Was erwartet Papst Franziskus in der Mongolei?
Was sind die Höhepunkte der Reise des Papstes in die Mongolei?
Christine Seuss: „Ein Höhepunkt der Papstreise wird sicher die ökumenische und interreligiöse Begegnung am Sonntag sein. Überhaupt haben Religionsfreiheit und interreligiöser Dialog als Mittel zum friedlichen Zusammenleben in der Mongolei - wie auch bei Papst Franziskus - einen hohen Stellenwert. Ein weiterer Eckpunkt der viertägigen Reise, die sich auf die Hauptstadt Ulaanbaatar beschränkt, ist das Treffen mit Vertretern von Regierung, Gesellschaft und diplomatischem Korps am Samstagvormittag (bei uns am frühen Morgen um 4 Uhr), das übertragen wir auch live und auf Deutsch. Die Treffen mit dem Präsidenten, mit dem Vorsitzenden des Großen Staats-Churals, also des Parlaments, und dem Premierminister werden wir im Video übertragen werden, aber ohne Übersetzung.
Natürlich wird der Papst auch die katholische Gemeinschaft treffen, das wird am Samstagnachmittag geschehen (um 10 Uhr unserer Zeit). Am Sonntag feiert der Papst nach dem interreligiösen Treffen dann auch eine Messe. Am Montag, noch vor seinem Abflug, will er ein kirchliches Sozial-Zentrum einweihen. Alle diese Termine begleiten wir live auf Deutsch, man kann die Videos auch im Nachhinein auf Youtube ansehen. Dann geht es zurück nach Rom, wo Franziskus am Montagabend erwartet wird.“
Ein wichtiges Signal für Katholiken in Randgebieten
Warum fährt der Papst überhaupt in die Mongolei?
CS: „Es ist eine spannende Reise des Papstes in ein zentralasiatisches Land, das wirklich nur eine sehr kleine Katholikenschar hat, nämlich 1.500 Gläubige bei einer Bevölkerung von über drei Millionen Menschen. Überdies grenzt die Mongolei an Russland und China, ist also auch geopolitisch sehr interessant. Wie Franziskus selbst beim Angelus am vergangenen Sonntag sagte, habe er sich diese Reise schon lange gewünscht, in ein Land, das ,eine zahlenmäßig kleine, aber im Glauben lebendige und in der Nächstenliebe große Kirche' hat und auch, dass er sich darauf freut, dort ,ein edles und weises Volk mit einer großen religiösen Tradition' zu treffen.
Es sind nicht viele Katholiken, das stimmt, aber es bedeutet denjenigen, die dort sind, sehr viel, dass das Oberhaupt der Kirche bis zu ihnen kommt, ihnen damit das Signal gibt, dass sie Teil der Weltkirche sind, und auch den Missionaren und Gläubigen im Land praktisch den Rücken stärkt. Ich würde aber auch noch darüber hinausgehen und sagen, dass die Signalwirkung durchaus auch in anderen Randgebieten der Welt wahrgenommen werden wird, nicht nur in der Mongolei.“
Eine kleine Minderheit
Wie sieht es mit den Religionsgemeinschaften im Land aus?
CS: „Die Mehrheit der Mongolen bekennt sich zum Buddhismus, etwa 60 Prozent, während Muslime etwa 4 Prozent stellen und zwei Prozent der Bevölkerung sich zum Christentum bekennt. Allerdings sind die Christen zum Großteil Protestanten. Nun muss man aber dazu sagen, dass das Christentum in seiner aktuellen Form sehr jung ist in der Mongolei, die ja erst seit 1990 ein demokratischer Staat ist und die Religionsfreiheit in der Verfassung von 1992 verankert hat. Vorher war die Mongolei Teil der Sowjetunion, erst nach der Wende konnten also die ersten Missionare nach einer langen Pause wieder in das Land kommen.
Und seitdem ist die Kirche kräftig gewachsen, letztes Jahr wurde erneut ein mongolischer Priester geweiht, es gab 35 Taufen und die Rolle der katholischen Kirche geht weit über die reine Anzahl der Gläubigen hinaus, denn auch in der Mongolei ist die Kirche im Sozial- und Bildungsbereich sehr aktiv und wird für diese Arbeit auch durch die Regierung geschätzt. Es gibt auch kleinere neue religiöse Gemeinschaften in dem Land, insgesamt wird wie gesagt großes Augenmerk auf den interreligiösen Dialog und das friedliche Zusammenleben der Religionen gelegt. Auch Papst Franziskus hat bei seinem Mittagsgebet am vergangenen Sonntag ja ausdrücklich auf das Treffen der Religionsgemeinschaften hingewiesen, das am Sonntag in Ulaanbaatar stattfinden wird.“
Wie ist die katholische Kirche organisiert?
CS: „Zentrum ist die Apostolische Präfektur in Ulaanbaatar, in der Papst Franziskus während seines viertägigen Aufenthaltes in der Hauptstadt auch wohnen wird. Präfekt, also gewissermaßen das Pendant zum Diözesanbischof, ist seit 2020 der italienische Missionar Giorgio Marengo, der seit über 20 Jahren im Land wirkt. 2022 hat der Papst ihn zum ersten Kardinal aus der Mongolei überhaupt gemacht – ein Hinweis darauf, dass er das Land schon länger auf dem Schirm hat. Kardinal Marengo ist mit seinen 49 Jahren derzeit übrigens auch der jüngste Kardinal des Kollegiums. Es gibt acht Pfarreien und rund 25 Priester, sechs Seminaristen, 33 Ordensfrauen, fünf Ordensleute, die nicht zu Priester geweiht wurden, und 35 Katechisten. Ihnen allen wird Papst Franziskus am Samstag in der Peter-und-Paul-Kathedrale begegnen. Die katholische Kirche führt außerdem sechs Bildungseinrichtungen und 48 Sozialeinrichtungen.“
Bekanntheit des Christentums in der Mongolei fördern
Was muss man sich denn auf politischer Ebene von dem Papstbesuch erwarten?
CS: „Papst Franziskus ist, wie bei seinen Apostolischen Reisen üblich, nicht nur durch die Kirche des Landes, sondern auch durch die Regierung und den Präsidenten Uchnaagiin Chürelsüch eingeladen worden. Es geht also nicht nur um die religiöse Ebene, sondern auch darum, dass der Papst als Staatsoberhaupt kommt, in ein relativ kleines Land, wenn man seine drei Millionen Einwohner zählt. Das wird in der Mongolei sehr positiv aufgenommen. Und man muss auch sagen, das Christentum in der Mongolei ist derart in der Minderheit und derart ,jung‘, dass nicht unbedingt alle wissen, was es bedeutet, Christ zu sein, sich auf Christus zu berufen, geschweige denn, einen Papst zu haben. Da wird der Besuch von Franziskus vielleicht Neugierde auslösen und den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu informieren und Fragen zu stellen, letztlich also auch die Bekanntheit der katholischen Kirche im Land über die sozialen Dienste hinaus zu steigern. Dass der Papst die Reise auch zu einem Friedensappell nutzen wird, gerade vor dem Hintergrund des Krieges Russlands gegen die Ukraine, davon gehe ich eigentlich aus.“
Wie sind überhaupt die ersten Missionare in die Mongolei gekommen?
CS: „Mit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Mongolei und dem Heiligen Stuhl 1992 nach der Wende war auch der Wunsch verbunden, Missionare ins Land zu senden. Das wollte auch die mongolische Regierung. Insbesondere die Missionare von der Kongregation vom Unbefleckten Herzen Mariens (CICM) waren begeistert, denn sie wollten schon lange, seit Anfang des 20. Jahrhunderts, eine Mission in der Mongolei einrichten, das Projekt wurde aber wegen des Krieges aufgegeben. Ihr Gründer, der Belgier Théophile Verbist, war schon in China aktiv gewesen, überhaupt war die Chinamission das Herz des Ordenscharismas, da schien der Sprung in die Mongolei ganz natürlich. Mittlerweile gibt es auch eine Zusammenarbeit im Rahmen mit Fidei Donum, es kommen viele Katechisten und auch Missionare aus Südkorea. Insgesamt wird aus den Zeugnissen der Missionare deutlich, dass es sich zwar um eine kleine Gemeinschaft handelt, die aber sehr großen Zusammenhalt hat und mit ihrer unaufdringlichen Botschaft auf fruchtbaren Boden fällt.“
(vatican news)
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