CELAM informierte Papst zu Lage in Nicaragua
Salvatore Cernuzio und Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Die seit 2018 andauernde schwere gesellschaftspolitische Krise in Nicaragua ist eskaliert und die Regierung unter Präsident Daniel Ortega setzt auch die katholische Kirche zunehmend unter Druck. Kardinal Leopoldo Brenes, Erzbischof von Managua, sprach am Montag im Vatikan auch darüber mit Papst Franziskus.
Verhaftungen, Gewalt, öffentliche Demütigung von Bischöfen und Priestern, Ausweisung aus dem Land, Schließung katholischer Rundfunkanstalten: All das ist trauriger Alltag der katholischen Kirche im Land. Im Interview mit Radio Vatikan erklärte der Erzbischof von Managua zur aktuellen Lage:
„Die katholische Kirche gehört keiner Partei oder Ideologie an. Wir werden unsere Arbeit in der Seelsorge weiter fortsetzen. Wir werden die Menschen im Geist der Hoffnung begleiten. Wir müssen in diesem Geist immer weiter gehen. Im Kreuz treffen wir auf Zuversicht, Hoffnung und Frieden."
Papst ist gut informiert
Papst Franziskus, der etwa beim Angelus-Gebet im August seine „Sorge und Trauer" angesichts der Lage in dem mittelamerikanischen Land geäußert hatte, sei gut informiert, berichtete Kardinal Brenes nach seinem Treffen mit dem Kirchenoberhaupt:
„Der Papst kennt unsere Situation gut, er ist immer informiert, er hat mir gesagt, ich solle mit den Predigten und der Begleitung unseres Volkes weitermachen, und vor allem bescheidenen und sensibel dem Volk die Nähe der Kirche bezeugen."
Erst im vergangenen Frühjahr hatte die Regierung Nicaraguas den Vatikanbotschafter, Erzbischof Waldemar Stanislaw Sommertag, des Landes verwiesen. Neben dem Kummer über die anhaltende Gewalt gegen die katholische Kirche in Nicaragua teilen Kardinal Brenes und Papst Franziskus auch die Sorge um das Problem der Auswanderung. Viele Menschen verlassen das Land aus wirtschaftlichen Gründen und Arbeitslosigkeit und gehen in andere Länder wie Costa Rica, Mexiko oder die Vereinigten Staaten. Das sei oft sehr schmerzhaft, weil die Familie im Stich gelassen wird. Außerdem sei es teilweise auch sehr riskant - zum Beispiel der Versuch, über Honduras oder Guatemala in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Papst Franziskus habe aber auch die Hoffnung geäußert, dass „durch einen offenen und aufrichtigen Dialog die Grundlagen für ein respektvolles und friedliches Zusammenleben gefunden werden können". Damit rennt Franziskus beim Erzbischof von Managua offene Türen ein:
„Ich denke, wir müssen immer den Dialog suchen. Ein Dialog beginnt, aber wir wissen nicht, wann er endet, wir müssen weitermachen, ihn immer wieder fördern. Der Papst gibt uns immer diesen Hinweis: Der Dialog darf nicht abreißen."
CELAM Kirchenversammlungsschlussdokument als Beitrag zur Synode
Der Erzbischof von Managua war am Montag nicht nur zur Audienz bei Papst Franziskus im Vatikan. Gemeinsam mit weiteren CELAM-Mitgliedern stellte er am Nachmittag bei Radio Vatikan auch ein umfangreiches Papier vor, dessen Reform-Ideen in den weltweiten synodalen Prozess der Katholischen Kirche einfließen sollen. Der vom Lateinamerikanischen Bischofsrat herausgegebene Text ist rund 150 Seiten lang und wurde in sechs Sprachen übersetzt, darunter auch Deutsch. Das Papier trägt den Titel: „Auf dem Weg zu einer synodalen Kirche, die an die Peripherien reicht". Es fasst Ergebnisse der ersten gesamtlateinamerikanischen Kirchenversammlung zusammen, die im November 2021 in Mexiko-Stadt tagte. An ihr nahmen Bischöfe, Priester und Nichtgeweihte aus allen Ländern Lateinamerikas und der Karibik teil. Der Text wurde im Juli 2022 vom CELAM abgesegnet.
Es handelt sich nicht um ein offizielles Synodendokument. Da es aber von den Ortskirchen Lateinamerikas kommt, wo rund 500 Millionen Katholiken leben, hat es wohl besonderes Gewicht unter den Reformtexten, die derzeit in der katholischen Weltkirche kursieren.
Inhaltlich enthält das Dokument neben allgemein geteilten Ideen auch zahlreiche lateinamerikanische Besonderheiten. Dazu zählen die Betonung der Rolle der Indigenen und der Afrikanischstämmigen in der Kirche, die Weiterentwicklung der sogenannten Basisgemeinden und ökologische Forderungen. Insgesamt wird die Linie fortgesetzt, die bei fünf großen lateinamerikanischen Bischofsversammlungen in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt wurde; die erste fand 1968 in Medellin, die bislang letzte 2007 in Aparecida statt.
Konkrete Handlungsvorschläge
Neben gesellschafts- und kirchenpolitischen Analysen und Problembeschreibungen enthält das Dokument zahlreiche konkrete Handlungsvorschläge. Dazu gehört die Überwindung des Klerikalismus durch mehr Leitungsverantwortung für Nichtgeweihte und insbesondere für Frauen. Eine Forderung nach Frauenweihe enthält der Text nicht. Zum Thema Zölibat wird vorgeschlagen, den vielen Priestern, die inzwischen geheiratet haben, neue Aufgaben in Gemeinden zu geben. Auch wird eine Überwindung der Ausgrenzung sexueller Minderheiten gefordert und eine Öffnung für mehr Diversität.
Am Montagvormittag war die Leitung des CELAM unter Führung ihres Präsidenten, des Erzbischofs von Trujillo in Peru, Héctor Miguel Cabrejos Vidarte, von Papst Franziskus in Audienz empfangen worden. Der Papst habe den Bischöfen geraten, das Dokument auch Kardinal Mario Grech zu übergeben, der die bis 2024 andauernde weltweite Synode der katholischen Kirche leitet.
Link zur deutschen Ausgabe des CELAM-Dokuments „Auf dem Weg zu einer synodalen Kirche, die an die Peripherien reicht".
(vatican news / cic - sst)
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