

Yurash erinnerte daran, dass die Ukraine seit ihrer Taufe vor 1034 Jahren „Teil der europäischen Gemeinschaft“ sei und die in der Basilika Santa Sofia gefeierte Messe zeige, dass „die Ukraine im Herzen Europas liegt“.

(vatican news)

Auszug aus der Messe in der Basilika Santa Sofia in Rom
Auszug aus der Messe in der Basilika Santa Sofia in Rom

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10. Mai 2022, 12:56