Proteste im Kongo Proteste im Kongo 

Dem. Rep. Kongo: Bitte, handelt schnell!

Die Politik muss jetzt etwas tun – so lautet der Tenor einer aktuellen Erklärung der Bischöfe der kongolesischen Provinz Äquator. Während Präsident Kabila seinen Platz nicht räumen will, obwohl er gemäß Verfassung nach zwei Amtszeiten längst hätte zurücktreten müssen, fliehen immer mehr Menschen aus dem Land, das so reich an Wasser, fruchtbaren Böden und Rohstoffen ist. Kriege und Gewaltexzesse rund um diesen Reichtum führen zu den Massenfluchten.

Marion Sendker und Anne Preckel – Vatikanstadt

Schuld sei eine „schlechte Regierungsführung und Vernachlässigung der Bevölkerung durch die Zentralregierung und die Manipulierung durch die lokale politische Klasse“, kritisierte zuletzt der Sekretär der Bischofskonferenz der Provinz Mbandaka, Pfarrer Gaspard Ndjoli, im Interview mit Radio Okapi.

Ruanda heißt das Ziel von immer mehr Menschen aus dem Ost-Kongo. Sie fliehen vor Krieg und Gewalt in ihrer Heimat und finden Zuflucht im Nachbarland. Den Krieg lassen sie dort zwar hinter sich, aber die Erlebnisse bleiben. Das psychologische Trauma sei massiv, berichtet Jennifer Bose von der Hilfsorganisation CARE, die seit fast 50 Jahren in Uganda aktiv ist.

Hier als Hörbeitrag

Massives Trauma

 

„Kinder haben miterlebt, wie ihre Geschwister oder Mütter vergewaltigt wurden; wie vor ihren Augen auf Menschen eingeschlagen wurde, bis sie umkamen. Ich habe mehrere junge Mädchen getroffen, die von ihren Vergewaltigern ein Kind mit sich tragen, ich habe Frauen getroffen, die von ihren Männern misshandelt werden, und diese Brutalität und diese Gewalt ist ein Stücke weit durch den jahrelangen Krieg im Kongo normalisiert worden“, sagt Bose.

Die Hilfsorganisationen müssten mit ihrer Arbeit vor Ort „bei null“ anfangen und den Menschen erst mal erklären, dass zum Beispiel „Gewalt und Kinderarbeit nicht normal“ sind, so Bose.

Es fehlt in den Camps an allem

 

Mehr als 285.000 Kongolesen hat Uganda schon aufgenommen. Sie leben auf engstem Raum; in Zelten, die viele sich selbst bauen mussten. Es fehlt in den Camps an fast allem, berichten Helfer: Nahrung, ausreichende Sanitäranlagen, Beschäftigung, psychologische Hilfe. Frauen würden sich prostituieren, um so an ein paar materielle Güter zu kommen. Ugandas Flüchtlingspolitik gilt nichtsdestotrotz als eine der besten Afrikas, das bestätigt auch Bose:

„Uganda ist ein Land, das in Sachen Flüchtlingspolitik sehr großzügig ist. Es bietet den Menschen Land, Arbeit und Bewegungsmöglichkeit. Aber Uganda ist mit 1,5 Millionen Flüchtlingen aus zehn verschiedenen Ländern auch sehr strapaziert.“

Der Reichtum Kongos ist ein Verhängnis

 

Dass die Kongolesen bald wieder zurück in ihre Heimat können, gilt als unwahrscheinlich. Das Problem sei dabei nicht nur, dass die Politiker im Kongo sich nicht einigen können über mögliche Präsidentschaftswahlen Ende des Jahres, sondern dass weitab von der Hauptstadt Banden in den ländlichen Gebieten des Landes ihr Unwesen treiben. Vor allem der Osten Kongos ist reich an Gold, Diamanten, Coltan und anderen Erze. Dieser Reichtum ist längst zum Verhängnis geworden, denn er zieht Milizen an, die die Menschen vor Ort ausbeuten, sich Waffen kaufen und immer mehr Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen.

„Die politische Aussicht ist ziemlich schwierig. Es ist unglaublich schwierig, alle Parteien an einen Tisch zu bringen, und deswegen ist es umso wichtiger, dass die internationale Gemeinschaft da mitwirkt und aktiv an einem Friedensprozess teilnimmt“, sagt auch Bose.

„Es reicht nicht“

Viele internationale Organisationen in Uganda seien nicht nur unterfinanziert, sondern auch nicht gut vorbereitet auf neue Flüchtlingsströme, betont sie.

Im April hatten die Vereinten Nationen Hoffnungen geweckt und zur internationale humanitäre Geberkonferenz für die Demokratische Republik Kongo nach Genf geladen. Allein die UNO-Hilfswerke in Kongo benötigen in diesem Jahr nach eigenen Angaben fast 1,4 Milliarden Euro. Zugesprochen wurde ihnen am Ende etwas mehr als ein Drittel. Auch Bose fühlt sich von der UNO allein gelassen:

„Es reicht nicht. Von den drei Millionen, die wir als CARE brauchen, um das Nötigste zu leisten, haben wir gerade mal 200.000 bekommen, also knapp 7 Prozent. Wie brauchen unbedingt noch mehr Unterstützung, um alle Flüchtlinge angemessen zu versorgen.“

Die Hoffnung auf Rückkehr liegt im Sterben

 

Jenseits von akuter humanitärere Hilfe braucht es vor allem einen Friedensprozess, sagt sie, damit die Kongolesen bald wieder zurück können. Diese Perspektive schwinde aber immer mehr. Die Hoffnung auf eine Rückkehr sei zwar noch nicht ganz ausgelöscht – aber sie liege im Sterben. Und das könne wiederum zum Nährboden werden für neue, ganz andere Konflikte.

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

13. Juni 2018, 15:09