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Hollerich: „Kirche ist kein Parlament, aber auch keine Monarchie"

Kardinal Jean-Claude Hollerich hat ein falsches Verständnis von bischöflicher Macht zurückgewiesen. Bischöfe müssten mit ihrem Volk unterwegs sein. Wenn ein Bischof seine Autorität mit Macht gleichsetze, „dann heißt das, dass diese Autorität falsch ausgeübt wird“, sagte Hollerich im Gespräch mit Radio Vatikan.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Der luxemburgische Kardinal ist Generalrelator der kommenden 16. Ordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode. Er hat in den vergangenen zwei Wochen an einer wichtigen Zwischensitzung der Synode in Frascati teilgenommen, bei der mehrere Dutzend Beauftragte die aus fast allen Bischofskonferenzen der Welt eingetroffenen Rückmeldungen der Gläubigen lasen und „hörten“; das in Frascati entstandene Dokument will der Vatikan am 15. Oktober vorstellen und danach wieder an die Bischöfe und die Gläubigen zurückspielen.

Hier zum Hören:

Das „Hören“ als Methode des Voranschreitens der Kirche geht im Grundsatz auf das Konzilsdokument „Lumen Gentium“ zurück, erklärte Kardinal Hollerich im Gespräch mit uns am Montag am Rand eines Kongresses über das II. Vatikanische Konzil an der Päpstlichen Universität Urbaniana. Die Gläubigen seien „nicht Objekt, sondern Subjekt“ in der Kirche, so Hollerich. „Und wie kann ich als Bischof entscheiden, wenn ich nicht auf die Leute höre?“

„Die Kirche war viel synodaler in den ersten Jahrhunderten als heute“

Allerdings sei das Hören und das gemeinsame Vorangehen aller Getauften in der Kirche schon einmal viel präsenter gewesen, räumte der Kardinal ein. „Die Kirche war viel synodaler in den ersten Jahrhunderten als heute. Wir sind ja von der Geschichte beeinflusst und den Strukturen der Geschichte. Und man sagt ja jetzt sehr oft, die Kirche ist kein Parlament, und das stimmt auch. Aber sie ist auch keine Monarchie.“

„Wenn man sagt, der Bischof hat Macht, dann liegt man falsch“

Hollerich berichtigte zugleich eine bestimmte Auffassung von bischöflicher Macht und unterschied sie von „Autorität“. „Ich glaube, wenn man sagt, der Bischof hat Macht, dann liegt man falsch. Der Bischof hat eine an Dienst als Ministerium, einen Dienst an der Kirche, was auch bedeutet, dass er eine gewisse Autorität hat. Und wenn man das einfach mit Macht gleichsetzt, dann heißt das, dass diese Autorität falsch ausgeübt wird.“

Die von Papst Franziskus ausgerufene Weltsynode ist derzeit genau auf halbem Weg. Im Oktober 2023 findet die Versammlung der Bischöfe im Vatikan statt, die Befragungen und die Einbeziehung der Gläubigen weltweit dauern seit einem Jahr an. Auf die Frage, was er selbst persönlich in diesem Jahr gelernt oder neu erfahren hat, sagte Hollerich: „Dass der Papst recht hat, wenn er von synodaler Bekehrung spricht. Und ich hoffe, dass ich auf diesem Weg bin...! Ich muss auch noch an mir arbeiten. Ist nicht alles perfekt, aber ich bin auf dem Weg, hoffe ich.“

Voranschreiten in der Lehre braucht Theologie

Beim internationalen Symposium zum 60. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils an der Urbaniana-Universität sagte Hollerich in einem Grußwort zur Eröffnung, Theologie sei ein „besonderes Amt der Kirche“, in dem Nachdenken gefordert sei, „ohne dass es vonseiten der Kirche Auflagen“ brauche. Die Kirche und die Welt profitierten von theologischer Forschung. Änderungen bräuchten heute weniger Zeit als in früheren Jahrhunderten, seinem Eindruck nach sei die Kirche „immer ein wenig spät dran“, auf kulturelle Neuerungen zu reagieren. „Aber die Neuerungen kommen, und sie werden unsere tiefsten Gewissheiten in Frage stellen“, so der Kardinal. „Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass nicht die Anthropologie komplett neu wird in den nächsten Jahrzehnten. Auch dazu brauchen wir Theologie.“ Hollerich dankte den Theologen und Theologinnen für ihre Forschung: „Sie ist gut für die Kirche und für die Welt, der zu dienen die Kirche aufgerufen ist“.

(vatican news – gs)

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04. Oktober 2022, 12:39