Rom: Oberrabbiner äußert Vorfreude zu Pius-Konferenz
Jonas Over - Vatikanstadt
Eingeleitet wurde die Konferenz von Grußworten anwesender Historikern, Theologen und religiösen Würdenträgern. Auch Di Segni äußerte in seinem Grußwort große Vorfreude auf die Konferenz, verwies aber daneben auf den Antijudaismus, der in der katholischen Kirche über Jahrhunderte hinweg vorherrschte. Ebenso bezog er sich auf die Razzia im jüdischen Viertel in Rom von 1943, welche sich am 16. Oktober zum 80. Mal jährt und bei der tausende römische Juden von den Nazis deportiert wurden. Doch der nun seit Jahrzenten andauernde katholisch-jüdische bzw. christliche-jüdische Dialog, welcher auch diese Konferenz ermöglichte, stimme ihn zuversichtlich, so Di Segni.
Der römische Oberrabbiner äußerte sich durchaus kritisch zur Rolle Pius` XII. während der Shoah. „Das ist ein sehr kontroverser Punkt. Ich denke, dass es im jüdischen Volk keine Einstimmigkeit gibt. Jedenfalls ist der Hauptgedanke, dass dieser Papst nicht das getan hat, was ein religiöser Führer in Momenten einer großen Krise besser tun sollte. Viele Dinge hätten aufgehalten werden können, viele Dinge hätten durch Interventionen, die nicht gekommen sind, blockiert werden können“, führte Di Segni im Gespräch mit Radio Vatikan aus. Doch wie er bereits in seinem Grußwort verlauten ließ, äußerte er sich auch im Interview zuversichtlich im Bezug auf die anstehende Konferenz: „Ich hoffe und denke, dass diese Konferenz ein neues Licht auf viele Punkte werfen, Argumente liefern und viele Punkte klären wird. Ich meine damit die Entwicklung der Fakten, nicht die Interpretation, die eine andere Ebene, eine andere Dimension ist.“
Zur Person
Riccardo Di Segni ist Radiologe und arbeitet in Rom. 1973 beendete er seine rabbinischen Studien am "Collegio Rabbinico Italiano di Roma", dessen Direktor er seit 1999 ist. Di Segni wurde 2001 zum Oberrabbiner von Rom (Rabbino Capo di Roma) gewählt.
Hintergrund
Im Kontext der Shoah wurde dem Vatikan im Allgemeinen und Papst Pius XII. im Speziellen immer wieder vorgeworfen, von den Verbrechen des Nationalsozialismus gewusst zu haben, ohne sich davon offiziell zu distanzieren, bzw. alle Möglichkeiten auszuschöpfen und dagegen vorzugehen. Lange wehrten sich seine Nachfolger, die Archive zu öffnen. Erstmalig öffnete Papst Franziskus den Zugang zu den Archivalien im Jahr 2019.
(vatican news)
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