Parolin zum Abkommen mit China: Verlängerung wahrscheinlich
Der Krieg und seine internationalen Auswirkungen, ebenso wie das Verhältnis zu China und Russland sind Themen des Gesprächs, das in der abendlichen Sendung von TG2 ausgestrahlt wurde. „Wenn man mit jemandem verhandelt, muss man immer von der Anerkennung seines guten Willens ausgehen, sonst macht die Verhandlung keinen Sinn“, meint der Chefdiplomat des Vatikans. Er sei davon überzeugt, dass der Heilige Stuhl das 2018 mit China unterzeichnete Abkommen über Bischofsernennungen erneuert werde. Mit dem Abkommen sollte erreicht werden, dass alle Bischöfe Chinas in Gemeinschaft mit dem Papst stehen und dabei sowohl den chinesischen Vorstellungen entsprechen als auch vollständig katholisch sind. Eine an diesem Freitag zurückkehrende Delegation des Heiligen Stuhls habe viele Schwierigkeiten zu bewältigen gehabt, „und es liegt noch ein langer Weg vor uns, mit der Geduld, Schritt für Schritt voranzugehen und zu sehen, wie die ,Samen‘, die gepflanzt wurden, auch bei widrigen Wetterverhältnissen sprießen“, erläutert Parolin.
Treffen mit Kyrill muss gut vorbereitet werden
Wichtiges Thema des Gesprächs stellten auch die Auswirkungen des Krieges auf die Beziehungen zu Moskau und dem Patriarchat dar. Patriarch Kyrill wird bei dem bevorstehenden Treffen in Kasachstan vom 13. bis 15. September nicht teilnehmen, so dass auch eine eventuelle Begegnung mit Papst Franziskus nicht mehr im Raum steht. „Es wurden keine Gründe genannt, aber ich glaube, dass das Treffen gut vorbereitet sein sollte, um effektiv zu sein“, analysiert Parolin. Der Dialog werde jedenfalls auch dann fortgesetzt, wenn eine Tradition - wie die der orthodoxen Kirche - durch eine stärkere Identifikation mit den Autoritäten ihres Landes gekennzeichnet sei. „Wir respektieren diese Realität“, wenn sie in Maßen gelebt werde: „Das entkräftet den Dialog nicht.“
Auch in den diplomatischen Beziehungen zu Kiew gebe es keine Veränderungen. Wie Parolin in dem Gespräch erneut bestätigt, sei der Papst entschlossen, dorthin zu reisen. Wie dieser öffentlich geäußert habe, müssten allerdings die Bedingungen stimmen, und der Besuch für den Frieden wirklich nützlich sein. Er dürfe nicht allein als Fototermin genutzt werden. Aus diplomatischer Sicht bleibe der Heilige Stuhl jedoch offen für alle, sowohl für die Angreifer als auch die Angegriffenen, mit dem Wunsch, einen Waffenstillstand und einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Der Kardinal beruft sich auf Johannes Paul I., um seinen Traum von einem „gerechten“ und „vollständigen“ Frieden wieder aufleben zu lassen, also einem Frieden, der alle zufrieden stellt und dergestalt ausgearbeitet ist, um zukünftige Konflikte zu vermeiden.
Verteidigungskrieg nur nach den Bedingungen des Katechismus
Für den Katechismus der katholischen Kirche stelle die bewaffnete Verteidigung ein Recht und eine Pflicht dar, um den Aggressor zu stoppen – doch müsse sie sehr präzisen Bedingungen folgen, listet der Kardinalstaatssekretär auf. Dabei müsse auch die Macht der modernen Zerstörungsmittel berücksichtigt werden. Deshalb sei der Papst sehr besorgt über den Rüstungswettlauf: Allein im Jahr 2021 werden sich die Ausgaben auf zweitausend Milliarden Dollar belaufen, eine „Torheit“, weil die Gefahr einer Eskalation aller gegen alle bestehe und weltweit wichtige Ressourcen abgezogen werden.
Politik leidet unter dem Rückzug der Katholiken
Mit Blick auf die politische Krise in Italien, die die Wahl am kommenden 25. September nötig gemacht hat, und auf die Rolle der Kirche, die mit dem auch der Säkularisation geschuldeten Rückzug der Katholiken aus verschiedenen Bereichen konfrontiert ist, räumt der Kardinal ein, dass die Gesellschaft dazu neige, die Religion in den privaten Bereich zu verlagern. Dabei würden manchmal auch Katholiken an den Rand gedrängt. „Das können wir wegen der sozialen und historischen Dimension, die das Christentum hat, nicht akzeptieren. Die Präsenz von Katholiken in der Politik ist wichtig und der Beitrag, den sie leisten können, ist wichtig.“ Er hoffe, dass das Beispiel des Papstes die Katholiken dazu animiere, sich im Licht ihres Glaubens in den einzelnen Parteien zu engagieren.
Johannes Paul I.: ein Reformer
Auch Johannes Paul I., der am Sonntag seliggesprochen wird, wurde in dem Gespräch gestreift. Ein Seelsorger, der den Ärmsten nahe ist und sich auf das Wesentliche des Glaubens und des Evangeliums konzentriert, würdigt Parolin den früheren Papst, der „einfach“ und „bescheiden“ gewesen sei, „gewiss kein Konservativer, im Gegenteil“ - so betont Staatssekretär Parolin mehrmals - ein wahrer Förderer der Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils in seiner Diözese, im Patriarchat von Venedig und dann in der Weltkirche. Die hartnäckigen Gerüchte, nach denen sein plötzlicher Tod durch Vergiftung herbeigeführt worden sei, seien schlicht und ergreifend eine Räuberpistole. „Unwiderlegbare Zeugnisse“, die auch in den Postulationsdokumenten enthalten seien, bewiesen, dass es sich um einen natürlichen Tod gehandelt habe. Sein Magisterium zu Themen wie Migration, Pandemien und Krieg, auf die er immer mit der Soziallehre der Kirche geantwortet hätte, sei immer noch stark. Der Vatikandiplomat zitierte eine Äußerung Johannes Paul I., in der er sein heutiges Engagement zusammenfasste: „Wir werden alles unterstützen, was zum Frieden in dieser unruhigen Welt beitragen kann“.
(vatican news - cs)
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