Parolin über Benedikt XVI.: Meister der Hoffnung in dunklen Zeiten
„In den dunklen Zeiten, die wir durchleben, ist Benedikt XVI. ein Meister“, der „uns hilft, den Blick zu heben und eine solide Grundlage zu finden, um weiter nach vorne zu blicken, hin zur Einheit, zur Wahrheit, zur Schönheit, zur Liebe“, so Kardinal Parolin. Mit Mut und Leidenschaft ermutige er, „im Glauben und in der Hoffnung das schreckliche Gewicht des wütenden Hasses und des Bösen zu tragen, das unsere Zeit bedrückt und jeden Tag unzählige Menschenleben um uns herum vernichtet“. Kardinal Pietro Parolin äußerte sich bei der Verleihung des diesjährigen Ratzinger-Preises, der seit 2011 von der Stiftung Joseph Ratzinger-Benedikt XVI. vergeben wird.
„Übereinstimmung“ der Preisträger mit Ratzinger-Benedikt
In seiner Abschlussrede, die er nach der Preisverleihung an den irischen Theologen Cyril O'Regan und den japanischen Bildhauer Etsurō Sotoo hielt, betonte Kardinal Parolin angesichts der bevorstehenden Eröffnung des Heiligen Jahres, „das Papst Franziskus unter das Zeichen der Hoffnung gestellt hat“, dass „die Stimme Benedikts eine der erhabenen Stimmen der Hoffnung ist, die uns begleiten muss“. In diesem Zusammenhang verwies er auf die stets aktuelle Enzyklika Spe salvi, „die ganz der Hoffnung gewidmet ist, der menschlichen Hoffnung und der christlichen Hoffnung“.
Beide Preisträger, so der Kardinalstaatssekretär weiter, stünden in „Übereinstimmung“ mit dem Denken, der Sensibilität, dem menschlichen und christlichen Zeugnis Joseph Ratzingers, der, seinem bischöflichen Motto „Cooperatores Veritatis“ folgend, sein Leben dem Ziel gewidmet habe, „die Wahrheit in all ihren Formen zum Leuchten zu bringen, mit Intelligenz, Forschung und Lehre, mit dem Genie und der Anstrengung des künstlerischen Ausdrucks, mit dem Zeugnis seines menschlichen und kirchlichen Dienstes.“
Die offene Aufgabe der Suche nach der Wahrheit
In seinen Überlegungen als Theologe und in seinem Lehramt als Bischof und Papst, die sich auf ein sehr breites Spektrum von Problemen und Themen erstreckten, habe Papst Benedikt – Joseph Ratzinger „nie die Fähigkeit verloren, seine Beziehung zu Gott durch die Suche nach der Wahrheit hervorzuheben“, so Parolin weiter. Dabei habe seine Idee Frucht getragen, „dass die menschliche Vernunft sich immer ‚offen‘ halten muss, dass jede Disziplin sich nicht in einem sterilen Positivismus verschließen darf“. Und auch wenn er „überzeugt ist, dass die letzte Antwort auf diese Fragen in der in Christus geoffenbarten Wahrheit zu finden ist, bleibt die Suche nach dieser Wahrheit und ihrem tieferen Verständnis immer eine offene und überraschende Aufgabe, ohne die die Würde der menschlichen Person entwertet wird und die Richtung ihres Weges verloren geht“.
O'Regan und Benedikt: eine bescheidene Stimme im Dienst des Herrn
In Bezug auf das Werk des Theologen Cyril O'Regan, Professor für Theologie an der Universität Notre Dame (USA), erinnerte der Staatssekretär daran, dass dieser in seinen Schriften, die Joseph Ratzinger - Benedikt XVI. gewidmet sind, dessen Stimme als „gekennzeichnet durch eine tiefe Demut“ definiert, gekennzeichnet auch „durch den klaren Wunsch, eine Stimme nicht seiner selbst, sondern der Tradition der Kirche zu sein, im Dienst der Stimme des Herrn Jesus“. Seine Vision, so die Darstellung O’Regans, sei „immer auf Gott ausgerichtet“ gewesen. Eine Demut, die der bayerische Papst eher dem heiligen Benedikt zuschrieb, welcher sich nicht selbst in den Vordergrund stellte, sondern „sich in die Größe der Wahrheit selbst einzufügen sucht“.
Sotoo und der Stein, der zur Stimme der Schöpfung wird
Mit Blick auf das Werk des japanischen Bildhauers Sotoo hob Kardinal Parolin dessen Beitrag „zu dem gewaltigen Unterfangen des Baus der Sagrada Familia“ in Barcelona hervor, der nach den Anweisungen von Antoni Gaudí erfolgte. „Der scheinbar harte und träge Stein wird dank der schöpferischen Arbeit des Architekten und des Bildhauers, der Mühe des Handwerkers und des Arbeiters zur lebendigen Stimme der Schöpfung Gottes und zur Manifestation seiner Schönheit und seiner Liebe“, so Parolin. Er schaffe einen Raum, in dem die Versammlung der Kirche, die ihrerseits aus lebendigen Steinen bestehe, ruhend auf dem Stein, der Christus ist, „Gott im Gebet und in der Feier der Sakramente begegnet“, würdigte er den Preisträger und sein Schaffen.
O'Regan: Ratzinger-Benedikt, ein augustinischer Theologe
In seiner Dankesrede betonte der Theologe O'Regan, dass Ratzinger/Benedikt XVI. in jeder Hinsicht „ein augustinischer Theologe“ sei. „Ich denke gerne“, fügte er hinzu, „dass Benedikt, so wie er möchte, dass wir von der Schrift als Wort Gottes aufgenommen und geformt werden, auch möchte, dass wir uns in den Seiten eines Textes voller Sehnsucht und Erfüllung wiedererkennen, in dem wir Gott finden, weil Gott uns bereits in Christus gefunden hat“, so O’Regan unter Verweis auf die Bekenntnisse des heiligen Augustinus.
Sotoo mit Benedikt XVI.: Bibel „nicht mit Worten, sondern mit Steinen“
Der Bildhauer Sotoo erklärte in seinem Grußwort, dass er derzeit an der Innengestaltung des Jesus-Turms arbeite, dem größten und wichtigsten Turm der gesamten Sagrada Familia, in dem „meine Überlegungen zum modernen Firmament die Idee der einfachen Essenz ‚Vater, Sohn und Heiliger Geist‘ in Erinnerung rufen“. Der Turm ist 60 Meter hoch und soll mit mehr als 32.000 farbigen Keramiken gefüllt werden. Sotoo erinnerte daran, dass er „an dem unvergesslichen Tag, an dem die Sagrada Familia von Papst Benedikt XVI. eingeweiht wurde, am 7. November 2010“ das Gefühl hatte, „dass die Arbeit an der Sagrada Familia nicht nur ein architektonisches oder künstlerisches Projekt ist, sondern eine Berufung, eine göttliche Bestimmung“. Um den „unvollkommenen Menschen und ihren unbeständigen Worten“ zu helfen, stellte Sotoo klar, habe Gaudí viele neue Symboliken benutzt, „um der Welt, vor allem den jungen Menschen, direkt die Bedeutung der Bibel zu vermitteln, die über die Worte, über die Sprache hinausgeht“. Oder, um es mit den Worten von Papst Benedikt bei der Einweihung zu formulieren: „Nicht mit Worten, sondern mit Steinen“.
Lombardi: neue Initiativen im Zusammenhang mit Ratzinger-Benedikt
Pater Federico Lombardi, Präsident der Vatikanischen Stiftung Joseph Ratzinger-Benedikt XVI., betonte in seiner Einführung zur Preisverleihung, dass mit den beiden neuen Preisträgern die weltweite „Gemeinschaft“ der Preisträger auf 18 verschiedene Länder angewachsen sei, eine Gemeinschaft, die „sich in den großen Idealen von Ratzinger-Benedikt wiedererkennt: eine ‚offene Vernunft‘ zu pflegen, eine Intelligenz in Forschung und Dialog, die sich über die Disziplinen und die Künste erstreckt und uns zu ‚Mitarbeitern der Wahrheit‘ macht, damit sie den Verstand, die Herzen und das Leben nährt“.
Er fügte hinzu, dass „wir nicht den Eindruck haben, dass sich unser Auftrag im Laufe der Zeit erschöpft, sondern dass er sich vielmehr bestätigt. Aus verschiedenen Ländern und Kontinenten erreichen uns sehr oft Nachrichten über neue kulturelle und akademische Initiativen, über Institute, Lehrstühle, Forschungsprojekte und mehr, die sich auf Joseph Ratzinger - Benedikt XVI, auf sein Denken und Wirken beziehen“. Pater Lombardi wies in diesem Zusammenhang stellvertretend nur auf die jüngste Initiative hin, die Einrichtung eines „Benedikt XVI.-Lehrstuhls“ an der Saint Mary's University in Minnesota unter dem Vorsitz von Pater James Burns. Dieses Projekt ziele darauf ab, „in einer interdisziplinären Perspektive zum Bildungsprojekt der jungen Menschen beizutragen, indem sie sich insbesondere auf das Lehramt der letzten drei Päpste bezieht“. Abschließend drückte er sein Vertrauen in die Fruchtbarkeit des Erbes von Benedikt XVI. aus, „das sich offen für einen universellen Horizont zeigt und in den verschiedensten Sprachen und Kulturen Samen sät und Früchte trägt“.
(vatican news – adb/cs)
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