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Bei der Synodensitzung am Dienstagvormittag Bei der Synodensitzung am Dienstagvormittag  (Vatican Media)

Synode: Kardinal Hollerich zur Einführung von Teil 3 des Grundlagendokuments

Wir dokumentieren an dieser Stelle die Einführung von Kardinal Hollerich zum 3. Teil des Grundlagendokumentes für die Synodenarbeiten am 15. Oktober 2024 im Wortlaut in einer deutschen Übersetzung.

Modul 4 Instrumentum laboris / Teil III: Orte

 

Einführung

von Kardinal Jean-Claude Hollerich

Generalrelator

 

15. Oktober 2024

Guten Morgen und willkommen. Lassen Sie uns unsere Arbeit fortsetzen. Wenn wir einen Blick auf den Kalender werfen, stellen wir fest, dass wir bei der zehnten Sitzung der Circuli minori angekommen sind. Morgen früh werden wir auch die zehnte Generalkongregation abhalten: die beiden Formen unserer Arbeit schreiten im gleichen Tempo voran, das wir zu halten versuchen, ohne uns der Müdigkeit hinzugeben.

Der Kalender sagt uns auch, dass wir bei Teil III des Instrumentum laboris angelangt sind, d.h. beim letzten Kapitel des Buches. Wir sollten es mit der gleichen Entschlossenheit und Energie angehen wie die vorangegangenen, denn es ist nicht weniger wichtig. Last but not least würde man auf Englisch sagen. Wie der Titel des Kapitels ausdrückt, nehmen wir „die Perspektive der Orte ein, die gegen die Versuchung eines abstrakten Universalismus von der Konkretheit der Kontexte sprechen, in denen sich die Beziehungen verkörpern, mit ihrer Vielfalt, Pluralität und Verflechtung und mit ihrer Verwurzelung im entstehenden Fundament des Glaubensbekenntnisses“ (IL 2, Einleitung).

Von Orten zu sprechen bedeutet, die Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, dass „die Kirche nicht verstanden werden kann, ohne die Verwurzelung an einem Ort und in einer Kultur“ (IL 2, Nr. 80). Dies „bedeutet nicht, einem Partikularismus oder Relativismus nachzugeben, sondern die Konkretheit zur Geltung zu bringen, in der in Raum und Zeit das gemeinsam erlebte Festhalten an der Offenbarung des heilbringenden Gottes Gestalt annimmt“ (ebd.). Der erste Absatz dieses Abschnitts mit dem Titel „Gebiete, in denen wir gemeinsam gehen“ lädt uns ein, uns darauf zu konzentrieren, wie die Menschen in unserer Zeit die Dimension der Verwurzelung in einem Kontext erleben. Viele Faktoren, die ich hier nicht zusammenfassen möchte, führen dazu, dass diese Erfahrung heute eine viel weniger ausgeprägte räumliche und geografische Konnotation hat als in der Vergangenheit. Wir haben immer noch das Bedürfnis, dazuzugehören, aber dieses Bedürfnis wird in Beziehungsgeflechten „mit einer dynamischeren und flexibleren territorialen Verankerung als in der Vergangenheit“ beantwortet, bis hin zum Grenzfall des digitalen Umfelds. Was bedeutet dies für die Erfüllung unseres Auftrags, das Evangelium zu verkünden? Wie müssen wir unsere Institutionen „in der Logik des Dienstes an der Sendung“ (IL 2, Nr. 87), der in einem anderen Kontext als in der Vergangenheit stattfindet, neu denken? Welche institutionellen und organisatorischen Formen müssen verändert werden und wie?

In der Kirche von lokalen Kontexten zu sprechen, bedeutete jedoch schon immer, „die zwischen Orten und Kulturen bestehenden Beziehungen“ zu berücksichtigen. Orte und Kulturen sind keine verschiedenen Planeten, sondern stehen immer in Beziehung zueinander. Das gilt umso mehr für die Kirchen aufgrund des Bandes der Gemeinschaft, das sie in der Einheit der ganzen Kirche verbindet, deren sichtbares Prinzip der Bischof von Rom ist. Diese Kirchen, die hier alle vertreten sind, unterhalten auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlicher Weise untereinander und mit der Gesamtkirche eine reiche Palette von Beziehungen, die sich in einem Austausch von Gaben äußern. Neben der lateinischen Kirche gibt es die orientalischen Kirchen sui iuris. Jede dieser Kirchen hat ihrerseits Diözesen oder Eparchien, die untereinander und mit der Gesamtkirche vielfältige, auch institutionelle Beziehungen unterhalten. Schließlich steht die Gemeinschaft auch dem inneren Leben jeder Ortskirche vor, und zwar in den verschiedenen Formen der Beteiligung der Gläubigen, insbesondere in den dafür vorgesehenen Gremien. Dies wird im zweiten und dritten Abschnitt von Teil III des Instrumentum laboris unter dem Titel „Die Ortskirchen in der einen und einzigen katholischen Kirche“ bzw. „Die Verbindungen, die der Einheit der Kirche Gestalt verleihen“ behandelt.

Im letzten Absatz schließlich geht es um den „Dienst an der Einheit des Bischofs von Rom“. Ich glaube, ich interpretiere die Aufforderung des Heiligen Vaters, die Arbeit und den Austausch über diesen Absatz im Geiste der parresia anzugehen. Der Heilige Vater hat uns hierher gerufen, um auch unseren Rat zu hören, wie er seinen Dienst und den der römischen Kurie heute effektiver gestalten kann. Er hat ein Recht darauf zu erfahren, was wir wirklich denken, ausgehend vom Leben und den Bedürfnissen des Volkes Gottes an den Orten, aus denen wir kommen.

Auf den ersten Blick mögen viele der Themen, die wir in diesem Modul behandeln, technisch erscheinen, für Insider, weit entfernt vom täglichen Leben der großen Mehrheit des Volkes Gottes. Ich bin sicher, dass die theologisch-pastoralen Foren, die wir morgen Nachmittag erleben werden, uns helfen werden, diesen Eindruck zu zerstreuen, indem sie die Relevanz dieser Themen für die Mission der Kirche in der Welt von heute hervorheben.

Vor allem aber denke ich, dass dieses Modul, wie auch und vielleicht noch mehr als das vorhergehende, die gelebte Erfahrung von uns, die wir hier sind, trifft und hinterfragt. Dies scheint mir die richtige Perspektive zu sein, um uns auf die vor uns liegende Arbeit einzustellen.

Um dies zu erkennen, lade ich jeden von uns ein, sich eine Minute Zeit zu nehmen, um sich umzuschauen, und zunächst den Blick auf die Menschen zu richten, die an unserem eigenen Tisch sitzen. (KURZE PAUSE).

Und dann lade ich jeden ein, seinen Blick zu weiten und den ganzen Raum zu erfassen. Ich gebe zu, dass es für mich von diesem erhöhten Tisch aus einfacher ist [KURZE PAUSE].

An diesem ganz konkreten Ort, der Aula Paul VI., haben wir nun fast zwei Monate unseres Lebens verbracht. An diesem Ort sind unsere Beziehungen untereinander gewachsen, in einem Netzwerk, das nicht durch diese Mauern begrenzt ist, sondern wirklich die ganze Kirche und die ganze Welt umfasst. An diesem Ort haben wir eine reiche und intensive Erfahrung gemacht. Wie bei jedem Synodentreffen, aber in einer noch spezielleren Weise, haben wir erfahren, dass die Begegnung zwischen Brüdern und Schwestern im Glauben nicht frei von Mühen und Schwierigkeiten ist, aber sie führt zu einer Begegnung mit dem Herrn und bringt die Freude des Evangeliums hervor.

Wenn wir diesen Schatz nur für uns behalten würden, würden wir ihn zu einem Privileg machen. Dieses Modul bietet also die Gelegenheit, uns zu fragen, was die Wege, die Formen sind, auch organisatorisch und institutionell, damit der Reichtum der Erfahrung, die wir hier, an diesem Ort, gemacht haben, dem ganzen Volk Gottes zugänglich wird - und zwar nicht nur durch unsere Geschichte, sondern durch die Erneuerung unserer Kirchen. Es wird nicht möglich sein, alle Getauften in die Aula Paul VI. zu bringen, aber darum geht es nicht: Man muss nicht hierherkommen, um an der Dynamik der synodalen Kirche teilzuhaben. Das Ziel unserer Arbeit in den nächsten Tagen ist es, Instrumente vorzuschlagen, die dies erleichtern.

 

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15. Oktober 2024, 10:02