Kardinal Brenes (li) und Bischof Baez (re) in Diriamba: sie hatten sich für die Befreiung von Regierungskritikern eingesetzt Kardinal Brenes (li) und Bischof Baez (re) in Diriamba: sie hatten sich für die Befreiung von Regierungskritikern eingesetzt 

Nicaragua: Angriff auf Nuntius und Bischöfe von Managua

Regierungsnahe Milizen haben die Bischöfe Brenes und Báez von Managua sowie den päpstlichen Nuntius Sommertag angegriffen. Menschenrechtler prangern das Vorgehen der sandinistischen Regierung an.

Geschlagen und bedroht

 

Der Übergriff durch paramilitärische Kräfte habe sich am Montag in der Kirche San Sebastiano in Diriamba ereignet, bestätigte die Bischofskonferenz in einer Erklärung. Kardinal Leopoldo Brenes und Bischof José Silvio Báez, Erzbischof und Weihbischof von Managua, sowie der apostolische Nuntius, Waldemar Stanislaw Sommertag, seien angerempelt und beleidigt worden. Die Paramilitärs verletzten dabei Bischof Báez am Arm und rissen ihm das Brustkreuz vom Hals, twitterte der Geistliche. Er verbreitete dabei auch Fotos, die ihn mit blutverschmierter Kleidung zeigen.

Einem Priester, der die Gruppe begleitete, sei bei dem Übergriff das Mobiltelefon gestohlen worden, heißt es weiter. Zudem attackierte der Mob drei Medienleute und zerstörte ihre Ausrüstung. 

 

Delegation wollte Bevölkerung trösten

 

Nach Kirchenangaben befand sich die Delegation in der Region, um nach neuerlichen Angriffen paramilitärischer Banden den Opfern Beistand zu leisten. Zudem wollten die Bischöfe die Freilassung einer Gruppe von rund zehn Demonstranten erreichen, die in der Basilika Zuflucht gesucht hatten.

„Das ist nichts im Vergleich zu dem, was das Volk durchmachen muss“, kommentierte Weihbischof Báez das Geschehene Medienberichten zufolge. Die Bischofskonferenz verurteilte die physische und verbale Gewalt in einer Erklärung. Die Bischofsdelegation habe „dem leidenden Volk“ beistehen wollen. Der Pastoralbesuch habe das Ziel gehabt, die Menschen zu trösten und habe die Gruppe in eine Gegend geführt, die zum „Opfer von Polizei, Paramilitärs und Zusammenstößen“ geworden sei, „die Tod und Schmerz verursachen“, heißt es darin.

„Die katholische Kirche wird weitergehen, sie hat keine Angst“

In Nicaragua sei niemals eine solche Situation zu beobachten gewesen, schrieb Kardinal Brenes nach den Vorfällen auf seiner Facebook-Seite: „Das ist sehr traurig“, so der Erzbischof von Managua. Weihbischof Baéz bekräftigte zugleich die Entschlossenheit der katholischen Kirche, sich nicht einschüchtern zu lassen und auf dem Weg des Dialoges weiterzugehen: „Die katholische Kirche wird weitergehen, sie hat keine Angst“, so der Kirchenmann. Die Bischofskonferenz von Costa Rica erklärte sich mit ihren Amtsbrüdern in Nicaragua solidarisch und verurteilte die Unterdrückung des Volkes durch die Regierung.

Zuletzt hatte die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Schutzmaßnahmen für Baéz gefordert, der via Twitter kontinuierlich über Menschenrechtsverletzungen der Regierung berichtet. Mit diesem Übergriff haben die schweren Unruhen, die das mittelamerikanische Land seit drei Monaten erschüttern, am Montag eine neue Stufe erreicht. Die lokale Menschenrechtsorganisation ANPDH berichtet, allein bei den Attacken regierungsnaher Gewalttäter am Wochenende seien neun Menschen ums Leben gekommen.

„Ortega führt seine Banden nun gegen jene, die den Opfern beistehen“

Wie die regierungskritische Tageszeitung „La Prensa“ berichtet, verurteilte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) die Attacke: „Nachdem Ortega die Bevölkerung mit Entführungen, Folter und Morden terrorisiert, führt er seine Banden gegen jene, die den Opfern beistehen“, schrieb HRW-Lateinamerika-Direktor Jose Miguel Vicano. Die OAS müsse gegen den Zynismus Ortegas, der zum Dialog aufrufe und die vermittelnden Bischöfe angreife, handeln. Auch Amnesty International verurteilte die jüngsten Gewaltausbrüche scharf. „Die Botschaft, die die nicaraguanischen Behörden aussenden, ist die, dass sie bereit sind, jedwedes Mittel anzuwenden, um die Stimmen zum Schweigen zu bringen, die gegen diese Welle der Unterdrückung demonstrieren“, sagte Erika Guevara Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty.

In den sozialen Netzwerken tauchten am Montag ebenfalls Bilder von einer Gruppe regierungsnaher Schlägerbanden auf, die eine Pfarrei stürmten und die Kirche verwüsteten. „Kirche – Terroristen“, riefen einige der Angreifer. Der regierungsnahe Sender Viva Nicaragua berichtete, Grund für den Angriff sei gewesen, dass Kirchenleute Medikamente aus staatlichen Stellen gestohlen hätten. Der Vorwurf ist schwer zu belegen. 

Seit Wochen gibt es in Nicaragua Massenproteste gegen die sandinistische Regierung Daniel Ortegas. Die Gegner fordern seinen sofortigen Rücktritt und werfen der Regierung systematische Gewalt gegen Demonstranten vor. Die Proteste hatten sich an einer Rentenreform sowie der Unterdrückung der Meinungsfreiheit entzündet. Ortega macht die Protestbewegung für die Gewalt verantwortlich und lehnt einen Rücktritt ab.

Bisher kamen nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehr als 320 Menschen bei den Protesten ums Leben. Die Kirche versuchte im Rahmen eines „Nationalen Dialogs“ zwischen den beiden Lagern zu vermitteln, bisher ohne Erfolg.

(vatican news/kna - pr)

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10. Juli 2018, 09:32