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Kardinal Parolin (Mitte) bei den Friedensgesprächen in der Schweiz Kardinal Parolin (Mitte) bei den Friedensgesprächen in der Schweiz  (ANSA)

Ukraine-Friedensgipfel: Territoriale Souveränität garantieren

Die Friedenskonferenz über den anhaltenden Konflikt im Herzen Europas ist in der Schweiz mit einer von der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer unterzeichneten Erklärung zu Ende gegangen. Die Abschlusserklärung bekräftigt das Recht auf Unabhängigkeit und territoriale Integrität eines jeden Staates. Der Vatikan hat als Beobachter an dem Treffen auf dem Bürgenstock teilgenommen und deshalb – wie es in solchen Fällen üblich ist – die Abschlusserklärung nicht unterzeichnet.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Die Verteidigung der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität sei ein unveräußerliches Recht der Ukraine wie aller Staaten. Aber nur der Dialog zwischen den Konfliktparteien könne den Krieg beenden. Dies ist der Kern des Abschlusskommuniqués des Gipfels, der am Sonntag auf dem Bürgenstock in der Nähe von Luzern zu Ende ging. Das Abschlusskommuniqué wurde von der Mehrheit der 92 Teilnehmerländer unterzeichnet.

Tür für Verhandlungen offenhalten

Für den Heiligen Stuhl nahm der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin teil. Wie der Ökumenische Patriarch Bartholomaios war auch der Vatikan-Vertreter als Beobachter bei dem Treffen dabei. Es ist üblich, dass Beobachter eine Abschlusserklärung nicht unterzeichnen.

Der Vatikan versucht seit der völkerrechtswidrigen Invasion Russlands in der Ukraine zwischen den beiden Ländern zu vermitteln, um den Frieden wiederherzustellen. Dabei setzen der Papst und der für die Außenpolitik verantwortliche Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin auf Neutralität, in der Hoffnung, Einfluss auf Russland nehmen zu können. Franziskus hat sogar einen Sondervermittler eingesetzt: den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Bologna, Kardinal Matteo Zuppi, der bereits Moskau und Kyiv im Namen des Papstes besucht hat. Auch der Nuntius in Kyiv sowie sein Amtskollege in Moskau haben bisher jeweils eine vermittelnde Rolle gespielt.

Gespräche auf dem Bürgenstock
Gespräche auf dem Bürgenstock

Dialog ist einziges Mittel

„Es ist wichtig zu wiederholen, dass das einzige Mittel, das einen echten, stabilen und gerechten Frieden erreichen kann, der Dialog zwischen allen beteiligten Parteien ist“, sagte Kardinal Pietro Parolin auf dem Bürgenstock. Er sei gekommen, um zu bestätigen, dass „der Heilige Stuhl trotz aller Schwierigkeiten verpflichtet bleibt, eine regelmäßige Kommunikation mit den ukrainischen und russischen Behörden aufrechtzuerhalten und bereit ist, mögliche Vermittlungsinitiativen zu unterstützen, die für alle Parteien akzeptabel sind und den Betroffenen zugute kommen“.

Der Vatikan war bei der Friedenskonferenz in der Schweiz zwar „nur“ als Beobachter anwesend, spielt aber eine wichtige Rolle, vor allem auf humanitärer Ebene. In Borgo Egnazia hatte der ukrainische Präsident Selenskyj beim G7-Gipfel Papst Franziskus für die von den Kardinälen Parolin und Zuppi koordinierte Aktion gedankt, die bisher 388 nach Russland verschleppten ukrainischen Kindern die Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht hat: „Der Vatikan hilft uns sehr“, so Selenskyj.

Papstbotschaft an die Machthabenden

Der Kardinalstaatssekretär umriss in seiner Rede auf dem Bürgenstock die diplomatische Linie des Heiligen Stuhls klar. Das Gipfeltreffen in der Schweiz sei „ein Ereignis von globaler Bedeutung, das von der Ukraine sorgfältig vorbereitet wurde, die zwar enorme Anstrengungen unternommen hat, um sich gegen die Aggression zu verteidigen, aber auch ständig an der diplomatischen Front gearbeitet hat, um einen gerechten und dauerhaften Frieden zu erreichen“, erklärte der Kardinal. „Angesichts des Krieges und seiner tragischen Folgen ist es wichtig, niemals aufzugeben, sondern weiterhin nach Wegen zu suchen, um den Konflikt mit guten Absichten, Vertrauen und Kreativität im Guten zu beenden“, fügte er an. Dies sei „die Botschaft, die Papst Franziskus mit seinen ständigen Appellen für den Frieden in der Ukraine vor allem den Machthabern der Nationen übermittelt“. So bestand Kardinal Parolin auf der Notwendigkeit eines Dialogs zwischen „allen beteiligten Parteien“, um zu einem „gerechten“ Frieden zu gelangen.

In Parolins Rede ging er auch auf die „besondere Aufmerksamkeit“ für die „Achtung des Völkerrechts“ ein: Der Heilige Stuhl, so sagte er, „möchte die Gültigkeit des grundlegenden Prinzips der Achtung der Souveränität eines jeden Landes und der Integrität seines Territoriums bekräftigen“. Ebenso „bringt er seine große Besorgnis über die tragischen humanitären Folgen zum Ausdruck und setzt sich insbesondere dafür ein, die Rückführung von Kindern zu erleichtern und die Freilassung von Gefangenen, insbesondere von Soldaten und schwer verwundeten Zivilisten, zu fördern“.

Friedensgespräche auf dem Bürgenstock
Friedensgespräche auf dem Bürgenstock

Einsatz für Rückkehr ukrainischer Kinder

Der Vatikan setze sich weiterhin für die Rückkehr der ukrainischen Kinder in ihre Heimat ein: „Die Wiedervereinigung der Kinder mit ihren Familien oder Erziehungsberechtigten muss für alle Parteien ein vorrangiges Anliegen sein, und jede Ausnutzung ihrer Situation ist inakzeptabel. Es ist daher zwingend notwendig, alle verfügbaren Kanäle zu stärken, um diesen Prozess zu erleichtern.“ Der Heilige Stuhl nehme außerdem „als Beobachter an den Arbeiten der Internationalen Koalition“ teil, die sich mit diesem Problem befasst. Und der Heilige Stuhl stehe deshalb auch in direktem Kontakt mit den ukrainischen und russischen Behörden, um die Wirksamkeit des Ad-hoc-Mechanismus zu verbessern, der nach dem Besuch von Kardinal Matteo Zuppi in Kyiv und Moskau geschaffen wurde, „um konkrete Fälle zu lösen“.

Aber auch die Frage der Gefangenen, „sowohl der zivilen als auch der militärischen“, hatte Parolin angesprochen, und gesagt, dass „die regelmäßigen Berichte über die Nichteinhaltung der Genfer Konventionen sehr beunruhigend“ seien. Der Kardinal verwies insbesondere auf die Vierte Konvention, „die die Zivilbevölkerung direkter betrifft“, und auf „die Schwierigkeit, zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz eine gemeinsame medizinische Kommission zu bilden, die die Situation der Kriegsgefangenen, die dringend medizinische Hilfe benötigen, beurteilen könnte“.

Der Vatikan sei bereit, seinen Teil dazu beizutragen, und „ermutigt gleichzeitig die Länder und die anderen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, nach Wegen zu suchen, um Hilfe zu leisten und die humanitäre und politische Vermittlung zu erleichtern“. Der Kardinalstaatssekretär schloss mit den Worten: „Im Namen von Papst Franziskus möchte ich seine persönliche Verbundenheit mit dem gemarterten ukrainischen Volk bekunden und sein unermüdliches Engagement für den Frieden bekräftigen.“

Woran gearbeitet werden muss, um Frieden zu fördern

Das Abschlussdokument konzentrierte sich auf drei Bereiche, die von gemeinsamem Interesse sind und an denen weiter gearbeitet werden soll, um den Krieg in Europa einzudämmen. Es handelt sich um die nukleare Sicherheit, die Lebensmittelsicherheit und das Kapitel über Gefangene, einschließlich ukrainischer Kinder, die von den Russen entführt und deportiert wurden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei optimistisch und werte die Annäherung von mehr als 80 Ländern in wichtigen Fragen als Erfolg, sagte er am Ende der Gespräche.

Moskaus Präsenz auf dem nächsten Gipfel

Unterdessen erklärte die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd am Rande der Konferenz am Vierwaldstättersee auf Fragen von Journalisten, dass „der russische Präsident Wladimir Putin trotz eines gegen ihn ausgestellten Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs an einem möglichen zweiten Friedensgipfel teilnehmen darf“. Die Klarstellung bezog sich auf die Frage, ob Putin auf Schweizer Boden verhaftet werden könnte. Wenn die Anwesenheit des russischen Präsidenten für die Durchführung der Konferenz notwendig sei, so Amherd, „dann kann eine Ausnahme gemacht werden, insbesondere wenn es um die Friedensverhandlungen mit der Ukraine geht“.

(vatican news/corriere)

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17. Juni 2024, 13:27