Monumente werden anlässlich des Welt-Autismus-Tages weltweit blau angestrahlt: Hier der Brunnen am italienischen Quirinal Monumente werden anlässlich des Welt-Autismus-Tages weltweit blau angestrahlt: Hier der Brunnen am italienischen Quirinal 

Welt-Autismus-Tag: Grenzen in der Forschung niederreissen

Papst Franziskus betet für Menschen, die an autistischen Entwicklungsstörungen leiden. Dies sagte er bei seinem Mittagsgebet am Ostermontag anlässlich des Welt-Autismus-Tages, den die Weltgemeinschaft am 2. April begeht, vom Fenster des apostolischen Palastes.

Christine Seuss und Barbara Castelli - Vatikanstadt

„Nutzt jede Gelegenheit", so der Papst, „um Zeugen des Friedens des auferstandenen Herrn zu sein, vor allem gegenüber den zerbrechlichsten und benachteiligsten Menschen. In diesem Zusammenhang wünsche ich ein besonderes Gebet für den Welt-Autismus-Tag zuzusichern, den wir heute begehen."

Pünktlich zum diesjährigen Welt-Autismus-Tag hat das römische Kinderkrankenhaus Bambin Gesu eine Initiative ins Leben gerufen, um auch in armen Ländern Autismus-Behandlungen auf hohem wissenschaftlichen Niveau zu ermöglichen. Kliniken und Wissenschaftler in mehr als zwanzig Ländern haben sich bereits angeschlossen.

 

Ein wisschenschaftliches Netzwerk, um Erkenntnisse frei zugänglich zu machen



Eine der Methoden des wissenschaftlichen Networks: Diagnose- und Therapieprotokolle frei zugänglich, ohne „Copyright“ zur Verfügung zu stellen. Dies ist auch dringend nötig: In Ländern mit niedrigem oder mittlerem Grundeinkommen fehlt es oft an wissenschaftlichem Know-how, um diagnostizierten Autismus adäquat zu behandeln. Denn die Forschung, so erklärt im Gespräch mit Vatican News Stefano Vicari, Leiter der Abteilung für Pädoneuropsychiatrie im Krankenhaus Bambin Gesu, konzentiert sich vor allem in „reichen Ländern“, um die Ergebnisse zu nutzen, müsse man Geld auf den Tisch legen - in den ärmeren Ländern oft ein unmögliches Unterfangen. „Unser Ziel ist es, im Kielwasser der internationalen Studien Instrumente für die Diagnose zu schaffen, die dieses Ungleichgewicht beseitigen können,“ so der Spezialist.

 

Ein Ungleichgewicht, auf das auch die Weltgesundheitsorganisation hingewiesen hat: „Die überwältigende Mehrheit“, so bestätigt uns Vicari, „wenn nicht die gesamte Produktion von Forschungsmaterial zu Autismus findet in den Vereinigten Staaten, Australien, England und auch in Japan statt, das heißt, die Länder Südamerikas oder Asiens, die andererseits aber auch viele Betroffene haben, bleiben außen vor“, was Konsequenzen auf mehreren Ebenen mit sich bringt. Die hohen Kosten für die Therapie, gepaart mit wissenschaftlicher Unkenntnis der behandelnden Ärzte, verhindern eine frühzeitige Erkennung des Problems und eine adäquate Therapie und Unterstützung der Patienten. „Wir wollen Autismus nach allen Seiten erläutern. Denn der kulturelle Aspekt, die kulturelle Mediation, macht wohl auch einen Unterschied dabei aus, wie sich die Störung ausdrückt.“

 

Bemerkenswerte Fortschritte der Forschung

 

Die Forschung habe sehr bemerkenswerte Fortschritte gemacht, erläutert Vicari weiter. Dies betreffe sowohl die genetischen Grundlagen der Krankheit – denn mittlerweile sei zumindest geklärt, dass Autismus genetischen Ursprungs sei - wie auch die Möglichkeiten, damit umzugehen. „Sicher, wir stehen noch vor vielen Fragen, die wir beantworten müssen, und die kommenden zehn Jahre werden sich noch stark auf das Schicksal dieser Störung sowie der Kinder und ihrer Familien auswirken.“
Pate für das neue Projekt stand eine Zusammenarbeit, die die Pioniere des Bambin Gesu bereits seit mehreren Jahren mit einem italienischen Krankenhaus im jordanischen Kerak leisten. Seit 2013 werden dort Ärzte gezielt auf dem Gebiet der Neurologie und Neuropsychiatrie für das Kindesalter geschult. Seit Beginn der Zusammenarbeit sind bereits 600 Kinder untersucht worden, 250 von ihnen wurde eine Störung der Gehirnentwicklung diagnostiziert. „Die Familien stehen im Vordergrund“, erklärt Vicari das Vorgehen. „Wir haben uns dazu entschieden, auch die Eltern zu schulen und sie an der therapeutischen Beziehung mit ihren Kindern teilhaben zu lassen, um ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, wie sie das Wachstum des Kindes fördern können. Und die Ergebnisse bislang sind sehr befriedigend, vor allem was die Beziehung der betroffenen Kinder mit ihren Eltern und ihre kommunikativen Fähigkeiten betrifft. Das ist ein Projekt mit geringen Kosten, aber potentiell sehr wirkungsvoll, wie sie auch die Weltgesundheitsorganisation aufs Wärmste empfiehlt.“

Hintergrund: Was ist Autismus?


Autismus ist eine komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung. Häufig bezeichnet man Autismus bzw. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) auch als Störungen der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirken.
Trotz umfangreicher Forschungsergebnisse hat sich bislang noch kein umfassendes Erklärungsmodell herausgebildet, das vollständig und schlüssig die Entstehungsursachen autistischer Störungen belegen kann. So unterschiedlich sich die ursächlichen Faktoren für das Syndrom bisher darstellen, so vielfältig und jeweils an den Bedürfnissen des Einzelnen ausgerichtet sind auch die pädagogischen und therapeutischen Ansätze. Enorm wichtig bleibt jedoch das frühzeitige Erkennen und Behandeln der Entwicklungsstörung. Mehr Informationen unter www.autismus.de.

(vatican news)

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02. April 2018, 13:05