Vatikan: Konferenz zum Geheimnis eines langen Lebens
Mario Galgano - Vatikanstadt
„Langlebigkeit ist nicht nur eine Frage der Wissenschaft, sondern auch der Gerechtigkeit, Solidarität und kollektiven Verantwortung.“ Mit diesen Worten hat Erzbischof Vincenzo Paglia, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, an diesem Montagmittag den „Vatican Longevity Summit“ eröffnet. Die Konferenz, die im Augustinianum in Rom am Montagnachmittag stattfindet, wurde zunächst im vatikanischen Pressesaal vorgestellt. Das Treffen führt führende Wissenschaftler, Nobelpreisträger und Kirchenvertreter zusammen, um die neuesten Erkenntnisse zur Verlängerung und Verbesserung der Lebenszeit zu diskutieren. An der Konferenz am Nachmittag wird als Papst-Gesandter Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin dabei sein, so die Organisatoren bei der PK im Vatikan.
Journalisten-Fragen über die Gesundheitsprobleme des Papstes
Papst Franziskus zeige mit seiner derzeitigen körperlichen Schwäche, dass ältere und schwache Menschen der Gesellschaft noch viel geben könnten und nicht an den Rand gedrängt werden dürfen, sagte Erzbischof Paglia auf eine Journalisten-Frage bei der Pressekonferenz. „Papst Franziskus ist der erste Papst in der Geschichte, der sich einer Altersspiritualität verschrieben hat“, so Paglia. Franziskus habe mit seinen wenigen Worten beim Mittagsgebet am Sonntag gezeigt, dass er den Blick auf die Nähe der Mitmenschen richte. Eine weitere Journalisten-Frage betraf das Älterwerden von Päpsten im Allgemeinen und ob es nicht sinnvoll wäre, das Papstamt mit einer Altersgrenze zu belegen. Darauf wies Paglia darauf hin, dass es in der Kirchengeschichte immer wieder Päpste gab, die mit Krankenheiten zu kämpfen hatten und man müsse sich davor hüten, das Papstamt nur auf eine funktionale Ebene zu betrachten. Man leite die Kirche nicht mit den Füßen, sondern mit dem Kopf und vor allem mit dem Herzen, fügte Paglia an.
Altern als Prüfstein der Zivilisation
Besonders hob Paglia die Notwendigkeit hervor, biomedizinische Innovationen allen zugänglich zu machen: „Medizinische Fortschritte dürfen nicht das Privileg einiger weniger bleiben, sondern müssen dazu dienen, allen Menschen ein gesundes und würdevolles Altern zu ermöglichen.“
Neurowissenschaften und kognitive Gesundheit
Der Neurochirurg Giulio Maira stellte die Herausforderungen des Alterns aus neurologischer Perspektive dar. „Unsere Gesellschaft altert – aber wie bewahren wir unsere kognitiven Fähigkeiten?“, fragte Maira. Er kritisierte, dass neurologische Forschung lange Zeit geschlechtsspezifische Unterschiede vernachlässigt habe. „Frauen sind häufiger von Alzheimer betroffen als Männer, aber Medikamente wurden jahrzehntelang fast ausschließlich an männlichen Versuchstieren getestet.“
Pater Alberto Carrara, Präsident des Organisationskomitees, betonte die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes für die Gehirngesundheit. Er stellte das Modell der „Sechs Säulen der Hirngesundheit“ vor, das Ernährung, Bewegung, Schlaf, kognitive Stimulation, Stressmanagement und soziale Kontakte umfasst. Zudem hob er hervor, dass auch Musik, Kunst und sensorische Erfahrungen eine entscheidende Rolle für die Erhaltung der kognitiven Fähigkeiten spielen.
Molekulare Medizin: Die Rolle der Ribosomen
Ein zentraler wissenschaftlicher Beitrag kam vom Nobelpreisträger Venkatraman Ramakrishnan. Er erklärte die Rolle der Ribosomen – winziger molekularer Strukturen, die für die Proteinsynthese in unseren Zellen verantwortlich sind. „Mit zunehmendem Alter nehmen Fehlfunktionen in den Ribosomen zu, was neurodegenerative Erkrankungen und Zellverfall begünstigt“, so der Chemiker. Die Forschung arbeite daher an Strategien, um Ribosomen gezielt zu schützen und so den Alterungsprozess zu verlangsamen.
Die Zukunft der Zellverjüngung
Der Stammzellforscher Juan Carlos Izpisúa Belmonte wagte einen Blick in die Zukunft: „Altern ist keine unausweichliche Bestimmung, sondern eine wissenschaftliche Grenze, die wir erforschen müssen.“ Er stellte neue Erkenntnisse über epigenetische Mechanismen vor, die möglicherweise das Altern umkehren und den biologischen Verfall aufhalten könnten. „Was können wir von den langlebigsten Organismen der Erde lernen? Manche Tiere haben Mechanismen entwickelt, die Zellalterung verhindern – wir stehen erst am Anfang, diese Prinzipien auf den Menschen zu übertragen.“
Ethische Fragen und soziale Verantwortung
Während die Wissenschaft zunehmend Möglichkeiten zur Lebensverlängerung eröffnet, warfen die Teilnehmer auch ethische Fragen auf. „Wie können wir sicherstellen, dass technologische Fortschritte der gesamten Menschheit zugutekommen und nicht nur einer privilegierten Elite?“, fragte Paglia. Die Kirche betone, dass das Ziel nicht allein die Lebensverlängerung sei, sondern ein würdevolles und erfülltes Altern.
Zum Abschluss der Pressekonferenz betonte Paglia, dass der Vatikan diesen Dialog fortsetzen werde: „Wir brauchen eine ganzheitliche Sicht auf das Altern, die Wissenschaft, Ethik und soziale Verantwortung verbindet.“
(vatican news)
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