1802: Als ein Papst das Requiem für seinen Vorgänger hielt
Leitartikel von Andrea Tornielli - Übersetzung: Stefanie Stahlhofen
Ein Papst, der das Totenamt seines Vorgängers leitet: Was in den kommenden Stunden auf dem Petersplatz passiert, wenn Franziskus dem Requiem für Benedikt XVI. vorsteht, ist verständlicherweise von vielen als nie da gewesenes Ereignis der modernen Kirchengeschichte beschrieben worden. Ganz sicher beispiellos war der Verzicht aufs Papstamt von Benedikt XVI. aus Altersgründen und angesichts mangelnder körperlicher und geistiger Kräfte, die Verantwortung und die Aufgaben die mit dem Papstamt verbunden sind, weiter schultern zu können. Aber ein Papst, der den Leichnam seines Vorgängers segnet, bevor dieser zu Grabe getragen wird, ist ein Fall, der sozusagen „zeitnah" schon einmal vorkam - wenn man bedenkt, dass die Kirchengeschichte 2.000 Jahre umfasst.
Es geschah im Jahr 1802 bei der Begräbnisfeier für Pius VI. im Petersdom durch seinen Nachfolger Pius VII. Der Verstorbene, seinerzeit Giannangelo Braschi (Cesena 1717 - Valence 1799) war im Jahr 1755 zum Papst gewählt worden und starb nach einem langen Pontifikat im Exil in Frankreich, als Gefangener Napoleons. Bestattet wurde er umgehend nach seinem Tod in Valence. Die üblichen neun Tage dauernden Trauerfeierlichkeiten der Kardinäle nach dem Tod eines Papstes (novendiali) vor der Papstwahl im Konklave wurden in Venedig gehalten, wo sich die Kardinäle damals versammelt hatten, um den Nachfolger zu wählen.
Pius VII. wurde am 14. März 1800 gewählt. Ihm war es ein Anliegen, die sterblichen Überreste seines Vorgängers nach Rom zu holen. So kam es zu einer Exhumierung im Dezember 1801 und einem Transport vom französischen Valence über die Hafenstadt Marseille und von dort per Schiff ins italienische Genua. Einmal in Italien angekommen ging der Leichnam des Papstes bei seinen weiteren Stationen auf dem Weg nach Rom auf eine „Pilgerreise" die mit wiederholten Trauerfeierlichkeiten begleitet wurde. Am 17. Februar 1802 erfolgte schließlich der „großartige, triumphreiche Einzug in Rom", zu dem die Kardinäle die sterblichen Überreste am Ponte Milvio erwarteten. Die Begräbnisfeier fand dann auf dem Petersplatz im Beisein von Papst Pius VII. statt.
Die sterblichen Überreste Pius VI. fanden jedoch keine Ruhe: Auf ausdrücklichen Wunsch der Regierung von Paris wurden das Herz und weitere umgebende Organe im Jahr 1802 auf einer langen Reise mit mehreren Stopps in Frankreich nach Valence gebracht. Im Jahr 1811 kam das Herz Pius VI. jedoch erneut nach Rom.
(vatican news)
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