Nicaragua: Bischöfe fordern Rücknahme der Sozialreform
Seit mehreren Tagen kommt es im Land zu gewaltsamen Zusammenstößen von Polizei und Großteils jungen Demonstranten, die gegen die Ankündigung der Regierung protestieren, die Renten zu kürzen und zugleich die Sozialversicherungsbeiträge für mehr als 700.000 Beschäftigte deutlich zu erhöhen. Medienberichten zufolge seien bislang 25 Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen, andere seien verhaftet worden. Auch Papst Franziskus hatte beim Regina Coeli Gebet seine Sorge über die Situation in dem Land ausgedrückt.
Mit Blick auf die jungen Nicaraguaner, die ihre Rechte „auf staatsbürgerliche Weise“ einfordern und auf die „jüngsten gewalttätigen Ereignisse, die den Frieden in unserem Land stören“, unterstreichen die Bischöfe, es sei ein „Zeichen von Menschlichkeit, die getroffenen Entscheidungen zu korrigieren.“ Der Dialog, so die Bischöfe weiter, sei eine Möglichkeit, den Konflikt zu beenden, der sich verschlimmern kann, wenn die richtigen Entscheidungen nicht im richtigen Moment getroffen werden.“
Die jüngsten Äußerungen des Präsidenten Ortega scheinen den Hoffnungen der Bischöfe jedoch eine Absage zu erteilen. Er wolle nur mit bestimmten Vertretern von Unternehmen über die umstritteneren Reformen sprechen, sagte er in einer Fernsehansprache am Samstag, verstärkte Demonstrationen waren direkt im Anschluss die Folge.
Doch die per Dekret entschiedene Reform des Präventionssystems ruft Kritiker aus allen Lagern auf den Plan. Diese helfe nicht, einen Zusammenbruch des sozialen Systems zu verhindern, sondern fördere Arbeitslosigkeit und gehe zu Lasten des Konsumverhaltens und der Wettbewerbsfähigkeit, heißt es in Stellungnahmen wichtiger Industrieverbände. Die Industriekammer des Landes CADIN hatte den Präsidenten aufgefordert, das Dekret zurückzuziehen, da dieses „die Wirtschaft des Landes unterminiert“ und „ausufernde Gewalt“ mit sich gebracht habe.
„Wir lehnen jeden Akt von Gewalt ab, der die Kinder derselben Nation einander gegenüberstellt,“ schreiben die Bischöfe des Landes, die sich nicht scheuen, die Verantwortung für die Gewalteskalation in den Reihen der Politik zu suchen: „Die unterdrückerischen Aktionen, die durch Regierungsmitglieder ausgeführt werden, beeinträchtigen den Frieden. Die Kirche lehnt die Missbräuche, die Ungerechtigkeiten und die Angriffe auf die Freiheit überall dort ab, wo sie auftreten, unabhängig von ihren Autoren, und schlägt vor, mit den geeigneten Mitteln für die Verteidigung und die Förderung der Menschenrechte einzutreten, insbesondere der Armen.“
An das „nicaraguanische Volk“ gerichtet bitten die Bischöfe darum, dass dieses sein Recht auf Protest „friedlich“ wahrnehme, getragen von „bürgerlichen und evangelischen“ Werten. „Wir sind überzeugt“, schließen die Bischöfe, dass die wahre Solidarität in diesem Moment bedeutet, den Nicaraguaner als Person zu werten“ und mit „entschiedener Beharrlichkeit“ für das Gemeinwohl einzutreten, „denn wir alle sind wirklich verantwortlich für alle“.
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