Italien: Syrische Flüchtlinge dank Korridor sicher in Rom angekommen
Christine Seuss - Vatikanstadt
Die humanitären Korridore entspringen der ökumenischen Zusammenarbeit zwischen Sant´Egidio, Waldensern, Methodisten und dem Bund der Evangelischen Kirchen in Italien. Aufgrund eines Übereinkommens mit dem italienischen Innen- und Außenministerium konnten seit Februar 2016 bereits 1000 Flüchtlinge aus verschiedenen Krisenherden der Welt auf sichere und legale Weise nach Italien reisen, weitere 1000 sollen bis 2019 folgen. Vertreter der religiösen Organisationen hießen am Dienstag die Neuankömmlinge am Flughafen von Rom willkommen und überreichten ihnen einen am Palmsonntag gesegneten Olivenzweig und ein italienisches Wörterbuch. „Italien, Europa, wir alle, schauen weg und geben vor, nicht zu sehen und nicht zu wissen, was in Syrien, in Libyen und auf dem Mittelmeer passiert“, unterstrich Paolo Naso vom Bund evangelischer Kirchen in Italien bei der Begrüßung.
Unter den Neuankömmlingen fanden sich diesmal viele Kinder und Familienangehörige von Menschen, die bereits in Italien leben. Auch Jalaal, der seit 20 Jahren in Italien lebt und arbeitet, konnte seine Mutter endlich wieder in die Arme schließen. Schon lange hatte er vergeblich versucht, sie zu sich zu holen, erzählt er im Gespräch mit Vatican News:
„Meine Mutter war alleine in Idlib zurückgeblieben, im ununterbrochenen Bombenhagel durch die Russen und das Regime, und die türkische Grenze war wegen der Offensive auf Afrin geschlossen. Die einzige Möglichkeit war also, sie mit der Hilfe von Freunden in den Libanon zu schaffen.“
Dort kam sie in einem Flüchtlingslager unter, sie und weitere Menschen aus besonders schlimm getroffenen syrischen Städten gelangten mit dem jüngsten humanitären Transport nach Italien. Eine Weiterreise in andere Länder ist ihnen zunächst nicht gestattet, doch dies wiegt gering, im Vergleich zur Möglichkeit, sicher auf europäischem Boden anzukommen …
„Zwei Brüder von mir haben bereits ihr Leben riskiert, sind über das Meer nach Griechenland geflüchtet, und das ist nicht einfach,“ unterstreicht auch Jalaal. Für eine gebrechliche Frau wie seine Mutter habe er eine derartige Möglichkeit deshalb auch nie in Betracht gezogen. „Ich habe versucht, sie legal ins Land zu holen, über die Botschaft, aber das hat nie geklappt, uns wurden die Türen vor der Nase zugeschlagen. Zum Glück haben wir einen Menschen kennengelernt, der den Kontakt zu Sant´Egidio herstellen konnte, und sie haben unseren Fall angenommen und so haben wir es endlich geschafft. Das war wirklich schwer.“
Das italienische Beispiel hat jedenfalls Schule gemacht: Auch Belgien und Frankreich haben Memoranden zur Aufnahme von Flüchtlinge aus Syrien unterzeichnet. Das besondere an den Korridoren: Die Flüchtlinge werden nach humanitären Kriterien ausgewählt und gelangen auf einem sicheren und legalen Weg in ihr Zielland, wo sie anschließend Asyl beantragen können. Gemeinschaften wie Sant´Egidio stellen eine Wohnung und begleiten die Flüchtlinge auf dem Weg der Integration, helfen bei der Arbeitssuche und sind Ansprechpartner bei Behördenproblemen.
Ein Weg, durch den alle gewinnen: Skrupellose Menschenhändler gehen leer aus, die Menschen, die mit den Korridoren sicher ins Gastland gelangen, werden vor ihrer Einreise durch die Behörden einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen und die Integration wird durch die engmaschige Betreuung der Familien erleichtert. Auch Papst Franziskus hatte die Initiative der humanitären Korridore kurz nach ihrer Einrichtung im Februar 2016 beim Angelusgebet am 6. März 2016, als „konkretes Zeichen des Einsatzes für Frieden“ ausdrücklich gewürdigt:
„Als konkretes Zeichen des Einsatzes für den Frieden und das Leben möchte ich die jüngst in Italien angelaufene Initiative der humanitären Korridore für die Flüchtlinge anführen und meine Bewunderung dafür zum Ausdruck bringen. Dieses Pilotprojekt, das Solidarität mit Sicherheit verbindet, erlaubt es, Menschen beizustehen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, wie die hundert Flüchtlinge, die bereits nach Italien gebracht wurden, unter ihnen Kranke, Behinderte, Kriegswitwen mit Kindern und alte Menschen.“
Es freue ihn, so der Papst bei dieser Gelegenheit weiter, dass diese Initiative eine ökumenische Initiative sei. Von Beginn an war sie von der katholischen Gemeinschaft Sant´Egidio, den Bund der Evangelischen Kirchen Italiens sowie von den Kirchen der Waldenser und Methodisten getragen.
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