Synodenversammlung: Rolle der Frauen und Mitbestimmung der Basis
Christine Seuss - Vatikanstadt
Insgesamt geht es in dem zu behandelnden Abschnitt des Instrumentum Laboris um Themen, die viele Ortskirchen als dringlich ansehen: Neben der Rolle der Frauen sind dies Fragen der kirchlichen Hierarchie und der Mitbestimmung durch die Basis. Der Teil des Arbeitsdokumentes, der in den kommenden Sitzungen durch die Synodalen behandelt werden soll, heißt „Gemeinsame Verantwortung in der Sendung: Wie können wir Fähigkeiten und Aufgaben im Dienst des Evangeliums besser miteinander teilen?“.
Kardinal Jean-Claude Hollerich wies die Synodenversammlung darauf hin, dass eine Versammlung wie die aktuelle „sehr vorsichtig“ sein müsse, wenn es um die Behandlung dieser Themen gehe, die er als „einige der wichtigsten Punkte unserer Synode“ identifizierte.
Die meisten der Teilnehmer, die in der Synodenaula säßen, seien Männer, so Hollerich, der diesbezüglich in seiner Einführung eine Reihe von Fragen aufwarf. „Nehmen wir, die Männer, die Vielfalt und den Reichtum der Charismen wahr, die der Heilige Geist den Frauen gegeben hat? Oder hängt unser Handeln oft von unserer bisherigen Ausbildung, unserer familiären Erziehung und Erfahrung oder von den Vorurteilen und Stereotypen unserer Kultur ab? Fühlen wir uns bereichert oder bedroht, wenn wir unsere gemeinsame Sendung teilen und wenn Frauen auf der Grundlage der Gnade unserer gemeinsamen Taufe für die Sendung der Kirche mitverantwortlich sind?“
Bei dieser Plenarsitzung, bei der die Frauenfrage besonders prominent behandelt wurde, saß als delegierte Präsidentin die mexikanische Ordensfrau Maria de los Dolores Palencia Gomez neben dem Papst, der ebenfalls an der Versammlung teilnahm. 54 weibliche Mitglieder zählt die Bischofssynode, zu der 364 Mitglieder ernannt wurden. Zwar seien die meisten der Anwesenden geweihte Amtsträger, betonte der Kardinal. Doch im Volk Gottes gebe es noch viele andere Komponenten, Charismen, Berufungen und weitere Ämter. Er habe nirgendwo gelesen, dass die Taufe der Frauen derjenigen der Männer in irgendetwas nachstehe, so Hollerich ohne Umschweife.
Gleichwertige Taufe
Auch die Frage nach dem Dienst der Bischöfe, die im letzten Arbeitsblatt des Moduls behandelt werden sollte, sei zentral für die Mitglieder der Versammlung, die zu einem großen Teil aus Bischöfen bestehe, unterstrich der Generalberichterstatter. Denn die Antwort auf diese Frage werde sich „unmittelbar auf unser tägliches Leben auswirken, auf die Art und Weise, wie wir unsere Zeit einteilen, auf die Prioritäten unserer Tagesordnung, auf die Erwartungen des Gottesvolkes an uns und auf die Art und Weise, wie wir unsere Sendung konzipieren“.
Insbesondere die in diesem Modul zu behandelnden Themen gingen allen auf besondere Weise nahe. Sie müssten sich auch ihrer eigenen Parteilichkeit in Bezug darauf bewusst sein, mahnte der Kardinal, der die im vorliegenden Modul behandelten Themen ausführlich vorstellte.
Er lud die Teilnehmenden ein, ihre eigenen, bereits vorbereiteten Redebeiträge für die Sprachzirkel im Licht der während der Versammlung gehörten Zeugnisse zu überdenken und gegebenenfalls auch zu überarbeiten. Alle zu behandelnden Themen gelte es mit Ruhe zu besprechen, es gehe nicht darum, unbedingt alle Aspekte der Fragen zu behandeln oder vielleicht voreilige Antworten zu geben. Alle Themen könnten noch über einen längeren Zeitraum vertieft werden, so der Kardinal mit Blick auf die Tatsache, dass die Mitglieder der Synode im kommenden Oktober 2024 wieder für vier Wochen zusammenkommen werden, um die Bischofssynode zur Synodalität zu beschließen.
In der Frauenfrage von Jesus lernen
Nach den spirituellen und theologischen Impulsen kam der erste größere Wortbeitrag des Tages von Sr. Gloria Liliana Franco Echeverri, einer kolumbianischen Ordensfrau und Präsidentin der Lateinamerikanischen Vereinigung der Ordensleute (Clar), die als Zeugin des Synodenprozesses ihres Kontinentes an der Synodenversammlung teilnimmt.
Wenn über die Sendung der Frauen in der Kirche nachgedacht werde, sei es gut, „auf Jesus zu schauen und von ihm zu lernen“, so die Ordensfrau, die auch schon bei einem Pressebriefing in Erscheinung getreten war: „Das Evangelium berichtet von der Bereitschaft Jesu, die Frauen zu sehen und zu spüren, sie zu erheben, sie zu würdigen und sie auszusenden.“
Die „wahre Reform“ entstehe durch die Begegnung mit Jesus und die „Aneignung seines Stils“, betonte Franco Echeverri, die von einer älteren Frau berichtete, die ihr Leben dem Dienst an Kranken widmet und ihnen auch täglich die Kommunion gebracht hatte, bis der neue Pfarerr es ihr verbot. Eine andere Frau habe ihr Doktorat in Theologie zwar mit besseren Noten bestanden als ihre männlichen Kommilitonen, doch an einer Päpstlichen Hochschule nur einen zivilen und nicht einen theologischen Abschluss erhalten: „Dies ist jedoch bereits eine Leistung, denn bis vor einigen Jahren konnten Frauen in ihrem Land nicht Theologie, sondern nur Religionswissenschaften studieren“, so Franco Echeverri.
Wahre Reform kommt durch Begegnung mit Jesus
Viele andere Frauen hätten trotz ihrer Qualifikationen keinen Platz in Pfarrgemeinde- oder Diözesanräten, denn die Verwaltungsangelegenheiten seien nach Ansicht der (männlichen) Mitglieder vieler Räte eher strategischer und administrativer Natur – und würden somit der Mission der Frauen entgegenstehen, die viele eher als „mütterlich“ und „pastoral“ definierten. Doch die Kirche habe ein „weibliches Gesicht“, beharrte die Ordensfrau:
„Die Kirche, die Mutter und Lehrerin, aber auch Schwester und Schülerin ist, ist weiblich, und das schließt die Männer nicht aus, denn in allen, Männern und Frauen, wohnt die Kraft des Weiblichen, die Weisheit, die Güte, die Zärtlichkeit, die Stärke, die Kreativität, die Parresie und die Fähigkeit, Leben zu schenken und Situationen mit Mut zu begegnen.“
Sie stellte allerdings auch klar:
„Hinter dem Wunsch und dem Gebot einer stärkeren Präsenz und Beteiligung der Frauen in der Kirche steht kein Machtstreben oder Minderwertigkeitsgefühl, auch kein egozentrisches Streben nach Anerkennung, sondern der Wunsch, in Treue zum Plan Gottes zu leben, der will, dass sich alle in dem Volk, mit dem er einen Bund geschlossen hat, als Brüder und Schwestern erkennen.“
Es bestehe ein Recht auf „Teilhabe und gleichberechtigte Mitverantwortung bei der Unterscheidung und Entscheidungsfindung“, doch im Grunde genommen sei es der Wunsch, „bewusst und im Einklang mit der gemeinsamen Würde zu leben, die die Taufe allen verleiht“: „Es ist der Wunsch, zu dienen“.
Frauen ein dynamisches Element der Mission
Vor den Zeugnissen und direkt nach der Einführung durch Kardinal Hollerich hörten die Teilnehmer einen Abschnitt aus dem Lukas-Evangelium, bevor die Benediktinerin Maria Grazia Angelini das Wort ergriff, die bereits während der Einkehrtage unmittelbar vor der Synode geistliche Impulse geliefert hatte. Ihr heutiger Impuls war überschrieben: „Frauen in der Sendung“. Darin legte sie dar, welch bedeutende Rolle Frauen bei der Mission, nicht nur in den Anfängen der Kirche, sondern auch heute zukomme: „Im Licht der Ursprünge - dem Stil Jesu - kann man verstehen, dass die Frauen ein dynamisches Element der Mission sind; eine Präsenz, die - in kritischen, zerbrechenden, beunruhigenden Momenten - die Bewegung des Lebens erahnt, neue, unwahrscheinliche Beziehungen schafft, geduldig Konflikte erträgt und auflöst. Es ist keine Frage von Rechten, sondern von empfangenen Gaben“, so die Ordensfrau, die vor allem das Wohl der Kirche ins Zentrum gestellt wissen will.
Für die Mission der Kirche gebe es „verschiedene Dienste“. Doch in jedem Fall begegne eine „,aufgeschlossene‘ synodale Kirche am Anfang wie heute sofort der Präsenz von Frauen, die unterschiedlich sind, nicht gleichgesetzt werden können, sondern unterschieden (…) und in ihrer jeweiligen Eigenart integriert werden müssen“. Jesus sei innovativ gewesen und habe in seiner Art, mit Frauen umzugehen, einen Stil geschaffen, der „riskant und offenbarend“ gewesen sei: „Aber diese Besonderheit hat eine provozierende Bestätigung im Erleben der heutigen Gegenwart. Heute sind wir in der konkreten Situation, zu erkennen, dass es uns betrifft, dass es die Kirche betrifft, die nach Reformen strebt.“
Mitverantwortung aller bei der Mission
Für Carlos María Galli, den Dekan der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität von Argentinien, stellt das Grundlagenpapier Instrumentum laboris das Thema Mitverantwortung in der Sendung in den Mittelpunkt der Unterscheidung. In seiner theologischen Reflexion befasste er sich mit dem inneren Zusammenhang zwischen Synodalität und Sendung; der Mitverantwortung der Getauften; dem Teilen im Dienst des Evangeliums. Galli ist Mitglied der Internationalen Theologischen Kommission und Koordinator des theologisch-pastoralen Teams des lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM.
Die Kirche trete heute in eine „neue Etappe der Evangelisierung“ ein, die sie dazu aufrufe, sich „in allen Regionen der Erde in einem ‚ständigen Zustand der Mission‘“ zu konstituieren, so Galli unter Berufung auf das programmatische Papstschreiben Evangelii Gaudium.
Mehr Mitverantwortung aller Getauften
Die Bischofssynode sei wie jede andere kirchliche Institution dazu aufgerufen, mehr und mehr „ein geeigneter Weg für die Evangelisierung der gegenwärtigen Welt und nicht für die Selbsterhaltung“ zu werden, so der Theologe, der darauf hinwies, dass das „ganze Volk Gottes“ Gegenstand der Verkündigung des Evangeliums sei, ebenso wie jeder Getaufte berufen sei, ein „Protagonist der Sendung“ zu sein, woran auch Papst Franziskus erinnert habe. Mission sei für die Kirche wesentlich, unterstrich er.
Ebenso seien alle Getauften für die Mission mitverantwortlich und berufen, die Gaben und Aufgaben in jeder Ortskirche - Diözese oder Eparchie -, in den Zusammenschlüssen von Teilkirchen auf regionaler, nationaler und kontinentaler Ebene und in der ganzen Kirche zu teilen. „Die Taufe und der Glaube sind die Grundlage der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit und zur Mission“, so Galli. „Die Intensivierung der Mitverantwortung soll uns helfen, zu erkennen, wie die Charismen der Laien die christliche Gemeinschaft bereichern und das Leben der Armen verbessern; wie die Bande der Gegenseitigkeit und der Komplementarität zwischen Männern und Frauen neu geknüpft werden können; wie die Würde der Frau in der Kirche anerkannt und gefördert zu werden vermag.“
Der digitale Kontinent der Synode
Von den Möglichkeiten und Früchten der digitalen Evangelisierung sprach Sr. Xiskya Lucia Valladeres Papagua aus Nicaragua, die auch dem Dikasterium für Kommunikation und dem Synodensekretariat für die Unterstützung bei der „Digitalen Synode“ dankte, bei der im Vorfeld der Synode ein Netzwerk von digitalen Missionaren und Evangelisatoren digital mit teils auch kirchenfernen Menschen auf eine missionarische Weise in Beziehung treten konnte. „Das Bewusstsein, dass wir Teil von etwas sind, das man als digitale Mission bezeichnen könnte, die von und in der Kirche durchgeführt wird, war eine konkrete Frucht der synodalen Reise. Inzwischen gibt es fast 2.000 digitale Missionare aus der ganzen Welt, und es werden immer mehr“, so die Ordensfrau, die ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh, dass eines Tages „alle Diözesen ihre Teams von ,digitalen Missionaren‘ haben werden“.
Gebet für Süd-Sudan
Als letzter Zeuge sprach Kardinal Stephen Ameyu Martin Mulla, der Erzbischof von Juba im Süd-Sudan. Er betonte, dass manch einer aufgrund eines Missverständnisses meinen könnte, dass dieser Synodale Prozess von nötiger Erneuerung wegführe. Doch Missverständnisse gebe es vor allem dann, wenn man die Sprache des anderen nicht spreche oder seine Absichten nicht verstehe, so der Kardinal. Seiner Ansicht nach sei die gute Absicht der aktuellen Versammlung, die Kirche zu einer Erneuerung der Art und Weise zu bringen, wie die Kirche offen für alle sein könne. Er wies darauf hin, dass es in seinem Land immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen komme, und bat die Versammlung um Gebet.
(vatican news)
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