Synode: Franziskus bringt die Kirche ins dritte Jahrtausend
Interview geführt von Jean Charles Putzolu - Vatikanstadt
Die 2021 begonnene Synode über die Synodalität wurde am Sonntag mit einer von Franziskus geleiteten Messe in Anwesenheit der Synodenteilnehmer - Kardinäle, Bischöfe, Ordensleute, Laien und brüderliche Delegierte, Vertreter anderer christlicher Konfessionen - abgeschlossen. Doch die Synode mag zwar abgeschlossen sein, aber sie ist keinesfalls zu Ende. Nicht nur werden zehn Gruppen in den kommenden Monaten weiter an einer Reihe von Fragen arbeiten, die einer weiteren Vertiefung bedürfen – darunter auch die Frage möglicher Weiheämter für Frauen oder die Rolle der Bischöfe und Nuntiaturen. Andererseits stellt das Schlussdokument der Synode, das am Samstagabend angenommen wurde, den Beginn einer neuen Phase dar, nämlich der Umsetzung der verschiedenen darin enthaltenen Leitlinien.
Auf diese Synode wird jedoch kein Apostolisches Schreiben folgen. Dies ist das erste Mal seit Paul VI., der diese eingeführt hatte. Das Schlussdokument der Synode, das die Universalität der Kirche zum Ausdruck bringt, bleibt also das einzige Referenzdokument.
Der kanadische Theologe Gilles Routhier erläutert in unserem Interview diesen Schritt, der am Samstagabend nach der Annahme des Schlussdokuments durch Franziskus selbst angekündigt wurde.
Welche Bedeutung hat die Ankündigung von Franziskus, der Synode kein Apostolisches Schreiben (früher „Apostolische Exhortation“) folgen zu lassen?
Gilles Routhier: „Das Apostolische Schreiben hätte die Synode abschließen können, während das Schlussdokument eine Brücke zwischen dem schlägt, was wir in den letzten drei Jahren erlebt haben, und der nächsten Etappe, der Etappe der Umsetzung. Es geht nicht darum, abzuschließen. Es geht darum, jetzt zu sagen, dass wir in eine andere, ebenso wichtige Phase übergehen. Sonst wäre es ein weiteres Apostolisches Schreiben geblieben. Es wäre ein schönes Buch in den Regalen einer Bibliothek gewesen.“
Wie interpretieren Sie die Entscheidung von Papst Franziskus, seine Autorität auszuüben, indem er nach einer Synode nicht auf das sonst übliche postsynodale Schreiben zurückgreift?
Gilles Routhier: „Der Papst möchte den Ortskirchen die Verantwortung für die Umsetzung der Schlussfolgerungen der Synode übertragen. Die Bischofskonferenzen werden gebeten und aufgefordert, etwas aus diesem Abschlussdokument zu machen, damit es in gewisser Weise eine Landkarte für den Weg ist, den es zu gehen gilt. Wir sind immer auf dem Weg, wir bleiben nicht stehen.“
Hat diese Entscheidung von Papst Franziskus eine ökumenische Dimension?
Gilles Routhier: „In gewissem Sinne ja. Und die Beobachter oder brüderlichen Delegierten haben sich gerne an dieser Übung beteiligt, weil sie sehen, dass sich in der katholischen Kirche etwas bewegt. Ich glaube, dass das, was gerade geschieht, etwas Unumkehrbares ist. Es gibt kein Zurück mehr.“
Papst Franziskus hat oft seine Bereitschaft erklärt, über den Primat des Nachfolgers Petri zu diskutieren. Ist es nicht letztendlich er, der den ersten Schritt macht?
Gilles Routhier: „Es ist eine Art und Weise, den Primat auszuüben, ein Zeichen und eine Grundlage für die Einheit zu sein, denn wir müssen nicht zwischen Einheit und Vielfalt wählen. Man muss beides schätzen, Vielfalt zulassen, aber nicht eine Vielfalt, die leichtfertig oder gegensätzlich ist, sondern eine Vielfalt in der Einheit.“
Franziskus zieht sich nicht von dieser Synode zurück, sondern stellt ein Dokument in den Vordergrund, welches das Ergebnis einer breiten Konsultation über drei Jahre hinweg ist und in dem die Weltkirche und damit die Gläubigen zu Wort kommen. Welche Rolle spielen die Gläubigen heute? Was ist die Rolle aller Christen?
Gilles Routhier: „Die Rolle aller Christen, die im Schlussdokument bestätigt wird, war die Rolle, die man ihnen auch während des gesamten Synodenprozesses geben wollte, insbesondere seit der ersten Phase, die diözesan war, und der kontinentalen Phase, in der sie sehr stark einbezogen wurden. Aber man wollte sie nicht vergessen, man hat letztlich keine Synode unter Bischöfen abgehalten, sondern eine Synode, bei der alle Gläubigen anwesend sein konnten.“
Johannes Paul II. schrieb 1994 über die bevorstehende Ankunft des dritten Jahrtausends „Tertio millennio adveniente“. Ist Franziskus nicht 30 Jahre später, im Jahr 2024, mit seiner Kirche voll in dieses Jahrtausend eingetreten?
Gilles Routhier: „Ja, weil der Beginn des Jahrtausends nicht unbedingt mit dem Jahr 2000 beginnt. Historiker sagen uns immer, dass die Periodisierung nicht mit dem Kalender übereinstimmt. Aber es ist eine Art zu zeigen, dass wir zu etwas anderem übergegangen sind, und wie ich schon sagte, ist dieses andere etwas Unumkehrbares. Nun gibt es eine (neue) Art und Weise, in der katholischen Kirche zu leben, die Leitung der Kirche zu leben.“
Was nehmen Sie ganz persönlich von dieser Synode mit?
Gilles Routhier: „Viele gute Erinnerungen, vor allem an Begegnungen und Begegnungen mit dem Anderen, der anders ist. Es ist nicht die Begegnung mit dem Gleichen; das muss vermieden werden. Ich erinnere mich auch an eine Methode, den Willen Gottes zu suchen und nicht nur den eigenen Willen oder die eigenen Wünsche zu äußern, sondern gemeinsam mit anderen diesen göttlichen Willen zu suchen.“
(vatican news - cs)
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