Fisichella: Kirchen vielleicht leer, aber Wallfahrtsorte voll
Adriana Masotti und Christine Seuss - Vatikanstadt
Das Heilige Jahr 2025 wirft seine Schatten voraus, und auch die Wallfahrtsorte weltweit sind in die Vorbereitungen eng eingebunden. Für einen besseren Austausch unter den Rektoren und Betreibern dieser Orte des Glaubens findet vom 9. bis 11. November 2023 in der Aula Paul VI. im Vatikan eine Konferenz statt. Die Initiative wird von der Sektion für Grundfragen der Evangelisierung in der Welt des Dikasteriums für Evangelisierung organisiert, dessen Pro-Präfekt Erzbischof Rino Fisichella ist. Das Treffen im November setzt einen 2018 begonnenen Weg fort, die Anmeldung ist bereits geöffnet und kann bis zum 30. September erfolgen:
„Es ist wichtig, zusammenzukommen, weil die Heiligtümer ein besonderer Ort der Evangelisierung sind“, betont Erzbischof Fisichella mit Blick auf die geplante Konferenz. Seit der Papst 2017 seinem Dikasterium die Zuständigkeit für die Heiligtümer übertragen habe, habe sich auch eine Dynamik entwickelt, „die immer stärker wird“, zeigt sich der Pro-Präfekt des Dikasteriums, dessen Leitung sich der Papst mit seiner Kurienreform selbst vorbehalten hat, überzeugt: „Diese Treffen sind für uns wichtig, weil sie uns die Möglichkeit geben, direkt mit den Verantwortlichen für die internationalen Heiligtümer zusammenzukommen und so nicht nur eine realistische, konkrete Vision des Lebens in den Heiligtümern zu bekommen, sondern vor allem die Möglichkeit, allen einige Überlegungen anzubieten, damit es eine einheitliche Pastoral geben kann.“
Eine Art Schulung für Verantwortliche von Wallfahrtsorten
Die Impulse, die es bei dem Treffen geben soll, sind vielfältig, doch grundsätzlich wird – in Vorbereitung auf das Jubiläum 2025 – das Thema das Gebet in seinen verschiedenen Formen im Mittelpunkt stehen. So wird es einen Vortrag zum „Gebet der Fürbitte“ von P. Ermanno Barucco, OCD, Professor an der Päpstlichen Theologischen Fakultät Teresianum geben, ebenso wie zum „Gebet des Sünders“ mit Pater Paul Brendan Murray, OP, Professor an der Päpstlichen Universität St. Thomas Aquin. „Wie man mit Musik und Gesang beten kann“ lautet der Titel des Vortrags von Marco Frisina, Komponist und Rektor der Basilika Santa Cecilia in Trastevere. Das „Gebet in der Kunst“ wird von David Lopez Ribes, zeitgenössischer Künstler und Preisträger der Päpstlichen Akademien 2012, erörtert, während das „Volksgebet“ mit P. Daniel Cuesta Gómez SJ von der Jugend- und Universitätspastoral von Santiago de Compostela betrachtet wird.
Erzbischof Rino Fisichella: „Wir führen, wenn man das so nennen kann, ein Ausbildungsprojekt für unsere Wallfahrtsortsleiter durch. Wir sollten nicht vergessen, dass Papst Franziskus in Vorbereitung auf das Jubiläum 2025 das Jahr 2024 ganz dem Gebet gewidmet wissen wollte. Das Treffen mit den Verantwortlichen für die Wallfahrtsorte findet im November statt, wir befinden uns also bereits am Anfang des zweiten Jahres der Vorbereitung auf das Heilige Jahr.“
Dies habe die Organisatoren des Treffens „unweigerlich dazu gebracht, das Thema Gebet zu wählen“, erläutert Fisichella weiter: „Andererseits ist ein Wallfahrtsort für diejenigen, die es erlebt haben, wirklich ein Ort, an dem man betet. Und es gibt viele Formen des Gebets an Wallfahrtsorten: Es gibt das Gebet der Stille, es gibt das Gebet derer, die die Ikone der Jungfrau und der Heiligen betrachten. Wer einen Wallfahrtort betritt, bringt Freude, Erwartung, Trauer, Leid mit, und so muss dieser Ort in der Lage sein, sich ganz auf das Leben jedes einzelnen Pilgers einzulassen, auf die intime Erfahrung, die er oder sie dort vor Gott macht. Deshalb wird der Wallfahrtsort zu einem Raum, in dem Gelassenheit wiederhergestellt und ein Wort des tiefen Trostes gegeben werden kann.“
Das Treffen wird mit einer gemeinsamen Audienz bei Papst Franziskus abgeschlossen. Sein Wort zu hören, werde ein wichtiger Moment für die Rektoren und Betreiber der Wallfahrtsorte sein, um gemeinsam voranzukommen, zeigt sich Pro-Präfekt Rino Fisichella überzeugt:
„Wir wissen, dass Papst Franziskus die Volksfrömmigkeit zutiefst liebt, denn es ist jene Form der Spiritualität, die dem Volk eigen ist und die ihre unmittelbarsten Formen gerade im Leben der Wallfahrtsorte findet. Dort ist es leicht, die Bruderschaften zu erleben, einfach zu sehen, dass es Riten, Prozessionen und viele andere Formen gibt, die typische Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit sind.“
Wie wichtig dem Papst die Beziehung mit den Wallfahrtsorten ist, gehe auch aus der Tatsache hervor, dass es Franziskus ein Anliegen war, im Rahmen seines Besuches beim Weltjugendtag in Lissabon einen Tag dem Besuch des Heiligtums von Fatima zu widmen, hebt Fisichella hervor. „Das zeigt die Bedeutung, die der Wallfahrtsort für Papst Franziskus hat. Er sieht ihn als einen privilegierten Ort der Volksfrömmigkeit und damit auch des gelebten Glaubens, des Glaubens, der aus dem Herzen kommt, des Glaubens, der durch die Berührung des Bildes und das Gefühl einer ganz besonderen Nähe mit der Ikone der Jungfrau Maria oder der Heiligen entsteht. Und bei all dem würde ich sagen, dass der Wallfahrtort einmal mehr zu einer authentischen Manifestation der lebendigen und dynamischen Weitergabe des Glaubens wird.“
Wallfahrtsorte gibt es überall
Überhaupt seien die Wallfahrtsorte überraschend breit gestreut, in praktisch „jeder Diözese“ der Welt gebe es mindestens einen, betont Fisichella, dessen Dikasterium auch beim ad-Limina-Besuch der Bischofskonferenzen ganz genau wissen will, wie es mit der Verbreitung der einzelnen Orte der (Marien-)Verehrung aussieht. Auch aus diesem Grund werde bei der Konferenz auch einer „lobenswerten Initiative“ Raum gegeben, nämlich der Vorstellung einer Erhebung von Wallfahrtsorten in ganz Italien unter der Regie von Prof. Giustina Aceto, ihres Zeichens Dozentin an der Päpstlichen Fakultät Marianum. Damit sollten vor allem die Vertreter der Bischofskonferenzen weltweit dabei unterstützt werden, ähnliche Erhebungen auf den Weg zu bringen, um diese wichtige Glaubenspräsenz auf ihrem Territorium entsprechend würdigen zu können:
„Wenn man mir sagt, dass unsere Kirchen leer sind, sage ich gewöhnlich: Vielleicht sind unsere Kirchen leer, aber die Heiligtümer sind voll, und das ist eine objektive Tatsache, egal zu welcher Tageszeit man kommt. Die Wallfahrtsorte sind Pilgerstätten, die Menschen kommen zur Beichte. Das ist einer der Gründe, warum wir darum bitten, dass in den Heiligtümern immer die Missionare der Barmherzigkeit anwesend sind, also jene Priester, die direkt vom Heiligen Vater all jene Befugnisse zur Sündenvergebung erhalten, die dem Papst, dem Heiligen Stuhl vorbehalten sind. Die Statistiken haben also einen relativen Wert. Ich muss jedoch sagen, dass die Zahlen in den Wallfahrtsorten, die wir kennen, den wichtigsten, in die Millionen gehen, aber auch in den nicht so berühmten Wallfahrtsorten, die wir in Italien haben, kann ich sagen, dass sie jährlich mehr als eine halbe Million Besucher haben. Der Wallfahrtsort bleibt also wirklich ein privilegierter Ort des Gebets.“
Grundlegende Rolle im Leben der Kirche
Überhaupt spielten die Wallfahrtsorte „eine grundlegende Rolle im Leben der Kirche“, da sie eine Seelsorge ermöglichten, die „oft komplementär“ zu derjenigen sei, die in den einzelnen Pfarrgemeinden gelebt werde, unterstreicht Fisichella. „Die Komplementarität ist gerade dadurch gegeben, dass sie ein besonderer Ort der Aufnahme sind, ein ganz besonderer Ort des Gebets, aber auch ein Ort, an dem sich Pilger treffen, die die unterschiedlichsten Erfahrungen mitbringen, und so kehren wir zu dem alten Sinn der Pilgerfahrt zurück, der auch das Jubiläum direkt beeinflusst hat. Die Pilgerreise ist eine Reise, die Ausdruck und Symbol des persönlichen Lebens eines jeden von uns ist. Auf der Pilgerreise begegnen wir uns, auf der Pilgerreise tauschen wir Erfahrungen aus. Die Wallfahrt wird auch zu einem Ort der Neugierde, weil sie auch die Erwartung der Begegnung manifestiert und somit eine Begegnung mit der Schönheit ist.“
Auch die Wallfahrtsorte selbst seien größtenteils an Orten errichtet worden, an denen die Schönheit der Natur und der Bauwerke „Ausdruck des Glaubens der Generationen, die uns vorausgegangen sind“, erinnert Fisichella: „Diese Dimension ist eine echte Vorbereitung auf das Jubiläum, denn das Jubiläum will diesen besonderen Moment der Begegnung mit dem Herrn zum Ausdruck bringen, der in der Wallfahrt seinen Höhepunkt im Durchschreiten der Heiligen Pforte erreicht.“
(vatican news)
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