Gallagher: Ukrainisches Weizenabkommen als Beispiel für Dialog
„Ohne Brot gibt es keinen Frieden“: Wenn dieser Satz angesichts der Spannungen, die sich aufgrund der Knappheit von lebensnotwendigen Gütern ergeben, wahr ist, dann ist es ebenso wahr, „dass es ohne Frieden kein Brot gibt“. Daran erinnerte Erzbischof Paul Richard Gallagher an diesem Donnerstag bei der Veranstaltung „Panem et Pax“ („Brot und Frieden“) im Yunus-Emre-Institut in Rom, die durch die türkische und die ukrainische Botschaft beim Heiligen Stuhl mitorganisiert worden war.
Die Türkei war federführender Vermittler beim Zustandekommen des Abkommens, das die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen in den ärmsten Ländern weltweit sicherstellt. 2022 waren weltweit rund 47 Millionen Menschen durch die Blockade der Getreideausfuhr aus der Ukraine empfindlich betroffen, so Gallagher. Ziel des Treffens war es, die von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelte „Schwarzmeer-Getreide-Initiative“ zu unterstützen, die seit dem 22. Juli mit Zustimmung Kyivs und Moskaus wieder die Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer ermöglicht.
Ein schwieriges Abkommen, aber entscheidend für die Ärmsten
Wie Gallagher weiter betonte, sei die Ukraine einer der wichtigsten Getreidelieferanten der Welt und mit einer Gesamtproduktion von fast 24 Millionen Tonnen pro Jahr der siebtgrößte Produzent der Welt. Mehr als zwei Drittel der Produktion waren den Zahlen für 2020 zufolge für den Export bestimmt. Hinzu kämen weitere 27 Millionen Tonnen an landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Düngemitteln, die hauptsächlich für Entwicklungsländer in Afrika, dem Nahen Osten und Asien bestimmt sind. Das in Istanbul unter großen Schwierigkeiten unterzeichnete Abkommen ermöglichte die Überwindung der russischen Hafenblockade, auch wenn es an Umsetzungsschwierigkeiten und Drohungen, das Abkommen nicht zu verlängern, nicht mangelte, wie der Vatikandiplomat in seiner Ansprache erinnerte.
Schutz vor jeglicher Instrumentalisierung
Aus diesem Grund, so betonte Gallagher weiter, sollte die Initiative nicht nur gelobt, sondern vor allem unterstützt werden, „indem ihr Charakter gewahrt und sie vor einer möglichen Instrumentalisierung und einem Missbrauch geschützt wird“. Zwei Aspekte des Abkommens seien für den Heiligen Stuhl besonders wichtig. Der erste sei, dass das Abkommen „als humanitäres Projekt motiviert und gewollt war“. In der Tat sei es nicht nur darum gegangen, das bereits geerntete oder noch zu erntende Getreide nicht zu verlieren, sondern auch darum, den Markt zu stabilisieren und die Ernährung der vielen armen Menschen auf der Erde zu gewährleisten – in dem klaren Bewusstsein dafür, dass sie im Vergleich zu anderen Verbrauchern mit besonderer Rücksicht zu behandeln seien.
Humanitärer Zweck der Initiative darf nicht vergessen werden
Das Abkommen müsse daher so stabil wie möglich sein, auch weil die Getreidepreise zwar gesunken seien, der Exportrückstand aber nach wie vor beträchtlich ist und der Abfluss ukrainischen Getreides daher unbedingt konstant gehalten werden müsse. Auch Papst Franziskus hatte einige Tage vor dem Abschluss des Abkommens in Erinnerung gerufen, dass Getreide unter keinen Umständen als Kriegswaffe eingesetzt werden dürfe. Das bedeute nicht nur, dass die Ausfuhren nicht zur Erpressung eingesetzt werden dürften, sondern auch, dass das Abkommen nicht für andere Zwecke missbraucht werden dürfe, die nicht direkt oder indirekt humanitärer Natur seien.
Beispiel für fruchtbares diplomatisches Engagement
Der zweite bedeutsame Aspekt sei es, dass das Weizenabkommen „die erste und einzige größere Vereinbarung zwischen den Parteien seit der Invasion in der Ukraine“ darstelle. Es zeige also, „dass sich diplomatische Bemühungen lohnen und fruchtbar sein können“. Auch wenn die Bemühungen um die Wiederherstellung eines gerechten Friedens nach einem Jahr und zwei Monaten immer noch ergebnislos seien, so Gallagher, könne diese Verständigung, wenn sie gut gepflegt und umgesetzt werde, „dazu dienen, das Klima des Vertrauens wiederherzustellen, an dem es so sehr mangelt, und das sich zu einem fruchtbaren Dialog auch über andere Themen entwickeln könnte, über die ein grundsätzlicher Konsens besteht, wie etwa die Notwendigkeit, die nukleare Sicherheit zu gewährleisten und eine militärische Eskalation dieser Art zu verhindern“.
Wie Papst Franziskus beim Urbi et Orbi am vergangenen Weihnachtsfest in Erinnerung rief, verursache jeder Krieg Hunger und „missbraucht die Nahrung als Waffe, indem er ihre Verteilung an bereits leidende Bevölkerungen verhindert“. Doch im Gegensatz dazu müssten Lebensmittel vielmehr ein Instrument des Friedens sein, so sein Appell an die politischen Verantwortlichen.
(vatican news - cs)
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