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Kardinal Mario Grech Kardinal Mario Grech 

Kardinal Grech: Spannungen bei Weltsynode aushalten

Spannungen oder gegensätzliche Ansichten im Rahmen der Weltsynode für eine synodalere Kirche müssen als Teil des Prozesses akzeptiert werden und sollten keine Angst machen. Das hat Kardinal Mario Grech, Leiter des Synodensekretariats und damit einer der Hauptorganisatoren der Weltsynode, bei einem Treffen mit österreichischen Journalisten in Rom erklärt.

„Das bedeutet, dass wir uns auf eine Diskussion einlassen, in der wir unterschiedliche Ansichten haben“, sagte der aus Malta stammende Kardinal bei der Begegnung, an der auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn teilnahm. „Wichtig ist, dass wir ein Ziel und einen gemeinsamen Ausgangspunkt haben, dass wir mit Hilfe des Heiligen Geistes auf das Wort Gottes hören und das Wohl der Kirche wollen“, sagte Grech.

Spannungen regten auch „zum Nachdenken, zu einem offeneren Dialog“ an, zeigte sich Grech überzeugt. Die im Herbst 2021 auf ortskirchlicher Ebene begonnenen und auf kontinentaler und nun weltkirchlicher Ebene fortgesetzten Beratungen im Rahmen der Weltsynode haben auch den Druck für Kirchenreformen wachsen lassen und entsprechende Hoffnungen bei Gläubigen geweckt. „Wenn der synodale Prozess bei den Menschen Hoffnung schafft oder aufrechterhält, dann ist das für mich ein sehr großer Trost“, sagte der Leiter des Synodensekretariats dazu. Es sei Aufgabe der Kirche, Hoffnung zu wecken - dies gelte heutzutage umso mehr: „Wir leben in einer Gesellschaft, einer Welt, in der die Hoffnung in Gefahr ist.“

„Das ist keine Synode über Frauen“

Gleichzeitig betonte Grech, verbunden mit Kritik am bisherigen medialen Blick auf die Synode, dass nicht zunächst Themen wie die Rolle von Frauen oder LGBTQ+ im Fokus stünden. Es handle sich nicht um eine Synode über Frauen, sondern „das Thema ist eine synodale Kirche, in der es mehr Gemeinschaft, mehr Mission und mehr Beteiligung gibt“, sagte der Kardinal. Alle Getauften, Frauen wie Männer, sollten an dieser Gemeinschaft, Mission und Beteiligung teilnehmen.

Erst synodal werden, dann die anstehenden Fragen beantworten

Die Betonung einer stärkeren Rolle von Frauen sei in den bisherigen Beratungen aber „offensichtlich“ geworden. „Wir haben die Botschaft erhalten, dass die Kirche mehr Raum für Frauen schaffen sollte. Sowohl in den Entscheidungsprozessen als auch in den Entscheidungsfindungsprozessen.“ Ziel sei, eine synodalere Kirche zu werden, so Grech: „Denn wenn wir eine synodale Kirche sind, werden wir in einer stärkeren Position sein, um die Fragen zu beantworten, die Männer und Frauen heute beschäftigen - Fragen, die wir nicht alleine beantworten können. Wir müssen den Weg gemeinsam gehen.“

„Wir machen hier keine Politik“

„Wir machen hier keine Politik. Wir haben eine große Verantwortung und versuchen, den Willen Gottes zu verstehen“, fügte Grech hinzu. Ohne Spiritualität könne die Synode ihre Ziele nicht erreichen. Man wolle gemeinsam vorangehen. Grech: „Leider nutzen wir auch bei der Synode immer noch die Abstimmungen. Wie gerne würde ich den Tag erleben, an dem wir im Konsens Schlussfolgerungen ziehen können. Einige werden mir sagen, dass das ist Wunschdenken oder sehr schwierig ist. Aber es kann eine Praxis in der Kirche sein. Denn bei Abstimmungen gibt es die Gewinner und die Verlierer, die Mehrheit und die Minderheit - und es ist nicht wahr, dass die Mehrheit immer recht hat.“

Schönborn zur Synode: Blick weiten - Warnung vor kirchlicher Nabelschau

Im Blick auf den synodalen Weg und die für Oktober geplante Bischofssynode in Rom rief Kardinal Christoph Schönborn dazu auf, den Blick auf die Themen möglichst weit zu halten und nicht auf ein spezielles, eher westeuropäisches Set an Reformfragen engzuführen. Der von Papst Franziskus initiierte synodale Weg basiere auf einer Form der „Unabgeschlossenheit“ und Offenheit, von der auch das Instrumentum laboris spreche, sagte Schönborn vor österreichischen Journalisten in Rom. Zudem würden in anderen Regionen der Welt teils ganz andere Themen als hierzulande auf der Agenda stehen. Schönborn äußerte sich im Rahmen einer Pressereise mit österreichischen Journalisten, die noch bis Mittwoch Rom und den Vatikan besuchen.

Keine Nabelschau

Die Ämterfrage liege gewiss „auf dem Tisch“, räumte Schönborn ein. Auch im Blick auf die Rolle der Frauen sprach er sich für eine Stärkung aus: „Die Stimme der Frauen! Ja, dringend: wenn es um soziale Gerechtigkeit geht; wenn es um die Familienfrage geht; wenn es um das Machtgefälle geht. Da ist die Frauenfrage ganz essenziell.“ Dennoch dürfe dies nicht zu einer Fixierung auf einige wenige konfliktive Fragen führen. Ansonsten drohe „die Gefahr der Nabelschau“ und dass man kirchlich „bei einer zu großen Selbstbeschäftigung stehen bleibt“.

„Von unten nach oben“

In der von Papst Franziskus ausgerufenen Weltsynode unter dem Leitmotiv „Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission“ beschäftigt sich die Kirche eingehend mit der Frage, wie sie ihre Entscheidungen finden und welche Formen von Mitbestimmung es dabei geben soll. In zwei Versammlungen von 4. bis 29. Oktober 2023 sowie im Jahr 2024 wird in Rom die Weltbischofssynode über die Ergebnisse des weltweiten Konsultations- und Beratungsprozesses beraten. Vergangene Woche hatten die Synodenverantwortlichen um Kardinal Grech und Generalrelator Kardinal Jean-Claude Hollerich das Arbeitspapier (Instrumentum laboris) für die bevorstehende Synodenversammlung präsentiert. Es sei kein Dokument des Heiligen Stuhls und bloß auf einem Schreibtisch im Vatikan entstanden, bekräftigte Grech im Gespräch mit der Journalistengruppe aus Österreich. „Es ist ein Dokument, das von der ganzen Kirche kommt, von unten nach oben.“

(kap – mg)

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28. Juni 2023, 09:21