Abschied nehmen von Kardinal  Miguel Obando y Bravo Abschied nehmen von Kardinal Miguel Obando y Bravo 

Nicaragua: Kardinal Miguel Obando y Bravo ist tot

Der emeritierte Kardinal Miguel Obando y Bravo aus Nicaragua ist tot. Mit 92 Jahren verstarb der nicht unumstrittene Kardinal am Sonntag. Nicaraguas Präsident Daniel Ortega verliert mit ihm einen wichtigen Unterstützer.

Er galt in Nicaragua als „offizielle Stimme der Kirche“: Am Sonntag ist Kardinal Miguel Obando y Bravo im Alter von 92 Jahren gestorben. Das teilte die Bischofskonferenz des mittelamerikanischen Landes am Sonntag über Twitter mit. Der Tod des Salesianers hat durchaus politische Auswirkungen. Denn der Mann, der zuletzt wieder fest an der Seite der regierenden Sandinisten stand, war ein wichtiger Unterstützer des Präsidenten. Bischofskollegen kamen dagegen kaum zu Wort. Obando y Brava zelebrierte seine Nähe zu Ortega, der ihn dafür hofierte – bemängeln Kritiker.  

Papst Franziskus sprach in einem Telegramm an Kardinal Leopold Josè Brenes Solòrzano, Erzbischof von Managua, sein Beileid aus. Er habe mit Schmerzen vom Tod des Kardinals erfahren, so der Franziskus.

Im Regierungslager bedauert man den Tod sehr: „Nicaragua, das tragische Stunden und Uneinigkeit erlebt, erkennt auf ewig sein Leben an, das der Versöhnung und dem Frieden gewidmet war“, schrieb „La Voz del Sandinismo“. Auch die Bischofskonferenz Nicaraguas ließ in einem Statement verlautbaren, sie trauere um den Mann, der 35 Jahre lang an der Spitze des Erzbistums Managua stand. In der regierungskritischen Tageszeitung „La Prensa“ werden kritischere Töne laut: Obando y Bravo sei im Schatten seiner Allianz mit Präsident Ortega gestorben.

 

Ein politischer Kardinal

 

Als Obando mit 44 Jahren Erzbischof von Managua wurde, bezog er schnell Position gegen die blutige Diktatur des Somoza-Clans. Ende der 70er-Jahre versuchte er zunächst, zwischen dem Regime und der damals noch kleinen Rebellengruppe der „Sandinistenfront“ (FSLN) zu vermitteln. Nach der sandinistischen Revolution stand der Erzbischof der neuen Regierung zunächst aufgeschlossen gegenüber, auch weil vier katholische Priester Ministerämter bekleideten, darunter die Brüder Ernesto und Fernando Cardenal. Durch die Propagierung des Sozialismus unter Ortega gerieten die Sandinisten jedoch in Frontstellung zu Obando. Weil dieser zugleich Verständnis für die Anliegen der „Contra“-Rebellen zeigte, stand er bald auch im Westen in dem Ruf eines politischen Reaktionärs.

1990 siegte bei den ersten freien Wahlen in Nicaragua die vom Erzbischof unterstützte Parteienkoalition „Uno“ unter Violeta Chamorro. Später dann die neuerliche Annäherung an die Sandinisten. 2007 war Obando Präsident der staatlichen Versöhnungskommission.

Bis 2005 stand Obando y Bravo an der Spitze des Erzbistums Managua und prägte wie kaum ein anderer Kirchenvertreter die gesellschaftspolitische Diskussion in dem mittelamerikanischen Land.

 

Ein „Held des Friedens“?

 

Obandos Aufstieg fiel in die Schlussphase der Somoza-Dynastie, die Nicaragua seit Mitte der 1930er-Jahre ausgebeutet hatte, sowie die Herrschaft der marxistisch orientierten Sandinisten ab 1979. Zwischen 1971 und 2005 war Obando mehrfach Vorsitzender der Nicaraguanischen Bischofskonferenz.

In den vergangenen zehn Jahren mehrten sich dann Versöhnungssignale zwischen dem Kardinal und den wieder erstarkten Sandinisten. So war er 2007 Präsident der staatlichen Versöhnungskommission. 2012 unterstützte Obando den erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf des Sandinisten Ortega.

2013 erhielt er aus der Hand Ortegas für seinen Einsatz für den Frieden den höchsten Orden Nicaraguas im Bereich Kultur und Wissenschaft; 2016 wurde der Kardinal nach einem Beschluss der Nationalversammlung des Landes und auf Betreiben Ortegas offiziell zum „Helden des Friedens“ ernannt.

Seit Ausbruch der Massenproteste vor über einem Monat, denen die Regierung mit aller Härte begegnet, war von Obando nichts zu hören. Ob dies seiner zuletzt schwachen Gesundheit oder seiner politischen Überzeugung geschuldet ist, ist nicht bekannt.

(kna, reuters – ms)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

04. Juni 2018, 11:29