Heiliger Stuhl: Nein zu Angriffen auf Kernkraftwerke
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine erklärte Caccia, auch Bomben auf Krankenhäuser und wissenschaftliche Institute seien aus katholischer Sicht unzulässig. „Kernenergie-, Medizin- und Forschungseinrichtungen dürfen nicht zum Ziel eines Krieges werden", sagte der Vatikan-Diplomat, „denn dadurch könnten diese Orte zu Massenanreicherung werden, ,schmutzige Bomben' entstehen oder die lokale Bevölkerung und die Umwelt radiologisch verseucht werden, was heutigen und künftigen Generationen schaden würde". Caccia erinnerte daran, dass „das Protokoll I der Genfer Konventionen Angriffe auf Kernkraftwerke verbietet und dazu auffordert, den Schutz von zivilen Objekten, einschließlich des Schutzes von Nuklearanlagen, ganz oben auf der internationalen Agenda zu halten.“
Kernenergie und Entwicklung
Heute gibt es weltweit insgesamt 440 Kernreaktoren. Sie liefern ein Fünftel der globalen kohlenstoffarmen Energie, die aus Sicht einiger Fachleute für den Kampf gegen den Klimawandel entscheidend sein könnte, allerdings erhebliche Risiken birgt. Caccia hob hervor, dass Atomkraft auch zur nachhaltigen Entwicklung beitrage, „indem sie die Krebsbekämpfung unterstützt, die Ernteerträge verbessert, die Wasserversorgung schützt und die Meeresverschmutzung in Schach hält".
Ganzheitlicher Ansatz
Der Heilige Stuhl bekräftigt sein Engagement für die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) und drängt auf einen ganzheitlichen, nicht technokratischen oder ausschließenden Ansatz für die Nutzung der Nukleartechnologie: einen Ansatz, der im Einklang mit den Empfehlungen von Papst Franziskus berücksichtigt, dass soziale und ökologische Herausforderungen Hand in Hand gehen.
Von der Angst zur Verantwortung
Neue Durchbrüche in der Forschung zur Atomkraft deuteten die Möglichkeit an, Energie bereitzustellen, die das Klima oder die Gesundheit nicht schädigt, so Caccia. Er verwies allerdings auch auf bereits eingetretene Schäden durch Atomkraftwerke, Tschernobyl und Fukushima sind die beiden größten Reaktorunfälle der Geschichte. Die Aufgabe der Staaten bestehe darin, „die durch Nuklearunfälle und Uranabbau geschädigte Umwelt wiederherzustellen, die betroffene Bevölkerung zu unterstützen und sich auf langfristige Lösungen für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle zu einigen", sagte der Vatikandiplomat.
Der Heilige Stuhl begrüße die Eröffnung der IAEO-Bank für schwach angereichertes Uran in Kasachstan „und ruft zu einem stärkeren Engagement für die Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufs auf". Überhaupt möge die Staatengemeinschaft „eine Weltordnung fördern, die auf der Einheit der Menschheitsfamilie beruht“, um „der Logik der Angst eine Ethik der Verantwortung entgegenzusetzen".
Hintergrund: UNO-Atomwaffensperrvertrag
Die zehnte Überprüfungskonferenz des UNO-Atomwaffensperrvertrags hat – mit zweijähriger Corona-Verzögerung - am 1. August in New York begonnen und dauert bis 26. August. Der Vertrag besagt, dass nur fünf Staaten Atomwaffen besitzen dürfen: die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Die vier weiteren mutmaßlichen Atommächte Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea sind dem Vertrag entweder nicht bei- oder wieder ausgetreten. Ziel des Vertrags ist es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, nukleare Abrüstung voranzutreiben und die friedliche Nutzung von Kernenergie zu fördern.
Alle fünf Jahre ist eine Überprüfung darüber vorgesehen, inwieweit die Ziele des Atomwaffensperrvertrags erfüllt wurden. Schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine war die atomare Abrüstung ins Stocken geraten.
(vatican news – gs)
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