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Nachmittagsprogramm bei der Weltsynode im Vatikan Nachmittagsprogramm bei der Weltsynode im Vatikan  (Vatican Media)

Weltsynode: Stärkung von Synodalität und Kollegialität

Beim theologisch-pastoralen Forum der Synodenversammlung in Rom hat der Theologe P. Dario Vitali über die historische Entwicklung der Kirche und das Verhältnis von Synodalität, Kollegialität und Primat gesprochen. Er betonte die Bedeutung eines harmonischen Zusammenspiels zwischen dem Bischof von Rom und den Ortsbischöfen, um eine Kirche der Einheit in der Vielfalt zu fördern.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Am Abend des 16. Oktober fand im Rahmen der Synodenversammlung ein bedeutendes Forum in der Generalkurie der Jesuiten in Rom statt. Dort diskutierten Theologen und Kirchenrechtler über das Verhältnis zwischen der Autorität des Bischofs von Rom und der von Paul VI. 1965 gegründeten Bischofssynode. Der renommierte Theologe P. Dario Vitali, Professor für Ekklesiologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, erläuterte dabei das Verhältnis von Primat und Synodalität und skizzierte den kirchlichen Weg über drei historische Epochen hinweg.

Drei Phasen kirchlicher Entwicklung

Vitali unterschied drei Phasen in der Entwicklung der Kirche: Eine erste Phase ohne Primat, eine zweite, in der die lateinische Kirche von einem starken Primat geprägt war, und eine dritte, die nun angestrebt wird – eine Kombination aus Synodalität und Primat. Er erklärte, dass im ersten Jahrtausend die Sedes Romana aufgrund ihres Alters und ihrer Bedeutung als letzte Instanz zur Lösung von Konflikten anerkannt war. Die Synodalität fand ihren Ausdruck im ökumenischen Konzil, das als visuelle Repräsentation der gesamten Kirche galt.

Mit der Zeit entwickelte sich jedoch ein Ungleichgewicht, das zu einer „Papolatrie“ führte, wie Vitali anmerkte. Die apologetische Theologie schuf ein Modell einer sichtbaren, hierarchischen Kirche, in der der Papst als universaler Führer fungierte. Diese Entwicklung führte zu einer Abkehr von der ursprünglichen communio Ecclesiarum.

Zweites Vatikanisches Konzil als Wendepunkt

Das Zweite Vatikanische Konzil brachte einen neuen Ansatz für die Ausübung des Primats, indem es die Kollegialität der Bischöfe betonte. Dennoch blieb das Modell einer universalen Kirche bestehen. Vitali kritisierte, dass die nachkonziliare Praxis nur eine schwache Form der Kollegialität hervorgebracht habe und die affektive Kollegialität letztlich eine verstärkte Form der Primatsausübung bedeutete.

In diesem Kontext wies Vitali auf die Bedeutung von Lumen gentium, einem zentralen Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils, hin. Dort wird betont, dass „in und aus (den Teilkirchen) die eine und einzige katholische Kirche besteht“ (Lumen gentium, 23). Dieses Prinzip stellte einen wichtigen Einschnitt in die Vorstellung vom Petrusamt dar und forderte, den Bischof nicht als Stellvertreter des Papstes, sondern als Stellvertreter Christi zu betrachten.

Synodalität und Primat in der Praxis

Nach Ansicht Vitalis bietet der laufende synodale Prozess die Gelegenheit, das Verhältnis von Primat und Synodalität neu zu gestalten. Der Bischof von Rom fungiert hierbei nicht als alleinige Instanz, sondern initiiert und schließt synodale Prozesse im Dienst der Einheit ab. In dieser kreisförmigen Dynamik aus Einheit und Vielfalt wird die Rolle des Papstes als Garant der kirchlichen Gemeinschaft verstanden.

Vitali betonte, dass diese neue Praxis des Primats mehr sei als eine bloße organisatorische Veränderung; sie stelle die getreue Umsetzung der vom Konzil formulierten Prinzipien dar. Vitali zitierte dabei aus Lumen gentium, wo es heißt, dass „die rechtmäßigen Verschiedenheiten“ innerhalb der Kirche „der Einheit nicht nur nicht schaden, sondern ihr vielmehr dienen“ (Lumen gentium, 13).

Forderung nach Dezentralisierung und Konsultation

Der Kirchenrechtler Don José San José Prisco forderte in seinem Beitrag eine stärkere Dezentralisierung und die Wiederherstellung der ursprünglichen Funktion der Diözesen. Die Bischöfe, so Prisco, sollten als direkte Stellvertreter Christi betrachtet werden, nicht als Vertreter des römischen Papstes. Eine gesunde Harmonie zwischen den Autoritäten des Papstes und der Bischöfe sei unerlässlich, um die Einheit zu wahren, ohne die Vielfalt zu ersticken.

Prisco kritisierte zudem die derzeitige Praxis, nach der viele Bischöfe nicht als Hirten einer Ortskirche tätig sind. Die Verbindung zwischen Bischöfen und ihren Gemeinden müsse wiederhergestellt werden, um eine echte Ausübung der Kollegialität zu gewährleisten.

Perspektiven für die Zukunft der Synode

Timothy Costelloe, Erzbischof von Perth, hob die positive Entwicklung hervor, dass Priester, Frauen und Laien als voll stimmberechtigte Mitglieder in die Synode einbezogen wurden. Er betonte die Notwendigkeit einer strukturellen Reform des Synodenbüros, um die Synode stärker an den Bedürfnissen der Ortskirchen auszurichten.

Ökumenische Herausforderungen

Bischof Bruno Forti erinnerte an die ökumenischen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf den Primat des Bischofs von Rom. Er fragte, wie die Kirche die Rolle des Papstes als letzte Instanz der Gemeinschaft gestalten könne, ohne die legitimen Verschiedenheiten der Kirchen zu unterdrücken. Diese Frage stellte sich besonders angesichts der Entwicklungen in der ökumenischen Bewegung und der orthodox-katholischen Dialoge.

Schlussfolgerung

Das Forum bot tiefgehende Einblicke in die Herausforderungen und Chancen der synodalen Praxis. Die Kirche ist aufgerufen, die Harmonie zwischen der Autorität des Papstes und der Kollegialität der Bischöfe neu zu gestalten, um eine wahre Einheit in der Vielfalt zu erreichen. Die fortschreitende Entwicklung des Synodenprozesses bietet eine Gelegenheit, die Prinzipien des Zweiten Vatikanischen Konzils in die Praxis umzusetzen und die Kirche in eine neue Ära der Synodalität zu führen.

(vatican news)

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17. Oktober 2024, 10:58