Hier stehe ich, ich kann nicht anders: Ein Vikar im Vatikan (10)

Immer wieder kommt an mich die Frage, du arbeitest ja jetzt im Vatikan, siehst du dann auch regelmäßig den Papst?

Die Antwort lautet natürlich nein. Noch habe ich keinen Kaffee mit Papst Franziskus getrunken oder wurde von ihm angerufen, und das wird wohl auch nicht passieren.
Dass ich dem Papst hier begegne, ist genauso wahrscheinlich wie, dass Sie ihm hier auf den Straßen Roms begegnen. So war meine einzige Begegnung mit Franziskus auch zufällig.

Eines Morgens war ich gerade am Tiber unterwegs, Richtung Vatikan, als plötzlich eine Kolonne von Polizeimotorrädern und Polizisten auftauchte. Die Straße wurde kurzerhand gesperrt, und auch ich musste warten. Und dann kam eine Kolonne von dunklen Fahrzeugen auf dem Weg in den Vatikan. Aus einem schaute mich etwas müde Franziskus an, der gerade aus Kanada zurückgekommen ist. Unsere müden Blicke treffen sich für einen kurzen Moment. Doch das war auch die einzige Begegnung des Papstes mit mir.

Solche Kolonnen begegnen in Rom einem öfter. Die Römer, die dann oft warten müssen, fangen meist an zu hupen, da sie sich über die ständigen Zeitverzögerungen ärgern.

Dies zeigt: sie sind nichts Ungewöhnliches. So laufen ständig Priester und auch Bischöfe durch die Straßen Roms. Mir begegnen in diesen Tagen immer wieder die spanischen Kardinäle, welche aufgrund der aktuellen Kardinalsversammlung im spanischen Kolleg wohnen, an dem ich täglich vorbeilaufe. So lässt das Gefühl, eine besondere Begegnung mit einem Bischof oder Kardinal zu haben, nach einigen Wochen spürbar nach. Denn im vatikanischen Alltag werden auch für evangelische Vikare die Geistlichen und katholischen Bischöfe immer mehr zur Normalität.